Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
Unschuld glauben?
Er schraubte den Verschluss der zweiten Schnapsflasche auf, nahm einen kräftigen Schluck und jetzt meldete sich auch seine böse Angst wieder.
Jetzt musst du also wieder ins Gefängnis. Diesmal aber lebenslänglich, denn du bist ja der Mörder dieses Mädchens. Du hast ein Motiv, denn sie ist die Tochter von Wagner, der dich schon einmal in den Knast gebracht hat. Das sieht nicht gut für dich aus, gar nicht gut. Bald werden sie dich holen und dann ist es vorbei mit der großen Freiheit, dann wirst du verrotten.
Phil nahm einen großen Schluck Schnaps und wickelte sich wieder einen bunten Fetzen um den Kopf, denn der Eisregen war hier oben auf dem Flachdach fast nicht auszuhalten.
Aber du bist doch unschuldig, flüsterte jetzt sein anderes Ich und Phil nickte zustimmend und begann unkontrolliert zu schluchzen.
„Du hast ja so Recht, du hast ja so Recht! Ich kann niemand etwas tun und ich bin unschuldig und muss nicht ins Gefängnis! Bitte, bitte, nicht ins Gefängnis!“, krächzte er, wischte sich den Rotz aus dem Gesicht und taumelte die Brüstung entlang zur Vorderfront. Als er nach unten stierte, fielen ihm gleich die zwei Typen auf, die energisch durch den Eisregen über den Parkplatz schritten, zunächst vor dem verrammelten Haupteingang stehen blieben, um dann zielgerichtet das Gebäude zu umrunden und auf den vermüllten Parkplatz an der Rückseite zusteuerten. Kein Zweifel, die beiden wollten zu ihm, um ihn zu verhaften und ins Gefängnis zu stecken.
*
„Was machen wir jetzt?“, fragte Gruber, als sie versucht hatten, unauffällig die mit Brettern verrammelte Tür des Haupteingangs zu öffnen.
„Wenn er hier in dem Gebäude ist, dann muss es noch einen anderen Eingang geben“, sagte Braun und tastete nach seiner Waffe. „Der Zeuge hat gesagt, er wohnt in einem Verschlag auf dem Dach. Das heißt, es muss eine direkte Treppe auf das Dach geben, sonst wäre er bei dieser Scheißkälte ja im Gebäude.“
Vorsichtig umrundeten sie den lang gestreckten Betonquader, der an eine überdimensionierte Schuhschachtel mit winzigen Fenstern in jeder Etage erinnerte. Auf dem mit Müll überhäuften hinteren Parkplatz sahen sie sich um. An der Wand lehnten vermoderte Paletten und ausrangierte Einkaufswägen rosteten vor sich hin. Die Abfahrt zur ehemaligen Tiefgarage war mit Bauschutt aufgefüllt, doch dort entdeckten sie eine Feuerleiter, die direkt auf das Dach führte und deren unterster Teil hochgezogen war.
„Sollen wir nicht doch das mobile Einsatzkommando alarmieren?“
„Machst du dir in die Hosen, Gruber?“ Braun taxierte seinen Kollegen mit einem verächtlichen Blick. „Wir werfen doch bloß einen Blick auf das Dach. Wenn unser Mann hier ist, nehmen wir ihn fest, wen nicht, warten wir eben unten auf ihn“, sagte er und sah sich suchend um. Endlich hatte er eine lange Holzlatte gefunden, mit der er versuchte, den hochgefahrenen Teil der Feuerleiter herunterzuziehen, was ihm auch nach einigen vergeblichen Versuchen mit beträchtlichem Lärm gelang.
„Jetzt hat er uns sicher gehört!“ Gruber zog blitzschnell seine Glock und warf sich in Schussposition.
„Spinnst du, Gruber! Was soll dieses Cowboy-Getue! Es ist doch total laut hier von der Autobahn her!“, fauchte Braun. „Du sicherst mich!“, zischte er über die Schulter zurück und begann mit dem Aufstieg. Die Waffe im Anschlag, kam er auf die erste Plattform, dann auf die zweite, und so ging es weiter. Dann trennte die beiden nur noch eine Treppeneinheit vom Flachdach. Braun wartete, bis Gruber ebenfalls die letzte Plattform erreicht hatte. Der Wind peitschte um das Gebäude und der Eisregen schmerzte im Gesicht. Braun beobachtete Gruber, der sich die Kapuze vom Kopf schob und sein Gesicht in den düsteren Himmel hielt. Mehrmals atmete Gruber tief ein und entsicherte seine Glock. Ehe Braun noch etwas unternehmen konnte, sprang Gruber auf die Leiter, die senkrecht in der Wand befestigt war und direkt auf das Flachdach führte.
„Gruber, warte. Ich gehe zuerst!“ Aber Gruber ignorierte Brauns Kommando und ihm blieb nichts anderes übrig, als hinter Gruber die Leiter nach oben zu steigen. Doch dann flatterten plötzlich dutzende von Tauben um sie herum, Gruber war schon oben auf der Brüstung und Braun versuchte die aggressiv auf ihn zuflatternden Vögel mit den Händen zu verscheuchen, gleichzeitig stieg er die eiserne Leiter weiter nach oben. Er hechtete über die Brüstung auf das Flachdach, hörte weiter vorne
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