Friedhof New York
ohne Fahrzeug werden wir kaum auskommen.«
»Das denke ich mir. Wie weit von hier wohnt ihr weg?«
»Zwei Blocks.«
Abe nickte. Er fühlte sich in seiner Haut verdammt unwohl, das war ihm anzusehen. Und es ging dabei nicht allein um Jericho. Durch die vorläufige Suspendierung waren ihm die Hände gebunden. Er mußte in der Wohnung bleiben, obwohl er gern an unserer Seite gewesen wäre, aber das konnte er sich nicht leisten. Wäre er erwischt worden, hätte man ihn vorläufig festnehmen müssen. Genau dies konnte er auch in unserem Sinne nicht riskieren, denn wir brauchten ihn gewissermaßen als Katalysator zwischen den verschiedenen Welten.
Er stand wieder auf. »Gut, dann warte ich auf euch.«
Suko schlug ihm auf die Schulter. »Nimm es nicht so schwer, alter Junge.«
Douglas mußte bitter auflachen. »Das sagt sich so einfach. Aber denke mal daran, was du in meiner Lage tun würdest.«
»Lieber nicht.«
Während Abe und Suko sprachen, telefonierte ich nach einem Yellow Cab. Dann verließen wir die Wohnung. Abe schaute uns noch so lange nach, bis sich die Lifttür hinter uns geschlossen hatte.
»Das ist nicht mehr der alte Abe Douglas«, sagte Suko.
»Wärst du es denn?«
»Wohl kaum. Nur zeigt es uns wieder einmal, daß dieser verfluchte Jericho nichts vergißt.«
»Das stimmt.«
Wir verließen den Lift, und Suko stellte halblaut eine Frage. »Ich frage mich nur, John, wen er diesmal aufs Korn genommen hat? Es muß hier in New York eine Menschengruppe geben, die er sich aussuchte, um seine Pläne zu verfolgen.«
»Nicht schlecht gedacht.«
»Aber du weißt keine Lösung?«
»Leider nicht.«
»Er kann sich doch nicht auf Millionen Menschen konzentrieren, um sie in seine geistige Gewalt zu bringen. Verdammt, das ist doch so gut wie unmöglich.«
»Auch bei ihm?« Ich ging auf die Tür zu. Hinter ihr zeichnete sich der Schatten des Taxifahrers ab. Den Wagen hatte er schräg geparkt.
»Jericho wird eben alles versuchen, kann ich mir vorstellen.«
»Dann sehen wir mehr als schlecht aus.«
Der Fahrer – ein Farbiger – sprach uns an, ob wir den Wagen bestellt hatten.
»Ja«, sagte Suko.
Wir stiegen ein und wurden von einer stickigen, leicht nach Schweiß riechenden Luft umgeben. Zum Glück war die Strecke bis zum Hotel nicht sehr weit.
Das Haus gehörte zu einer amerikanischen Kette. Wir kannten diese Kästen ja, die oft genug mit einer repräsentativen Halle ausgestattet waren, dafür aber über ziemlich kleine Standardzimmer verfügten.
Ich entlohnte den Fahrer, Suko war schon vorgegangen. Durch die Drehglastür konnte ich in die Hotelhalle schauen und sah ihn dort stehen. Er hätte eigentlich schon an der Rezeption sein müssen, doch er tat keinen Schritt nach vorn.
Irgend etwas stimmte nicht.
Auch ich betrat die Halle. Hinter mir schwang die Drehtür wieder zu. Ich bekam noch den Luftzug mit, dann versanken meine Füße im Flor eines Teppichs.
»Was ist denn los?«
»Ich drehe durch, glaube ich.«
»Wieso?«
»Schau mal nach rechts, Alter.«
Dort befand sich die Rezeption. Ungefähr in deren Mitte hielten sich vier Männer auf. So wie sie aussahen, konnten sie nur Leibwächter sein, die einen fünften Mann eingekreist hatten. Sie taten nichts, standen wie auf dem Sprung, aber zwei von ihnen hielten Waffen in den Händen. Sie verbargen sie sehr geschickt unter den Schößen ihres Jacketts.
Um den fünften Mann besser erkennen zu können, ging ich einen Schritt nach rechts.
Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Ich kannte ihn. Die Gestalt mit den rabenschwarzen Haaren, die zu einem kurzen Pferdeschwanz im Nacken zusammengebunden waren.
Das harte Gesicht, die Metallaugen, der schmale Mund, die sonnenbraune Haut und natürlich die Kleidung, die besser in die Wüste gepaßt hätte als hier in den Hexenkessel Manhattan.
Doch darauf hatte Chato noch nie Rücksicht genommen…
***
Es gab keinen Zweifel. Der Mann in der Halle, der nicht gerade willkommen war, hieß Chato. Wir kannten ihn, er hatte uns geholfen, als wir zum erstenmal gegen Jericho antraten, und er gehörte zum Stamm der Apachen, worauf er auch sehr stolz war.
Seine Heimat war die Wüste. Dort lebte er für sich und im Einklang mit der Natur. Er hatte sich vorgenommen, die Natur zu begreifen, um so für sich, den Menschen, das Beste herauszuholen. Er brauchte keine Technik, keine Zivilisation. All das, was er benötigte, gab ihm die Wüste, auch Wasser, denn er kannte sie genau.
Und er kannte auch die
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