Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
und erst jetzt zu realisieren schien, was mit ihr geschah.
„Das hast du jetzt davon, mein Freund!“, geiferte Klein. „Wer meinen Befehlen nicht gehorcht, wird bestraft! Das hat mein Vater immer zu mir gesagt und mich in den Taubenkäfig gesperrt, wenn die jungen Mädchen geschrien haben.“
Er nickte heftig mit dem Kopf und zog der wimmernden Marusha den Schraubenzieher wieder aus dem Bein. Blut floss aus der Wunde und das Mädchen stöhnte.
„Soll ich noch einmal zustechen?“ Klein hielt den blutverschmierten Schraubenzieher wie eine Trophäe und Marusha kreischte vor Angst laut auf.
„Aufhören! Hier ist meine Waffe!“ Braun bückte sich und schob die Pistole über das Rondell zu Klein. Doch dieser schien das überhaupt nicht zu registrieren, sondern starrte einfach an Braun vorbei in das Gewölbe.
„Kannst du dir vorstellen, wie schwer es war, alle diese Mädchen zu erlösen? Weißt du, was das für eine Anstrengung ist, so ganz alleine, ohne Freund?“ Er schüttelte heftig den Kopf. „Nein, das weißt du natürlich nicht!“ Erst jetzt bemerkte er die Pistole vor sich auf dem Boden und schob sie mit seinem Fuß vor das Brett, an das Marusha gefesselt war.
„Als ich bei der Pressekonferenz deine Botschaften hörte, habe ich gewusst, dass du der Freund bist, der mir bei meinem Werk hilft. Der mir dabei behilflich ist, diese Mädchen zu erlösen. Diese Polizistennutten-Tochter war mein erstes Geschenk an dich. Ich habe auch ihre DVD und ihr Notizbuch an die Journalistin geschickt, damit endlich mein Vater seine gerechte Strafe erhält. Denn wir haben beide dieselbe Aufgabe. Die Welt von dem Bösen zu befreien. Ich rette diese Mädchen und erlöse sie. Du fängst Mörder und erlöst sie durch das Gefängnis von ihrer Schuld. Wir sind wahre Freunde.“
Langsam ließ Klein die Armbrust sinken, holte tief Luft und schrie zu Braun: „Mein Vater hat es gerne, wenn die jungen Mädchen schreien, während er sie vergewaltigt! Das war schon immer so, je lauter sie schrien, desto mehr hat es ihn erregt! Immer noch habe ich ihre Schreie im Ohr, höre die fürchterlichen Schreie der Mädchen, von denen keine älter als fünfzehn Jahre sein durfte. Immer diese Schreie!“ Klein schwenkte die Armbrust und brüllte: „Schreie, Schreie, Schreie!“, dann horchte er auf das gebrochene Echo, schüttelte seinen Kopf, als würde er dadurch die Schreie aus seinem Gedächtnis schütteln.
„Das ist jetzt zwanzig Jahre her und doch erscheint es mir, als sei es erst gestern gewesen. Vor zwanzig Jahren hat mich mein Vater in einen Taubenkäfig gesperrt, wenn die jungen Mädchen vor Schmerzen geschrien haben. Heute müssen sie nicht mehr schreien, wenn er sie zu mir bringt. Heute bin ich stark und kann sie retten und erlösen!“
Beim Gewölbeausgang waren jetzt Geräusche zu hören, Wortfetzen wehten zu ihnen auf das Rondell, der Strahl starker Scheinwerfer glitt über die Mädchen, machte ihre zerplatzten Träume für Sekundenbruchteile wieder lebendig. Durch das gleißende Licht wurde Klein aus seiner Trance gerissen, er kniff die Augen zusammen, drehte sich mitsamt seiner Armbrust zum Gewölbeeingang und sah seine Mädchen in dem grellen Schein.
„Meine Mädchen, wie schön ihr doch seid“, stammelte er verzückt und ließ seinen Arm mit der Armbrust schwer nach unten sinken.
Braun griff schnell in die Brusttasche seiner Jacke, zog das Bild mit der Schwarzen Madonna von Kiew so weit heraus, dass Marusha es erkennen konnte. Ihr zerschlagenes Gesicht glühte förmlich und Braun fing ihren Blick auf. Beinahe unmerklich blinzelte sie mit den Lidern und Braun verstand sofort. Er sah, wie sie ihr unverletztes Beins anspannte und mit der Fußspitze versuchte, die Pistole, die vor ihr am Boden lag, in seine Richtung zu kicken.
Das Geräusch der über den glatten Felsboden schlitternden Pistole ließ Klein herumwirbeln. Mit seiner Armbrust zielte er direkt auf Braun und schoss. Braun sah Kleins wutverzerrtes Gesicht, sah den gekrümmten Zeigefinger, sah den Pfeil mit einem surrenden Geräusch aus der Führungsrinne schnellen, sah die glänzende, Tod bringende Spitze auf sich zurasen und reagierte instinktiv.
Er ging in die Knie und sprang nach vorne auf seine Pistole zu. Der Armbrustpfeil streifte ihn nur mehr an seiner Schulter, dann krachte er auf den Boden. Er ergriff seine Pistole, rollte sich herum und sah, dass Klein schon einen neuen Pfeil eingelegt hatte und die Armbrust hektisch spannte. Ohne auch nur einmal
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