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Frettnapf: Roman

Frettnapf: Roman

Titel: Frettnapf: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murmel Clausen
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Begegnung der unangenehmen Art, stehe auf und reiche Jessi meine Hand, die sie jedoch nicht nimmt. Die Wolken verdichten sich.

Kampfsportmesse
    »Die fit4fight Messe Freiburg fand erst- und letztmals am 31.10.2010 von 15:00 bis 18:00 Uhr auf dem Großparkplatz am EDEKA -Markt statt.«
    Mir war nicht bewusst, dass » das Beste der Welt« derart präsent im eigenen Leben wird, sobald man ein Baby erwartet. Genauer gesagt das beste Baby der Welt, für das von allem nichts Geringeres gut genug ist. Weshalb der beste Papa der Welt der besten Mutter der Welt die teuersten Wünsche der Welt von den schönsten Lippen der Welt abliest. Da er sie aber nicht in der besten Entbindungsklinik der Stadt angemeldet hat, die garantiert auch die beste der Welt ist, befindet er sich nun in der beschissensten Welt der Welt. Und alles nur, weil er nicht in Kenntnis darüber gesetzt wurde, dass man dort schon in der achten Schwangerschaftswoche vorstellig werden muss. Ihm war das immer so vermittelt worden, dass überhaupt erst ab der zwölften Woche offiziell vom Vater- beziehungsweise Mutterglück gesprochen werden darf.
    » Ja, aber das gilt nicht für Ärzte!«
    » Wer meldet denn bitte sein Kind so früh zur Geburt an? Ich dachte immer, dass so was Unglück bringt.«
    » Fang bloß nicht mit Unglück an, Jens. Wir haben uns darauf geeinigt, dass es in unserer Schwangerschaft das Wort Unglück nicht gibt.«
    » Ich meine ja nur…«
    Womit die Diskussion auch schon wieder beendet ist. Für mich zumindest, denn ich bin eh gerade auf dem Weg zum Rechner und kann mir nicht vorstellen, dass Jessi sich noch weiter wegen einer solchen Lappalie streiten möchte.
    » Wenn du dich jetzt vor deinen Computer hockst, drehe ich durch«, schreit sie mir hinterher. Das mit dem Ende der Diskussion sieht sie wohl anders als ich.
    » Ich bring nur meinen Teller weg und hol Wasser. Willst du irgendwas? Tee oder so?«
    Schweigen. Ich klimpere mit etwas Geschirr in der Küche, weil ich gar keinen Teller hatte, gehe an den Kühlschrank, nehme einen Schluck Milch aus der Packung und mache mich dann auf den Weg zurück in die Ungemütlichkeit der verbalen Auseinandersetzung. Als ich das Wohnzimmer betrete, weint Jessi, und ich fühle mich schlagartig wie ein Schwein, ein Schuldreflex, der mir garantiert in meiner frühen Kindheit antrainiert worden ist– und an dieser Stelle möchte ich dann gerne meine Mutter und meinen Vater grüßen.
    Jessi heult eigentlich nie, und wenn, dann nicht vor mir. Ich werde angeschwiegen oder laut beschimpft, wobei es mir relativ gleichgültig ist, für welche der beiden Streitvarianten sie sich entscheidet, ich leide so oder so wie ein Hund. Ich brauche Harmonie wie andere Schokolade, dafür bin ich auch bereit, sehr viel einzustecken. Jessi darf mich beschimpfen und zurechtweisen– solange sie danach wieder glücklich und zufrieden ist, stecke ich das weg. Ich verdränge es wie alles, was irgendwie meine Grundharmonie in einem beliebigen Lebensbereich stören könnte. Steuern, zum Beispiel. Oder Schulden. Und aktuell natürlich die Jobsache.
    » Mann, Jessi«, versuche ich ein vernünftiges Gespräch zu beginnen, » das ist doch nicht so gemeint.«
    » Mann mich nicht an!«
    » Entschuldige. Ich finde es nur krass, dass diese ganzen Supereltern schon ihre Geburtstermine buchen, wenn andere noch mit ein bisschen Restrealismus die kritische Phase der Schwangerschaft abwarten.«
    » Das Problem sind nicht die anderen Eltern, sondern du. Und kritisch ist bei uns schon lange nichts mehr, höchstens deine Einstellung.«
    Eigentlich hatten wir uns auf Jessis Initiative hin im Stillen darauf geeinigt, dass alle anderen werdenden Eltern Idioten sind. Vornehmlich die Frauen, klar, denn die beginnen sich größtenteils schon während der Schwangerschaft über die Existenz ihres noch ungeborenen Babys neu zu definieren. Wir hatten vereinbart, dass ein Umdenken, eine Neuorientierung und -ausrichtung der eigenen Lebenshaltung und -philosophie sicherlich angebracht und nicht verwerflich sind. Nur das komplette Hohldrehen verurteilen wir, beziehungsweise haben wir verurteilt, denn meine Verlobte macht nun schon seit einigen Wochen Anstalten, selbst in die Rolle der leicht gestörten Übermutter zu fallen. Im sechsten Monat kann ich das allerdings als hormonbedingte Bewusstseinsveränderung verzeihen.
    » Außerdem waren wir uns doch sicher, dass wir in die Taxisstraße gehen, und da hat die Frau am Telefon gesagt, dass es reicht, sich

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