Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
Gruber „Scheiß-Tauben!“ fluchen und plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein Mann in einem völlig verdreckten Kamelhaarmantel vor Gruber auf, mit einer Pistole im Anschlag, mit der er direkt auf ihn zielte. Braun entsicherte seine Glock, sprang seitlich zwischen zwei mit modrigen Tüchern umwickelte Käfige, doch in diesem Augenblick krachten in schneller Folge zwei Schüsse, Gruber und der Mann sanken beinahe gleichzeitig in die Knie, dann war Stille, nur die Tauben gurrten leise, als wäre nichts geschehen.
*
„Das ist ja eine ziemliche Sauerei hier oben! Wie soll man da seine Arbeit perfekt machen!“, maulte der Chef der Spurensicherung, als er sich in seinem im eisigen Wind raschelnden weißen Overall auf dem Flachdach umsah. Überall auf den Waschbetonplatten, der Brüstung und auf den Wänden des Holzverschlags vermischte sich Vogelscheiße mit Blut. Wahrlich keine leichte Aufgabe für die Spurensicherung. Vereinzelt waren schon Kärtchen aufgestellt worden, um den Tathergang auch aus der Sicht der Spurensicherung zu rekonstruieren und etwaige Aussagen zu untermauern oder in Zweifel zu ziehen. Die Waffe war bereits eingetütet und es bestand kein Zweifel daran, dass es sich um die Tatwaffe handelte.
Auch Paul Adrian, der Gerichtsmediziner, hatte den ersten Teil seiner Arbeit schon erledigt und die Leiche lag jetzt in einem mausgrauen Plastiksack beim Abgang in das Gebäude. Paul Adrian riskierte einen Blick über die Brüstung nach unten, trotz des dichten Nebels konnte er sehen, dass sich in der gesamten Industriezeile ein elendslanger Stau gebildet hatte und eine riesige Menschenmenge den ansonsten leeren Platz vor dem Logistik-Betonklotz füllte.
„Das finden Sie alle geil, weil es hier eine Schießerei gegeben hat“, sagte er zu einem Kollegen und deutete nach unten.
„Ja, sind alle interessiert an Leichen“, murmelte der Kollege und fotografierte ein Stück graue Hirnmasse, die sich in einer Drahtschlinge des Taubenverschlags verfangen hatte, ehe er sie mit der Pinzette herunterfischte und eintütete.
„Ich habe geglaubt, er will mich erschießen!“, hörte er Gruber den beiden Männern von der Internen zu Protokoll geben. „Ich habe noch einen Warnschuss abgegeben, doch der Kerl schießt sich direkt vor meinen Augen eine Kugel durch den Kopf! Hält sich die Waffe an den Hinterkopf und sein Schädel fliegt mir um die Ohren!“
„Hätten Sie diesen so genannten Selbstmord nicht verhindern können?“ Paul Adrian kannte den Fragesteller, ein ganz scharfer Typ, der es auf die Fehler der Polizisten abgesehen hatte.
„Wie denn! Überall flatterten diese widerlichen Tauben ganz hektisch herum, ich konnte ja überhaupt nichts sehen und stand dann plötzlich vor dem Verdächtigen und starrte in den Lauf seiner Pistole. Das war schon ein ziemlicher Schock und dann hebt der Kerl die Waffe und pustet sich das Hirn weg! Ich hatte keine Chance auch nur irgendwie einzugreifen, um den Mann zu retten!“
„Ich bin dann mal weg, Kollegen“, unterbrach Adrian jetzt die Befragung und die beiden Männer von der Internen nickten, während Gruber teilnahmslos ins Leere starrte. Auf der Suche nach Braun sah sich Adrian auf dem Flachdach um, entdeckte ihn dann hinten bei den Käfigen, wo Braun die eingetütete Pistole von Philip Sommer nachdenklich betrachtete.
„Na Braun, schon eine heiße Spur, was die Waffe angeht?“, fragte Adrian und klopfte Braun auf die Schulter.
„Eine Beretta 92“, flüsterte Tony Braun und schaute Adrian in die Augen. Sein Gesicht war aschfahl, als er auf die eingravierte Nummer auf dem Lauf deutete. „Ich habe eine Beretta 92 mit dieser Seriennummer zu Hause in meinem Safe liegen.“
*
„Wie konnte das passieren, Chefinspektor! Ein Verdächtiger bringt sich bei der Festnahme um. Wissen Sie auch, was das für Schlagzeilen gibt!“ Oberstaatsanwalt Ritter ging mit großen Schritten wie ein Schauspieler auf der Bühne auf und ab. „Schon bei dem Pestalozzi-Fall haben Sie für peinliche Schlagzeilen gesorgt. Und jetzt schon wieder. Nur Pannen, wohin man blickt! Können wir diesen Philip Sommer wenigstens als unseren Mörder präsentieren?“ Ritter schob die Hände in seine Hosentaschen und starrte Braun wütend an, der mit versteinerter Miene vor der Bühne in der schwarzen Halle stand und zu Ritter hinaufsah.
„Wir werten noch alle Spuren aus, aber er hat unzweifelhaft den Koffer in die Halle gestellt.“
„Was heißt das?“, blaffte Ritter, dem sein
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