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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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protestierte Reese matt. «Die Hitze macht mir ein bisschen zu schaffen, das ist alles.»
    «Ihr habt Fieber und Schweißausbrüche», erwiderte Adelina. «Damit ist nicht zu spaßen. Möglicherweise hat sich Euer Fuß noch schlimmer entzündet. Ich möchte, dass Ihr Euch von Ludowig helfen lasst. Geht zu Meister Jupp und lasst Euch untersuchen.»
    «Ich brauche keinen Knochenflicker!»
    Adelina lächelte milde. «Meister Jupp ist ein fähiger Mann. Mein Gemahl ist auf Patientenbesuch noch eine Weile unterwegs. Natürlich könnt Ihr auch warten, bis er wieder hier ist …»
    «Das geht nicht. Ich werde im Rathaus erwartet.»
    «Seht Ihr, dann ist Meister Jupp wohl die beste Lösung.» Adelina wandte sich an ihren Knecht, der gerade durch die Hintertür hereinkam. «Ludowig, hilf dem Gewaltrichter Reese, hinüber zu Meister Jupp zu gehen.»
    «Ich kann schon alleine aufstehen.» Ungehalten wimmelte Reese Ludowigs ausgestreckte Hand ab. «So ein Aufhebens wegen ein bisschen Gicht.»
    Mit gewittriger Miene und leise Verwünschungen murmelnd, humpelte Reese zur Tür hinaus, dicht gefolgt von dem Knecht, der ebenfalls leicht schwankend ging, da sein rechtes Bein etwas kürzer war als das linke.

4
    «Schön , schön.» Die alte Ludmilla schnalzte zufrieden und bedeutete Adelina mit einem Handzeichen, dass sie sich wieder anziehen sollte. «Das Kindchen ist schon hübsch gewachsen. Der Größe nach müsste es ein Junge werden. Aber du trägst es ziemlich tief diesmal. Das deutet wiederum eher auf ein Mädchen hin.»
    Während Adelina ihr Kleid zuschnürte, kramte die Hebamme in ihrem großen Korb herum. Sie war eine hochgewachsene schlanke Frau, der man die Jahre hauptsächlich an ihrem grauen, mit schlohweißen Strähnen durchzogenen Haar ansah. Ihre Haltung war aufrecht, ihr Gang kraftvoll und ihre Stimme tief und etwas rau. Inzwischen sammelten sich auch immer mehr Falten um ihre Augen und den Mund, dennoch hatte man nicht den Eindruck, es mit einem alten Weiblein zu tun zu haben. Vor einigen Jahren hatte man Ludmilla wegen Mordverdachts ins Gefängnis gesteckt und gefoltert. Nachdem ihre Unschuld erwiesen worden war, hatte Adelina sich ihrer angenommen und sie gepflegt. Es schien, als sei Ludmilla seit dieser Zeit noch einmal aufgeblüht.
    Adelina kannte die weise Frau schon sehr lange. Ludmilla hatte seinerzeit bei Vitus’ Geburt geholfen und versucht, die Mutter zu retten. Leider war es ihr nicht geglückt, doch Adelina hatte dennoch größtes Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Hebamme, sodass sie sich Jahre später in höchster Not vertrauensvoll an sie gewandt hatte. Seither verband die beiden Frauen eine Freundschaft, weshalb Adelina nicht geruht hatte, bis der Mordverdacht gegen Ludmilla ausgeräumt gewesen war.
    Selbstverständlich war Ludmilla bei Colins Geburt zugegen gewesen, und auch Adelinas zweites Kind würde mit ihrer Hilfe geboren werden.
    «Hier, für den Fall, dass du vorzeitige Wehen bekommen solltest, kannst du dir daraus einen Trank mischen.» Ludmilla hielt Adelina ein mit einer Schnur zusammengebundenes Sträußchen Kräuter hin.
    «Vorzeitige Wehen?» Erschrocken blickte Adelina sie an. «Was meinst du damit?»
    Beruhigend legte die Alte ihr eine Hand auf den Arm. «Eine reine Vorsichtsmaßnahme, keine Sorge. Wenn ein Kind im Mutterleib so schnell wächst wie das deine, sollte man achtgeben. Ich konnte zwar nur einen Körper ertasten, aber es besteht immerhin die Möglichkeit, dass es Zwillinge werden. Die kommen häufig etwas zu früh zur Welt.»
    «Zwillinge? Lieber Himmel.» Adelina starrte sie entgeistert an. «Damit hatte ich nicht gerechnet.»
    «Wie auch?» Ludmilla stieß ein keckerndes Lachen aus. «Gott gibt, wie es ihm gefällt. Aber wie schon gesagt, es ist nicht sicher. Vielleicht trägst du nur einen kleinen Nimmersatt unter dem Herzen.» Erneut kramte Ludmilla in ihrem Korb und zog dann einen kleinen Leinenbeutel hervor. «Dies hier habe ich für Franziska mitgebracht. Du weißt schon, die Kräutermischung, mit deren Hilfe man …» Sie schwieg einen Moment lang bedeutsam. «… der Schlafkammer einen angenehmen Duft verleihen kann.» Sie zwinkerte verschwörerisch, und Adelina verstand.
    Ludmilla kannte sich nicht nur mit den üblichen Handgriffen einer Hebamme aus. Sie wusste darüber hinaus auch um viele Kräuter und Mittelchen, mit deren Hilfe man so manches Frauenleiden lindern konnte. Außerdem war sie, wie alle Welt wusste, niemand jedoch beweisen konnte, eine

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