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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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austreiben können.
    Draußen hatte ein leichter Nieselregen eingesetzt und Haie war nicht traurig, als Dirk sein Fahrrad in den Kofferraum des Dienstwagens legte und ihn aufforderte einzusteigen. Es war zwar nicht weit, aber Haie war heute schon einmal nass geworden und durch die überhitzte Luft in der Gastwirtschaft fröstelte er nun.
    »Soll ich dich nach Hause fahren oder kommst du noch mit zu Tom und Marlene?«, fragte Thamsen, obwohl ihm eigentlich klar war, dass der Freund jetzt wahrscheinlich nicht gern alleine war. Deshalb war er auch nicht sonderlich überrascht, als Haie die Einladung zu den Freunden sofort annahm.
    Die beiden guckten auch nicht schlecht, als Dirk mit Haie im Schlepptau bei ihnen auftauchte.
    »Wo warst du denn bloß?«, fragte Marlene ohne Umschweife. Sie hatte sich ernsthaft Sorgen um ihn gemacht, denn es war ganz und gar nicht Haies Art, sich nicht zu melden.
    »Lasst uns erst mal reinkommen«, antwortete Dirk und überreichte Marlene den Blumenstrauß, ehe sie dem Freund weitere Vorwürfe machen konnte. Zusammen gingen sie in die Küche und setzten sich an den Tisch. Marlene stellte die Blumen ins Wasser und servierte dann ein paar Schnittchen, die sie in der Zwischenzeit vorbereitet hatte.
    Doch keiner von ihnen schien so recht Appetit zu haben. »Was ist denn los?«, fragte Tom, als Haie auf Marlenes Angebot den Kopf schüttelte, »du greifst doch sonst immer gern zu.«
    Haie räusperte sich und erzählte, was ihm am Nachmittag passiert war.
    »Was?«, entfuhr es Marlene. »Jetzt bedrohen die einen schon am helllichten Tag auf der Straße?«
    Sie blickte Thamsen auffordernd an. Er war schließlich Polizist und musste dagegen etwas tun. Doch wie bereits beim vorangegangenen Gespräch konnte er nur betonen, dass, wenn Haie keine Anzeige erstattete, er nichts tun könne.
    »Dann musst du die anzeigen!«, kreischte Marlene förmlich.
    »Ganz sicher nicht! Der hat mich mit dem Messer bedroht. Außerdem wissen die doch auch, wo ich wohne!«
    »Ja, aber was soll denn noch geschehen?«, fragte Marlene nun etwas ruhiger. »Der tote Arzt geht doch schon auf deren Konto. Wusstet ihr eigentlich, dass Miriam Kuipers bei ihm in Behandlung war?«
    »Und?« Haie verstand nicht, was Marlene damit sagen wollte. Was hatte das verschwundene Baby jetzt plötzlich mit den Übergriffen der Neonazis zu tun?
    »Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, ob die Kerle vielleicht etwas mit der Entführung zu tun haben könnten?«

13.
     
    Das Fieber war gesunken. Gott sei Dank! Die Wadenwickel mit Zwiebelsud hatten geholfen. Ein altes Hausmittel ihrer Mutter. Manchmal wirkten die Wunder.
    Denn Appetit schien der Kleine plötzlich auch zu haben. Jedenfalls schrie er und versuchte immer wieder wie wild, an der Nuckelflasche zu saugen. Aber wirklich viel trank er nicht. Ob es ihm nicht schmeckte?
    Sie stand auf und las noch einmal die Anleitung auf der Verpackung des Milchpulvers. Doch, sie hatte alles richtig zubereitet. Daran konnte es nicht liegen. Gut, es war nun einmal keine Muttermilch, aber wenn man Hunger hatte, musste das doch auch gehen, oder?
    Endlich schlief der kleine Junge vor Erschöpfung ein. Seine Wangen waren ganz rot vom Brüllen und sie streichelte sanft über sein Gesicht. Dabei summte sie ein Lied, das ihre Mutter immer mit ihr auf Plattdeutsch gesungen hatte, als sie selbst noch ein Kind war. An die erste Strophe konnte sie sich noch erinnern:
     
    Et wassen twee Künigeskinner,
    de hadden eenanner so leef,
    de konnen toanner nich kummen,
    dat Water was vil to breed.
     
    Schon damals hatte sie sich gewünscht, selbst einmal die Mutti zu sein, die dieses Lied mit ihrem Kind sang. Und nun war es wahr geworden, wenn auch nicht ganz.
    Aber sie war so dicht davor gewesen, endlich ein eigenes Kind zu bekommen. Nachdem sie diesen Arzt getroffen hatte, hatte sie doch Hoffnung gehabt. Hoffnung darauf, nun endlich auch ohne einen Mann schwanger zu werden. Wenngleich sich der Gynäkologe zunächst allerdings ein wenig geziert hatte, die Behandlung überhaupt durchzuführen. Schließlich war sie alleinstehend und wie für fast alles gab es für künstliche Befruchtungen in Deutschland auch Richtlinien für die Anforderungen an den Familienstand. Doch nachdem sie ihm unter Tränen ihre Geschichte erzählt und mehrmals glaubhaft versichert hatte, finanziell bestens gestellt zu sein, hatte er sich schließlich bereit erklärt, ihr zu helfen. Und dann, nach dem dritten Versuch, hatte es endlich geklappt

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