Friendzone oder Sexzone oder Wie werd ich bloß den Trottel los? (German Edition)
damals bei euch eigentlich mit Freundschaften zwischen Männern und Frauen?“ Meine Oma sitzt neben mir auf dem Sofa, trinkt Kakao mit Rum, und schaut mich mit großen Augen an. Leider widmet sie mir nicht ihre ganze Aufmerksamkeit, sondern die Hälfte geht an ihre Lieblingssoap, die auf dem Flachbildschirm flimmert. Trotzdem wirkt sie einigermaßen überrascht.
„Ja, die gab es auch schon in den Fünfzigern. Denkst du wir kommen aus der Steinzeit?“
Meine Oma halt, direkt wie immer.
„Nee, aber standen die Männer dann auch immer auf euch?“
Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass ihr die Frage peinlich ist. Aber meine Oma ist die coolste Oma der Welt. Welche serviert der Enkelin schon „Rum mit einem Schuss Kakao“ … wie sie es nennt. Sie seufzt und es klingt, als ob sie wirklich versucht, sich an die alten Zeiten zu erinnern. Dabei sieht sie allerdings nicht verträumt aus, sondern eher ein bisschen genervt.
„Ja, ich glaube, das war schon der Fall. Ist das heute bei euch nicht mehr so?“
„Oma!“, sage ich. Sie hält mich immer noch für ein Küken, das im Kindergarten Kastanienmänner baut. Ich will aber eigentlich etwas ganz anderes wissen. Noch zögere ich, weil das schon eine intime Frage ist. Wir schauen den Soaptypen bei ihren Problemen zu und schlürfen Omas spezielle Mischung. Bei Oma ist es immer gemütlich. Anders kann man es nicht beschreiben. Die Wanduhr tickt gemächlich, Blumen (woher auch immer) sind immer da und Kekse haben einen festen Platz auf dem Nierentisch. Ich könnte immer nur bei Oma sitzen und mich von ihrer Atmosphäre einlullen lassen. Aber jetzt will ich es wissen.
„Ich meine nur, wenn das bei euch auch schon so war, wieso hast du dann heute nur noch Freundinnen? Wo sind denn deine Männerfreunde?“
Meine Oma guckt mich an wie ein Auto, das gerade nach dem Weg fragt. Sehr langsam nimmt sie einen großen Schluck. Sie wirkt, als ob sie sich überlegt, was sie mir wohl sagen soll. Ja, immer raus mit der Sprache, ich kann es vertragen. Aber sie muss das Jessica-Gen in sich haben. Natürlich erspart sie mir nichts.
„Was denkst du denn? Die Männer sind alle irgendwann weg. Einige finden sicher eine andere, die anderen verschwinden einfach, viele müssen richtig arbeiten, und dann ist da noch der Ehemann, der das irgendwann nicht mehr versteht, wenn man sich mit anderen Männern trifft. Dann kommen Kinder, man muss wieder arbeiten, weil noch mehr Kinder kommen, und dann wird die Zeit eben kostbar. Und die verbringt man dann nicht mit anderen Herren, die auf einen stehen, wie ihr das sagt, obwohl man vergeben ist. Also mit solchen Freundschaften war bei mir mit dreißig Schluss. Dein Opa hat mir gereicht.“
Ich schweige. Das war also die Kurzfassung für: Es lohnt sich nicht … Fuck Hollywood. Fuck Harry und Sally … Was zählt, ist nur, was die Oma sagt. Denn die scheint es ja genau zu wissen. Ich überlege, was mich das lehrt. Am liebsten würde ich mir das mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.
Komischerweise scheint meine Oma jetzt leider erst richtig ihr Interesse an der Sache zu entdecken. Sehr neugierig guckt sie mich an. Und ehe ich mich versehe, steht sie auf und holt die Flasche Havanna. Der Rum schwappt in unsere Tassen und die nächste Soap beginnt. Draußen tanzt der Schnee vor den Fenstern. Eigentlich ganz gemütlich, aber wenn meine Oma nachschenkt, bedeutete das auch immer, dass man „Tacheles spricht“. Und tatsächlich hat sie jetzt nur noch Augen für mich.
„Wie ist das denn bei dir und Willy? Habt ihr Probleme?“
„Nein …“, sage ich sehr lang gedehnt. „Es ist nur, ich habe auch ein paar männliche Freunde, und jetzt habe ich herausgefunden, dass sie auf mich stehen und das macht alles kaputt!“
Schon wieder guckt mich Oma an wie ein Auto mit menschlichen Fähigkeiten.
„Dann solltest du das beenden … oder du musst dich entscheiden.“
Mir wird ein bisschen mulmig zumute. Oma glaubt doch nicht etwa …
„Oma, mit diesen Jungs läuft nichts. Darum geht es doch! Um Freundschaften mit Männern, die auf einen stehen, aber mit denen man eben keinen SEX hat …“
Ich spreche lauter, als ich eigentlich will. Wie zur Bestätigung hören wir das Bettgestell aus dem Schlafzimmer knirschen. Opa ist von seinem Mittagsschlaf aufgewacht. Meine Oma schaut mich noch verständnisloser an.
Und plötzlich kapiere ich.
„Hast du etwa mit denen …?“, flüstere ich heiser und trinke ganz schnell einen ganz großen Schluck.
Oma
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