Freude am Durchblick
Wirkung. Zum Beispiel: »Peter macht mich wütend!« Die eingehenden Informationen werden verzerrt aufgenommen und wiedergegeben. In der Sehtherapie komme ich Verzerrungen u.a. dadurch auf die Spur, dass ich mit dem (rechten) Vater- und dem (linken) Mutterauge separat arbeite und dadurch bisher unbekannte Verzerrungen sich als solche zu erkennen geben können. Diese Verzerrungen zeigen sich auf der Cornea (Hornhaut) als Zerrbild oder durch überspannte Muskeln der Augen.
Im Rahmen meiner Sehtherapie versuche ich den gedanklichen Filtern meiner Klienten auf die Spur zu kommen. Indem meine Klienten ihr Denken verändern, verändert sich auch ihre Sehfähigkeit. Sie sehen die Welt mit neuen Augen.
Eine kleine Psychologie des Durchblicks – vom Wegschauen zum Hinsehen
Durchblick bedeutet, das Licht, das uns berührt,
unverfälscht in uns hineinzulassen, die Dinge so zu sehen,
wie sie wirklich sind.
KJB
Wer Durchblick hat im Leben, der hat es leichter und schöner: Er durchschaut spielerisch leicht Situationen und kann die Schönheit und die Farbenpracht des Lebens aus vollem Herzen genießen. Für viele Menschen sieht die Realität jedoch anders, nämlich unklar und verschwommen aus. In Deutschland sind heute insgesamt 64 % der Bevölkerung ab 16 Jahre Brillenträger. In absoluten Zahlen sind dies 40,4 Millionen Brillenträger. Hinzu kommen rund 3,2 Millionen Kontaktlinsenträger, die Kontaktlinsen entweder ausschließlich oder im Wechsel mit einer Brille tragen. 2
Keinen Durchblick zu haben bedeutet, im Nebel zu tappen. Dieser Nebel vor den Augen kann sich auch temporär zeigen. Vielleicht kennen Sie dies: Sie stehen vor einer schwierigen Aufgabe und plötzlich spüren Sie eine tiefe Ohnmacht. Ein Nebel oder eine Wand schiebt sich zwischen Sie und die Außenwelt.
Der Nebel vor Ihren Augen, ob dauerhaft als Sehschwäche oder ob plötzlich auftauchend, ist eine unfreiwillige »Dissoziation«, die Ihr Unterbewusstsein vollzieht, um Sie vor unangenehmen Gefühlen, Erinnerungen und Erfahrungen zu bewahren. Auf der anderen Seite: Solange wir nicht richtig sehen können, sei es wegen Winkelfehlsichtigkeit, Schielen, einer Augenerkrankung oder Sonstigem, fühlen wir uns nicht am rechten Platz. Wir können mit dem, was um uns herum geschieht, nur bedingt etwas anfangen. So wird das, was uns schützen soll, uns auch gleichzeitig zur Lebensblockade – bis wir es auflösen.
Der Psychologe Stephen Wolinsky dokumentiert in seinem Werk Die alltägliche Trance , dass ein plötzlich auftretender Nebel – in einer Therapiesitzung oder im Alltag – auf ein nicht verarbeitetes Kindheitsthema hinweisen kann: »Viele Trancen gehen mit einer Altersregression einher – man verhält sich wie ein kleines Kind, obwohl man schon längst erwachsen ist.«
■ ÜBUNG
Wann immer ein Nebel sich vor Ihr Bewusstsein schiebt, sollten Sie tief atmen und dabei möglichst den Augenkontakt zu etwas halten, das hinter dem Nebel verborgen ist. Wenn es Ihnen gelingt, die Übung durchzuhalten, taucht ziemlich schnell eine unliebsame Emotion auf, welche Sie bisher nicht wahrhaben und deshalb nicht fühlen wollten. Atmen Sie weiter und fragen Sie sich:
» Welche Emotion will ich nicht fühlen?
» Was verdränge ich durch den Nebel?
» Wie verändert sich die Selbstwahrnehmung, wenn ich durch den Nebel atme?
Erlauben Sie, dass verborgene Emotionen, Erkenntnisse, Bilder, Erinnerungen hochsteigen und sich entfalten, ohne diesen Prozess voranzutreiben oder zu unterdrücken. Bleiben Sie dabei so lange in Kontakt mit Ihrem Atem, bis der ganze Nebel verschwunden ist. Sobald Sie bereit sind, die bisher eingekapselte Emotion bewusst zu fühlen und ihr mit Mitgefühl zu begegnen, klärt sich auch Ihre Sicht. ■
In der Sehtherapie zeigt ein sich einstellender Nebel, dass der Klient gerade dabei ist, ein schädliches Muster auftauchen zu lassen. So wie innerer Widerstand uns vor der Unsicherheit schützt, so ist es die Aufgabe des Nebels, uns vor Bedrohlichem, scheinbar Negativem zu schützen, bis wir den Mut und die Fertigkeiten haben, damit umzugehen. In so einer Situation ermuntere ich meine Klienten liebevoll, über ihre bisherigen Einschränkungen hinauszugehen.
Je weniger Nebel wir vor unseren Augen haben, je größer unser Mut zur Klarheit ist, umso mehr sind wir auch bereit, familiäre Verstrickungen zu lösen. Unsere Perspektive hatte sich oftmals verzerrt, weil wir bei unseren Eltern durchblicken wollten, ohne uns selbst
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