Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
Goldmann ein wenig. In der Mitte des Gewölbes blieb er stehen, atmete den betörenden Duft ein, der aufstieg und begann schon nach wenigen Augenblicken unkontrolliert zu kichern. Das Zerren und Pochen in seinem kaputten Bein hörte langsam auf und so wie jedes Mal, wenn er in das Gewölbe kam, um nach seinen Lieblingen zu schauen, bereute er es, keine Stereoanlage hier zu haben.
„Wäre natürlich viel zu gefährlich“, tadelte er sich auch sofort grinsend, doch der Duft verströmte seine Wirkung in seinem Kopf und Goldmann wollte nun einfach nicht klar und rationell denken. Um sich abzulenken, rollte er den Faden aus, umwickelte einige besonders zarte Teile damit, spannte den Faden dann immer über zwei Bottiche, um den Inhalt zu stützen und dafür zu sorgen, dass sie nicht leblos in sich zusammensackten und einfach verendeten.
Was hatte ihm Schwester Rosa erzählt, diese Madonna, die immer die Augen so sittsam niederschlug, wenn sie sein Büro betrat? Gregor Pestalozzi wollte eine Aussage bei der Polizei machen? Unglaublich, einfach unglaublich! Goldmann hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. Doch je länger er an Pestalozzi und seinen Schachtick dachte, desto lächerlicher kam ihm alles vor. Er lachte und lachte, bis sein Lachen wie in einer unendlichen Schleife von den glitschigen, vermoderten Steinen des Gewölbes widerhallte und immer hässlicher von den Wänden dröhnte. Goldmann hielt sich die Hände über die Ohren, um nichts mehr zu hören und seine gute Laune war wie weggeblasen. Er drehte sich um die eigene Achse, sah die Wärmelampen und Höhensonnen, die Bottiche, die überall herumstanden und deren Inhalt nur darauf wartete, von ihm begutachtet zu werden.
Was hier stand, ließ sich schwerlich als Experiment abtun oder gar leugnen. Vielleicht sollte er Gregor Pestalozzi einmal hierher mitnehmen, damit sich sein Verstand endlich ausdehnen könnte und dieses Tunneldenken aufhören würde. Könnte das nicht eine bahnbrechende Entwicklung sein? Einen Versuch wäre es sicher wert!
Er hinkte zu einem Bottich, griff hinein, zerrieb das modrige Gewebe zwischen den Fingern und schüttete den noch immer stark riechenden Staub in eine große Tasse. Dann füllte er einen völlig verkalkten Wasserkocher auf, wartete und goss anschließend das kochende Wasser auf den Staub. Jetzt entfaltete sich das Aroma noch intensiver und Goldmann trank gierig einen Schluck, verbrannte sich beinahe die Zunge und musste husten, als er den bitteren Nachgeschmack spürte. Wie zuvor, so kehrte auch jetzt diese neurotische gute Laune zurück und ein Lachanfall schüttelte ihn.
Nach zwei oder drei dieser Lachanfälle hatte Goldmann die ganze Tasse geleert, doch das war eindeutig zu viel gewesen und er musste sich in das große Funktionsspülbecken übergeben, das an die feuchte Wand geschraubt war. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und wie schon zuvor war auch jetzt die merkwürdige Aufgekratztheit wieder schlagartig verschwunden.
Trotzdem wollte er sich noch nicht von seinen Lieben trennen, wollte noch in ihrem Kreis ein wenig die Stille genießen, ihren betörenden Duft einatmen, doch der heftig lossummende Handyalarm für seinen nächsten Termin machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Schweren Herzens verschloss er die luftdichte Tür, dann noch die zweite, räumte das Gerümpel wieder davor und hinkte im Dunkel durch den nie fertig gestellten OP zum Gang. Als er beinahe die Eisentür erreicht hatte, wurde diese plötzlich aufgeschoben und grelles Licht flammte in dem gesamten Abstellraum auf.
„Wer ist da?“, rief Goldmann und schirmte mit der Hand seine Augen ab, damit er nicht so geblendet wurde. „Wer ist hier? Verdammt noch einmal! “
„Ich bin es, Schwester Rosa“, hörte er die übertrieben salbungsvoll klingende Stimme der Schwester. Er entspannte sich ein wenig, war aber trotzdem auf der Hut, denn was hatte sie hier in diesem unbenützten Teil der Klinik zu suchen?
„Was suchen Sie hier?“, fragte er dann auch gleich und hinkte auf sie zu, um sie aus dem Keller zu bekommen, dessen Inhalt nicht für sie bestimmt war.
„Ich suche Sie, Herr Professor.“ Sittsam wie immer schlug Schwester Rosa die Augen nieder.
„Wieso glaubten Sie eigentlich, dass Sie mich hier finden?“, schnaubte Goldmann, dem die Absurdität der Frage zunächst überhaupt nicht auffiel.
„Aber ich habe Sie ja hier gefunden!“ Rosas Antwort war klar und treffend. „Ich habe Sie schon
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