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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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war mittlerweile eingetroffen und hatte mit der Frau geredet.
    »Sie leidet auf jeden Fall unter psychischen Störungen. Aber viel kann ich nach dem kurzen Gespräch nicht dazu sagen. Könnte sein, dass man ihre Zurechnungsfähigkeit infrage stellt. Aber versuch mal, was du aus ihr rausbekommst.«
    Thamsen trat in den Raum und setzte sich zu Lisa Fischer an den Tisch. Sie schaute ihn nicht an, sondern auf ihre Finger, die sie ineinanderknetete.
    »Frau Fischer«, Thamsen räusperte sich. Er konnte den Schmerz der Frau ja nachvollziehen, allerdings rechtfertigte der Verlust des Kindes keinesfalls ihre Taten.
    »Können Sie mir sagen, was Dr. Merizadi Ihnen angetan hat?«
    Mit dieser Frage hatte die Frau augenscheinlich nicht gerechnet. Sie blickte ihn überrascht an und nickte.
    »Er hat mein Kind getötet!«
    Nach gut einer Stunde und weiteren vorsichtigen Fragen hatte er es geschafft, ein beinahe komplettes Geständnis aus Lisa Fischer herauszubekommen und ließ sie zur Überstellung nach Husum abführen.
    Im Prinzip war der Fall für ihn damit beendet. Ein paar Formalitäten, die er noch zu erledigen hatte, und dann nahmen die Dinge ihren Lauf. Trotzdem stellte sich nicht wie sonst so etwas wie Stolz oder Zufriedenheit ein. Natürlich hatte er die Mörderin von Dr. Merizadi gefasst. Sie hatte sich gerächt, da er ihr in der größten Not nicht hatte helfen wollen und sie ihrer Meinung nach deshalb ihr Kind verloren hatte. Jedenfalls war dies ihre Sichtweise, denn letztendlich war nicht klar, ob die Frau nicht so oder so eine Fehlgeburt erlitten hätte. Doch ihre Wut und Trauer über den Verlust des Kindes hatten sie blind gemacht. Und sie hatte nur noch eines gewollt: Rache.
    Unter dem Vorwand eines Notfalls hatte sie den Arzt angerufen und zu sich bestellt. Das Krankenhaus habe sie entlassen, aber es seien wieder Blutungen und Schmerzen aufgetreten, gab sie vor. Da sie Patientin bei ihm war, hatte er vermutlich noch nicht einmal Verdacht geschöpft und wahrscheinlich war es nichts Ungewöhnliches, wenn es nach einer Fehlgeburt Komplikationen gab. Außerdem hatte Dr. Merizadi möglicherweise sogar ein schlechtes Gewissen gegenüber der Frau gehabt und war daher so schnell zu ihr gefahren. Doch kaum hatte er das Haus betreten, hatte sie das Messer gezückt und wie in Trance auf ihn eingestochen. Selbst als er schon am Boden gelegen hatte und nur noch röchelte, hatte sie wieder und wieder zugestochen. So jedenfalls musste es aufgrund der zahlreichen Stichwunden gewesen sein, stellte er sich vor.
    Die Leiche hatte sie mithilfe eines Rollwagens im Schutz der Dunkelheit in den Kofferraum ihres Autos verfrachtet und war zur KZ-Gedenkstätte nach Ladelund gefahren. Um den Verdacht auf die rechtsradikale Szene zu lenken, hatte sie mit dem Blut des Toten ein Hakenkreuz auf dessen Rücken gemalt. Doch die Genugtuung über die gerechte Strafe für den Arzt hatte nicht lang angehalten. Ihr Kinderwunsch hatte wieder Oberhand gewonnen und als ihr bewusst geworden war, dass sich nun ihre Möglichkeiten, schwanger zu werden, mit dem Mord an Dr. Merizadi drastisch dezimiert hatten, sah sie keinen anderen Ausweg, als ein Kind zu stehlen.
    Und auch an dessen Tod war sie schuld. Aber sie hatte es nicht getan, weil sie ein schlechter Mensch war, sondern einzig und allein, weil sie Mutter sein wollte. Dafür wanderte sie nun ins Gefängnis, während Ole Lenhardt wahrscheinlich schon wieder frei herumlief, ausländische Mitbürger zusammenschlug und Menschen in Angst und Schrecken versetzte.
     
    Und zwar nicht nur irgendwelche Mitbürger, sondern gute Bekannte und Freunde wie Haie. Und er konnte diesem Typen nicht wirklich Einhalt gebieten. Gut, der eine oder andere von ihnen würde sich vor Gericht verantworten müssen, aber dem eigentlichen Drahtzieher konnten sie nichts nachweisen. Wie sollten sie nur dieser braunen Brut das Handwerk legen? Thamsen seufzte. Es schien so schwer und plötzlich hatte er Verständnis für seinen ehemaligen Chef, der vor drei Jahren seinen Dienst vorzeitig quittiert hatte. Vielleicht war diese Ohnmacht, die nun auch Dirk empfand und die Rudolf Lange über Jahre hinweg ertragen hatte, der Grund dafür gewesen. Thamsen hatte damals gedacht, sein Chef gäbe einfach auf, doch nun musste er erkennen, dass womöglich einmal mehr das System und das Verhalten der Bevölkerung ein Teil, wenn nicht das Problem als solches war.
    Er schob die Akten zusammen und machte für heute einfach Feierabend.
    Den Bericht

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