Friedhof New York
ich bis heute noch nicht. Ist schon ein verdammtes Leben.«
»In dieser Stadt bestimmt«, sagte Suko.
»He, sagen Sie nichts gegen New York. Ich liebe es.«
»Es gibt auch Haßlieben.« Der Fahrer lachte.
Ich dachte an Abe Douglas, mit dem wir in seiner Wohnung verabredet waren. Es wunderte mich schon, daß er nicht in seinem FBI-Büro auf uns hatte warten wollen, aber das war seine Sache. Zudem waren wir beide auf Jericho gespannt.
In der Tunnelröhre gab es Kurven, aber es ging voran.
Abe Douglas lebte mitten in Manhattan, in der Szene also. Nicht weit vom Central Park entfernt, etwas südöstlich davon, wo das Leben pulsierte. Wir waren beide froh, als wir die Strecke geschafft hatten. Ich beglich die Rechnung und gab ein Trinkgeld, das den Fahrer zufrieden stellte, denn er wünschte uns noch einen angenehmen Aufenthalt in der Stadt.
»Mal sehen«, erwiderte ich ausweichend.
Es war Tag. Der Himmel über New York war grau. Er hatte die Farbe von hellem Schiefer, in die sich Wolkenstreifen hineinschoben und ihn an gewissen Stellen aufhellten, so daß wir die Augustsonne dahinter ahnen konnten. Zwischen den Schluchten stand die Luft. Auch sie roch verdammt mies, und die Fensterscheiben sahen aus, als hätten sie Schleier bekommen.
Das Hochhaus, in dem Suko und ich lebten, war ein Zwerg im Vergleich zu dem Bau, in dem Abe eine Wohnung gefunden hatte. Es stand inmitten des Verkehrslärms, und wieder einmal konnten wir sehen, wie schlecht New Yorker Straßen an manchen Stellen sind, denn oft schaukelten die Fahrzeuge an uns vorbei.
Die Menschen gaben sich nicht locker wie an der Westküste. Hier lebte und arbeitete man verbissen, was wir auch an den Gesichtern der Vorbeihastenden ablesen konnten.
Die Tür des großen Backsteinbaus kam mir zu klein vor. In der Halle sah es besser aus. Da war renoviert worden. Weiße Wände, eine ebenfalls helle Treppe mit einem Teppich und zwei Wachtposten, die es neben dem Portier auch noch gab.
Die beiden Posten standen wie Statuen vor den hohen Kübelpflanzen.
Der Portier verließ seine Loge, als er uns sah. Männer mit Koffern schienen ihm nicht zu gefallen. Er hatte auch den zwei Aufpassern ein Zeichen gegeben, so daß diese näher an uns herankamen, aber in einer guten Schußdistanz stehenblieben.
Freundlich wurden wir nach unserem Begehr gefragt. Nach der Antwort rief der Portier bei Abe Douglas an, bekam die Bestätigung und erklärte uns den Weg.
»Danke«, unterbrach ich ihn, »aber wir waren schon mal hier.«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Sie waren noch nicht da. Und es sah hier auch etwas anders aus, Mister.«
»Vor der Renovierung, wie?«
»Bingo!« Ich grinste ihn an und ging.
Wir mußten in die achtzehnte Etage, wo Abe Douglas zusammen mit anderen Mietern seine Wohnung hatte. Der lange Gang war für meinen Geschmack zu düster. Durch kein Fenster fiel Licht. Die Notbeleuchtung reichte gerade aus, um die Türen in den Nischen zu erkennen.
Douglas erwartete uns bereits. Er hatte die Tür geöffnet. Licht fiel aus seiner Wohnung in den Gang, und in dem hellen Schein malte sich seine Gestalt ab. Er lächelte, er freute sich, er umarmte uns und sagte:
»Verdammt, daß ihr gekommen seid, finde ich echt super. Es wurde auch Zeit.«
»Wieso?«
»Kommt erst mal rein.«
Er schob uns über die Schwelle in den Wohnraum, wo er schon einige Drinks bereitgestellt hatte. Wir verzichteten auf Alkohol und waren nur über die Kühle froh. Ich zumindest litt etwas unter dem langen Flug. In den Beinen fühlte ich mich kaputt. Suko war da lockerer. Er stand am Fenster und schaute hinaus. Sein Blick hatte sich in der Straßenschlucht vergraben.
»Du bist gefangen, Abe, nicht?« sagte er plötzlich.
Douglas nickte. »Ja, kann man so sagen. Vom Dienst suspendiert. Ich darf die Wohnung nicht verlassen und muß für meinen Chef immer erreichbar sein.« Wie zur Bestätigung seiner Worte meldete sich das Telefon, und Abe hob ab. Bevor er sich meldete, flüsterte er uns zu.
»Das ist bestimmt James Levine.«
»Ist der noch immer da?«
»Leider, John.«
Es war Levine, und der G-man schaltete die Lautsprecher ein, damit wir mithören konnten.
Levine erkundigte sich, ob alles in Ordnung sei und redete irgendwelches Blabla. Ich hatte Gelegenheit, mich ein wenig umzuschauen. Es war die typische Bude eines Junggesellen, der nur wenig Zeit in seiner Wohnung verbrachte. Die Möbel dienten dem Zweck, sie waren nicht besonders raffiniert ausgesucht und zusammengestellt
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