Friedhof New York
Bett eine Tote lag. Und alles deutete darauf hin, daß er der Mörder war.
Kehlig klang das Lachen, als er daran dachte. Er ein Mörder, seine Kollegen würden ihn verhaften, er würde sich etwas einfallen lassen müssen, denn wer würde ihm glauben?
Sein Chef fiel ihm ein. Er hieß James Levine und war eigentlich das glatte Gegenteil von Abe Douglas. Ein sonnenbrauner, durchgestylter und auch irgendwie eiskalter Typ aus Kalifornien, der stets lächelte, im Innern aber kalt wie Eis war. So sahen oft die Chefs in den TV-Serien aus. Mit ihm würde sich Abe auseinandersetzen müssen, und er fragte sich, ob Levine ihm glauben konnte. Er war zwar über den Fall Jericho informiert worden, aber viel davon gehalten hatte er nicht.
Der G-man verließ das Schlaf- und Mordzimmer. In seinem kleinen Wohnzimmer setzte er sich neben das Telefon und trank einen doppelten Whisky. Er hätte auch vom Schlafzimmer aus anrufen können, aber da störte ihn die Leiche.
Fast hätte er sich vertippt. Er mußte noch einmal wählen. Diesmal nicht die Nummer der Kollegen, sondern die seines Freundes John Sinclair.
Er dachte an die Zeitdifferenz von knapp sieben Stunden und wählte deshalb nicht das Büro an. Hoffentlich war der Geisterjäger zu Hause.
Es kam immer einem Glücksspiel gleich, ob man ihn antraf oder nicht.
Douglas hatte Glück. Nach dem vierten Durchläuten wurde abgehoben.
Eine bekannte Stimme meldete sich, und zum erstenmal seit langer Zeit glitt wieder ein Lächeln über die Lippen des FBI-Agenten.
»John, ich bin’s, Abe Douglas.«
»Himmel, Abe. Bist du in New York?«
»Ja, John, bin ich. Und, verdammt noch mal, es wird Zeit, daß du herkommst.«
»Was ist?«
»Ein Mord, Träume, mit einem Wort – Jericho!«
In der Leitung blieb es stumm. Auch der Geisterjäger im fernen London mußte seine Überraschung erst verdauen. »Gib mir Einzelheiten, Abe.«
Douglas holte tief Luft. »Ich stecke mit beiden Beinen tief im Sumpf, um nicht zu sagen in der Scheiße. Diesmal hat er sich New York ausgesucht, und es kann schlimmer werden als damals in Arizona.«
»Okay, Abe, ich komme.«
»Mit Suko?«
»Das hoffe ich doch.«
»Gut, John, du weißt, wo du mich finden kannst.« Er dachte an die nächsten Stunden und fügte hinzu. »Wahrscheinlich kann ich dich nicht vom Airport abholen. Ich denke, daß da noch einige Schwierigkeiten auf mich zukommen werden.«
»Das werden wir regeln.«
»Guten Flug, John.« Douglas legte auf. Seine Stimme war plötzlich erstickt. Ihn durchfluteten Angst und Hoffnung zugleich, und er wünschte sich, daß es noch nicht zu spät war.
Schwer lag seine Hand auf dem Hörer. In der Wohnung war es totenstill.
Er schauderte. Gedanken huschten durch seinen Kopf. Er dachte wieder an die lebendige Sina.
»Verdammt, verdammt!« keuchte er und wählte schließlich die Nummer des FBI-Büros…
***
Ich befand mich wieder in New York und hatte sofort das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Über der Stadt lag ein widerlicher Smog. Suko, der ebenfalls einatmete, schüttelte den Kopf. »Dagegen ist London direkt eine Sommerfrische«, kommentierte er und sorgte dafür, daß wir ein Taxi bekamen. Es sollte uns nach Manhattan bringen.
Die Waffen hatten wir dank unserer Sonderausweise problemlos durch den Zoll bringen können, und jetzt waren wir beide gespannt auf unseren Freund Abe Douglas.
Zunächst lag eine Fahrt vor uns, die keinem von uns gefiel. Wir hätten auch mit einem Hubschrauber nach Manhattan fliegen können, aber das war uns zu spät eingefallen. So steckten wir in einem der Yellow Cabs, diesen gelben Wagen, die zum Teil aussahen, als hätten sie schon Jahrzehnte hinter sich, denn an vielen Stellen war die Karosserie eingebeult.
Nicht nur in einem Yellow Cab steckten wir, sondern auch im Stau, was dem Driver nichts ausmachte. Er war es gewöhnt, pfiff ein Liedchen und ergab sich seinem Schicksal.
Vor dem Holland Tunnel, der Röhre, die nach Manhattan führte, wurde es dann noch schlimmer. Ein jeder Fahrer mußte die Gebühr bezahlen, und wir wurden von unserem Driver gefragt, ob wir genügend Zeit hätten.
»Es geht«, sagte ich.
Der grauhaarige Mann mit der braunen Schirmmütze nickte. »Das braucht man auch in New York.« Er wollte wissen, woher wir kommen.
Als er London hörte, fing er an zu lachen.
»Da wohnen doch Verwandte von mir. Deren Großeltern sind damals in merry old England hängengeblieben, meine zogen in die Staaten.« Er hob die Schultern. »Was nun richtig war, weiß
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