Freude am Durchblick
ermöglicht, auch in unerfreulichen Situationen das innere Gleichgewicht zu erhalten.
Unsere Filter: Wie Beobachter und Beobachtung zusammenhängen
Als der Berliner Arzt Dr. Wolfgang Schultz-Zehden bekannt gab, dass nach seiner Einschätzung über 40 % aller Sehprobleme auf Erfahrung gründen, rüttelte dies viele Kollegen wach. Heute wissen wir, dass der Anteil sogar weitaus höher liegt.
Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist – wir sehen die Welt, wie WIR sind.
Der Grund dafür sind unsere Filter. Die Augentherapeutin Janet Goodrich bekundete in dem Zusammenhang: »Wenn ich kleine Kinder mit Brille sehe, weiß ich, dass es Dinge in der Familie gibt, die sie nicht sehen wollen. Wenn sie das Erlebte nicht ändern können, werden sie ihre Sehschärfe undeutlich einstellen, damit sie es nicht sehen müssen.«
Durch den selektiven Gebrauch unserer Sinne und die Verarbeitung des Wahrgenommenen in Form von inneren Dialogen, Bildern, Gedanken und Gefühlen schaffen wir uns unsere individuelle Realität, die durch unsere Wahrnehmungsfilter gestaltet wird. Was wir wahrnehmen, ist ein Auswahl-Prozess, bei dem einzelne Aspekte der Realität erkannt, andere ausgeblendet, geändert oder verallgemeinert werden. Die Filter unserer Wahrnehmung bestätigen nur immer wieder das Modell der Welt, in der wir leben. Das bedeutet, dass wir unsere Wahrnehmung und damit unsere Wirklichkeit in jedem Augenblick selbst konstruieren.
In der Neurolinguistik unterscheidet man zwischen neurologischen, sozialen und individuellen Filtern.
» Neurologische Filter: Die neurologischen Filter beschreiben die Filter, denen wir aufgrund der Beschränkungen unseres Nervensystems unterliegen. Die Beschaffenheit der neurologischen Filter ist unterschiedlich. Ein Mensch, der eine Sehtherapie gemacht hat und in der Wahrnehmung geübt ist, unterliegt weniger Beschränkungen seines Nervensystems als ein Ungeübter.
» Soziale Filter: Soziale Filter sind geprägt durch Sprache, Gesellschaft, Sozialstruktur, Kultur, Rituale und Bräuche. Wir teilen sie mit den Angehörigen einer sozialen Gruppe, unserer Nation, unserer Zeitqualität.
» Individuelle Filter: Unsere individuellen Filter beziehen sich insbesondere auf unsere Werte, Überzeugungen, Erinnerungen und Erwartungen. Diese Filter gelten nur für den Einzelnen und sind im Rahmen von Therapie veränderbar. So bestimmen die individuellen Filter, was psychisch getilgt, verzerrt oder generalisiert wird, um es der innerlich vorherrschenden Struktur der Realität anzupassen.
Bei allen drei Filtersystemen wirken die Prozesse der Tilgung (Verdrängung), Generalisierung (Verallgemeinerung) und Verzerrung (Projektion). Auf diese Weise versucht unser Nervensystem, die gewaltige Menge der Sinneseindrücke und damit die Welt zu organisieren, einzuordnen und an unser vorhandenes Weltmodell anzupassen.
» Tilgung: Bestimmte Reize erreichen das Bewusstsein nicht, weil wir sie nicht wahrnehmen können oder wollen (Verdrängung). Ein Beispiel: Ultrakurzwellen nehmen wir nicht wahr. Jede Konzentration unseres Sehens auf etwas Bestimmtes bedeutet, andere Wahrnehmungen auszuschließen. Im Rahmen der Sehtherapie entdeckt der Klient oftmals getilgte oder blockierte Erfahrungsanteile wieder und gewinnt dadurch fehlende Informationen für eine bessere Lebenslösung – und ein besseres Sehen. Sprachliche Tilgungen liegen immer dann vor, wenn der Zuhörer sich zu dem vom Sprecher Ausgedrückten mehr vorstellen kann, als dieser ausgedrückt hat. Wenn der Klient sagt: »Ich sehe nichts«, können wir ihn fragen: »Was siehst du nicht?«
» Generalisierung: Ein Sinnesreiz ist so stark, dass er alles andere überdeckt. Beispiele: Ein starker Schmerz überdeckt alles andere. Frisch Verliebte sehen: »Die Welt ist wundervoll!« Generalisierungen enthalten All-Aussagen, also Aussagen über alle Elemente eines bestimmten Gegenstandsbereichs, zum Beispiel: »Immer kommst du zu spät!«, »Nie kannst du das richtig machen!«, »Wie jedermann weiß ...«. Weitere Generalisierungen sind »überall«, »niemals«, »nirgends«, »niemand«, »keiner« usw. In der Sehtherapie achte ich auf Generalisierungen. Sie weisen oftmals darauf hin, dass der Klient nicht bereit ist, die Welt mit ständig neuen Augen zu sehen, sondern dass sein Hinschauen wie die Wahrnehmung der Umwelt erstarrt ist.
» Verzerrung: Zu den Verzerrungen gehören Unterstellungen, vermeintliches Gedankenlesen und das selbst konstruierte Verknüpfen von Ursache und
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