Friedhof für Verrückte
Toilette verdrücken. Dort, im Kotzavatorium, wich mir der letzte Rest Farbe aus den Wangen. Das Kotzavatorium. So nennen alle Autoren die Toiletten, nachdem sie die ersten Erfahrungen mit den großartigen Ideen ihrer Produzenten gemacht haben.
Ich rieb mir das Gesicht mit Wasser und Seife ein, damit die Farbe zurückkehrte. Ich beugte mich fünf Minuten über das Waschbecken und ließ meiner Traurigkeit und meiner Aufregung freien Lauf. Nach einem letzten Durchgang mit trockenem Würgen wusch ich mich erneut und taumelte zurück zu Maggie und Fritz. Das Halbdunkel im Vorführraum erfüllte mich mit Dankbarkeit.
»Du!« sagte Fritz. »Du hast eine einzige Szene verändert, und schon ist der Rest im Eimer. Ich habe Manny heute mittag dein Allerletztes Abendmahl vorgeführt. Und jetzt, aufgrund deines gottverdammt erstklassigen Finales, hat er wider besseren Wissens und Gewissens beschlossen, einige der vorangegangenen Szenen nachzudrehen, anderenfalls sehe der Film aus wie eine tote Schlange mit einem lebendigen Schwanz. Er wollte es dir nicht selbst sagen. Er hörte sich an, als müsse er seine eigenen Eingeweide zu Mittag essen, oder zumindest deine gebratenen Innereien. Er beschimpfte dich mit Worten, die ich nicht in den Mund nehme, doch letztendlich meinte er: setzt den Bastard an die Szenen neun, vierzehn, neunzehn, fünfundzwanzig und dreißig. Der junge Hüpfer schreibt sie neu. Wenn wir sie alle noch einmal drehen, gelingt es uns vielleicht, den Leuten weiszumachen, daß wir einen halbwegs ordentlichen Film anzubieten haben.«
Ich spürte, wie die gute alte Farbe in mein Gesicht zurückströmte.
»Das ist ein Riesenauftrag für einen neuen Drehbuchautor!« rief ich. »Und in welcher Zeit?«
»Innerhalb der nächsten drei Tage! Wir halten alle Schauspieler am Ort. Ich rufe die Anonymen Alkoholiker an, sie sollen J. C. zweiundsiebzig Stunden lang auf den Fersen bleiben, jetzt, wo wir wissen, wo er sich versteckt …«
Ich blickte stumm vor mich hin; wie sollte ich ihnen sagen, daß ich J. C. gerade vom Studiogelände vergrault hatte.
»Sieht so aus, als wäre ich für einen Haufen Mist in dieser Woche verantwortlich«, sagte ich schließlich.
»Warte, Sisyphus!« Fritz lehnte sich herüber und gab mir einen Klaps auf die Schulter. »Warte, bis ich dir einen größeren Stein aufbürde, den du den Berg hinaufrollen kannst. Du bist kein Jude; also hör auf mit diesem Schuldkram.« Er bewarf mich mit leeren Blättern. »Schreiben, schreiben, und nochmals schreiben!«
»Will mich Manny ganz bestimmt für dieses Projekt haben?«
»Er würde dich lieber zwischen zwei Pferde spannen und von einer Kanone abknallen lassen, aber so ist das Leben nun mal! Hassen und noch mal hassen.«
»Was ist mit Tote reiten schneller? Er will, daß ich daran weiterarbeite!«
»Seit wann?« Fritz war aufgesprungen.
»Seit einer halben Stunde.«
»Aber das kann er doch nicht ohne …«
»Stimmt. Roy. Und Roy ist weg. Jetzt soll ich ihn suchen. Und das Studio soll für achtundvierzig Stunden geschlossen werden; für Renovierungen und neue Anstriche, die nicht nötig sind.«
»Schwachköpfe. Dummbeutel. Niemand sagt mir etwas davon. Na ja, wir brauchen das blöde Studio nicht. Wir können Jesus ebensogut bei mir zu Hause umschreiben.«
Das Telefon klingelte. Fritz hätte es beinahe in seiner Faust zerdrückt, dann reichte er es mir.
Der Anruf kam von Aimee Semple McPhersons Angelus-Tempel.
»Ich bitte vielmals um Verzeihung, Sir«, sagte eine Frauenstimme, die ihre Erregung kaum unterdrücken konnte. »Kennen Sie vielleicht einen Mann, der sich J. C. nennt?«
»J.C.?«
Fritz entriß mir den Hörer. Ich schnappte ihn mir wieder. Wir teilten uns die Ohrmuschel.
»Er behauptet, der Geist des wiedergeborenen und erneut bußfertigen Heilands zu sein …«
»Laß mich dran!« rief eine andere Stimme, diesmal ein Mann. »Hier spricht Reverend Kempo! Kennen Sie diesen abscheulichen Antichristen? Wir hätten schon die Polizei gerufen, aber wenn die Zeitungen erfahren, daß wir Jesus Christus aus unserer Kirche geworfen haben, dann gute Nacht! Sie haben dreißig Minuten, um diesen Schurken vor Gottes Zorn zu retten! Und vor meinem!«
Ich ließ den Hörer fallen.
»Christus«, stöhnte ich in Fritzens Richtung, »Christus ist auferstanden.«
49
Als mein Taxi vor dem Angelus-Tempel hielt, kamen gerade die letzten Nachzügler von ihrer späten Bibelstunde durch eine Reihe von Türen aus dem Tempel heraus.
An der
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