Freu dich des Lebens
verlangt wie das Gefühl, bedeutend zu sein, und William James bestätigte: »Das Verlangen nach Anerkennung ist zutiefst im menschlichen Wesen verwurzelt.« Ich habe auch bereits darauf hingewiesen, dass dieses Verlangen uns vom Tier unterscheidet und dass darauf überhaupt unsere ganze Zivilisation beruht.
Philosophen haben sich während Tausenden von Jahren die Köpfe darüber zerbrochen, nach welchen Prinzipien sich die Beziehungen von Mensch zu Mensch am glücklichsten gestalten lassen, und alle ihre Überlegungen gipfelten in einer einzigen, allgemeingültigen Lehre.
Sie ist nicht neu. Sie ist sogar so alt wie die Menschheit selbst. Zarathustra brachte sie schon vor fast drei Jahrtausenden seinen persischen Feueranbetern bei. Konfuzius verkündete sie vor zweieinhalbtausend Jahren in China.
Laotse, der Begründer des Taoismus, lehrte sie seine Schüler im Tal des Han. Buddha predigte sie fünfhundert Jahre vor Christi Geburt am Ufer des Ganges. Die heiligen Bücher der Hindus enthielten sie schon tausend Jahre früher. Jesus schließlich lehrte sie in den steinigen Hügeln von Judäa vor mehr als neunzehnhundert Jahren. Er war es, der sie in einem einzigen Satz zusammenfasste - dem vielleicht wichtigsten Satz aller Zeiten: »Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen.«
Sie möchten, dass Ihnen die Menschen, mit denen Sie zu tun haben, Anerkennung zollen. Sie möchten, dass man Ihrem Wort vertraut. Sie möchten das Gefühl haben, in Ihrer kleinen Welt eine bedeutende Rolle zu spielen. Sie begehren keine billige und falsche Schmeichelei, sondern Sie sehnen sich nach aufrichtigem Lob. Sie möchten, dass Ihre Freunde und Mitarbeiter tun, was Charles Schwab uns gelehrt hat: »Aufrichtig anerkennen und großzügig loben.« Das gleiche möchten wir alle auch.
Befolgen wir also die goldene Regel und handeln wir so an den anderen, wie wir möchten, dass sie an uns handeln.
Wann? Wo? Die Antwort lautet: jederzeit und überall.
David Smith aus Wisconsin erzählte vor einer Klasse, was für eine heikle Situation er zu meistern hatte, als er einmal gebeten wurde, an einem Wohltätigkeitskonzert den Ausschank von Erfrischungen zu beaufsichtigen:
»Als ich am Abend des Konzerts in den Park kam, standen bereits zwei ältere Damen in sichtlich schlechter Laune neben dem Erfrischungsstand. Anscheinend war jede davon überzeugt, dass sie dafür verantwortlich sei.
Während ich überlegte, was ich nun tun sollte, erschien ein Mitglied der Organisation, drückte mir eine Kassette mit Geld in die Hand und dankte mir, dass ich bereit war, mich um den Verkauf der Erfrischungen zu kümmern. Dann stellte sie mir die beiden Damen als meine Helferinnen vor und rannte davon.
Es folgte eine große Stille. Da ich spürte, dass die Geldkassette ein (gewisses) Symbol von Autorität bedeutete, überreichte ich sie der einen Helferin mit der Erklärung, ich sei nicht so sicher, ob ich mich im Gedränge nicht vielleicht verrechnen würde, und es wäre mir lieber, wenn sie sich darum kümmerte. Anschließend bat ich die andere, den beiden jungen Leuten, die ebenfalls zur Mitarbeit aufgeboten waren, die Getränkemaschine zu erklären und dafür zu sorgen, dass dort nichts verkehrt lief.
Es wurde ein glanzvoller Abend. Die eine Helferin zählte glücklich ihr Geld, die andere überwachte die beiden Jungen, und ich genoss das Konzert.«
Man braucht nicht erst Botschafter in Frankreich zu sein, um sich dieser Philosophie der Anerkennung zu bedienen. Man kann damit beinahe jeden Tag Wunder vollbringen.
Wenn uns beispielsweise der Kellner Kartoffelbrei statt der bestellten Pommes frites serviert, sagen wir:
»Es tut mir leid, Sie zu bemühen, aber ich ziehe Pommes frites vor.« Er wird sich entschuldigen und uns unverzüglich das Gewünschte bringen, denn wir haben ihn mit Respekt behandelt.
Kleine Sätze wie »Es tut mir leid, Sie zu bemühen«, »Würden Sie so freundlich sein«, »Darf ich Sie bitten«, »Hätten Sie etwas dagegen«, »Vielen Dank« - solche kleinen Höflichkeiten sind Öl im Getriebe der täglichen Arbeitsmühle - und außerdem das Zeichen einer guten Kinderstube.
Ein anderes Beispiel. Haben Sie je einen von Hall Caines Romanen gelesen? Unzählige Millionen von Menschen lasen diese Bücher, die in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts Bestseller waren. Ihr Verfasser war der Sohn eines Hufschmieds. Er ist in seinem ganzen Leben nicht länger als acht Jahre zur Schule gegangen, doch als
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