Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
Katharina Schusterin.»
    Adelina hob überrascht den Kopf. «Die Frau des Flickschusters, der am Filzengraben seine Werkstatt hat?»
    Greverode nickte grimmig. «Ihr wisst also, von wem ich spreche?», fragte er barsch.
    «Natürlich. Sie war vergangene Woche bei Meister Jupp, weil sie sich bei einem Sturz verletzt hatte, und da …»
    «Sie ist schwanger.»
    Adelina verzog die Lippen zu einem schmalen Strich. «Das war unübersehbar, ja.»
    «Sie ist seit gestern verschwunden.»
    «Verschwunden?»
    «Ihr Mann, der Schuster Friedel, behauptet, sie habe Euch Schuhe zurückbringen wollen und sei von diesem Botengang nicht zurückgekehrt.» Abwartend starrte Greverode sie an.
    Zögernd nickte Adelina. «Ich gab ihr eine Kräuterarznei gegen ihre Übelkeit. Durch den Sturz und die Hitze an jenem Tag ging es ihr gar nicht gut. Da sie kein Geld bei sich hatte, einigten wir uns darauf, dass ihr Mann anstelle einer Bezahlung zwei Paar Schuhe für mich reparieren sollte.»
    «Hat sie Euch die Schuhe zurückgebracht?»
    Adelina schüttelte den Kopf. «Ich wusste nicht, dass sie sie mir gestern bringen wollte. Soweit ich weiß, war sie nicht hier.»
    «Dann hat sie sich also auf dem Weg vom Filzengraben hierher in Luft aufgelöst, wie?» Greverode musterte sie stirnrunzelnd.
    Verärgert kräuselte Adelina die Lippen. «Ich weiß nicht, was ihr geschehen ist. Wenn sie wirklich auf dem Weg hierher war, hat sie bestimmt jemand gesehen.»
    Greverode stieß einen höhnischen Laut aus. «Niemand achtet auf das Weib eines Flickschusters.»
    Adelina nickte. «War sie etwa ganz alleine unterwegs?»
    «Sie kann sich wohl kaum viel Gesinde leisten», knurrte der Hauptmann gereizt.
    «Ich kann Euch leider nicht weiterhelfen», sagte Adelina schließlich mit ehrlichem Bedauern. «Frau Katharina war nicht hier, und ich weiß auch nicht, wohin sie verschwunden sein könnte.» Sie kniff die Augen zusammen. «Wie kommt es, dass Soldaten der Stadtwache nach jemandem wie ihr suchen? Ist dafür nicht der Büttel zuständig – wenn überhaupt?»
    Greverodes Kinn zuckte erneut, diesmal hatte Adelina den Eindruck, er wollte ihr zustimmen. Doch er tat es nicht, sondern erklärte nur knapp: «Der Schuster Friedel arbeitet für die Dombaustelle. Als sein Weib nicht nach Hause zurückkehrte, hat er sich aus Sorge an den Dombaumeister gewandt.»
    «Da hat er einen einflussreichen Fürsprecher.»
    «War die Frau seit letzter Woche noch einmal wegen einer Arznei bei Euch?»
    «Nein, ich sagte doch …» Adelina hob die Schultern. «Sie war am Tag nach ihrem Sturz hier, um die Schuhe zu holen. Seither habe ich sie nicht mehr gesehen.»
    Der Hauptmann starrte sie einen langen Moment an. Schließlich schien er einzusehen, dass er hier nicht weiterkam, denn er wandte sich zum Gehen. An der Tür drehte er sich erneut um. «Wenn Euch etwas zu Ohren kommen sollte …»
    «In diesem Falle lasse ich es Euch natürlich umgehend wissen, Hauptmann Greverode.» Adelina faltete die Hände vor ihrem Leib. «Ich hoffe, Ihr findet sie bald, und es geht ihr gut», sagte sie in deutlich milderem Ton. «Der Schuster muss außer sich vor Sorge sein.»
    Greverode nickte. Sein Blick wanderte noch einmal zu ihrer Leibesmitte und zurück zu ihrem Gesicht. «Gehabt Euch wohl, Frau Adelina», murmelte er.
    Verblüfft starrte sie auf die Tür, die mit einem leisen Klacken hinter ihm ins Schloss gefallen war. Sie hörte gedämpft, wie er seinen Männern Anweisungen gab, und dann das sich entfernende Geräusch der Pferdehufe.
    ***
    «Eine ausgemachte Frechheit!», wetterte Meister Winkler, ebenfalls Apotheker, dessen Geschäft nur einige Häuser neben dem von Adelina lag, am selben Abend auf der Versammlung im Gaffelhaus Himmelreich. Sein graumelierter Kinnbart vibrierte vor Aufregung. «Durchsucht haben sie alles! Muss ich mir das etwa bieten lassen? Was habe ich denn damit zu tun, wenn jemand Knochen aus einem Beinhaus stiehlt?» Wild blickte er in die Runde, dann starrte er Adelina an. «Waren sie bei Euch auch schon?»
    Adelina schüttelte den Kopf. «Nein, Meister Winkler, bisher nicht. Aber ich verstehe Eure Empörung …»
    «Wartet es nur ab, Eure Apotheke werden sie sich auch noch vornehmen», unterbrach er sie wütend. «Eine Unerhörtheit ist das, sage ich. Behandeln uns, als seien wir alle Giftmischer und hätten nichts Besseres zu tun, als obskure Mittelchen aus den Überresten von toten Kindern herzustellen. Ich hätte nicht übel Lust …»
    «Bitte mäßigt Euch»,

Weitere Kostenlose Bücher