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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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worden war. Ganz im Gegenteil. Zusätzlich gab es mehrere Delikte, von denen sie zwar wussten, wer sie zu verantworten hatte, aber ohne die offizielle Anzeige eines Geschädigten nichts tun konnten.
    Er verabredete mit den Kollegen ein Treffen in Niebüll für den Nachmittag, bei dem sie anschließend eine Pressekonferenz geben würden. Vielleicht gab es ja doch noch Mutige in der Gesellschaft, die eine Aussage zu den Rechtsradikalen machen wollten.
     
    Die Nacht war kurz und schlaflos gewesen. Niklas hatte fast ununterbrochen geweint und Marlene war von Stunde zu Stunde verzweifelter geworden.
    »Vielleicht hat er Schmerzen?«, hatte Tom gefragt und sie damit noch mehr verunsichert. Sie hatte ja gewusst, es würde anstrengend mit einem Säugling werden, aber in den ersten Tagen im Krankenhaus mit der entsprechenden Unterstützung war ihr das gar nicht so vorgekommen. Daher traf sie nun die alleinige Verantwortung mit voller Wucht. Und Tom war dabei nicht unbedingt eine große Hilfe. Obwohl er mit ihr zusammen einen Vorbereitungskurs besucht hatte, stellte er sich mit allem, was Niklas betraf, derart tollpatschig an, dass man Angst haben musste, er könne den Kleinen verletzen oder womöglich fallen lassen. Genau das war auch Toms Sorge und machte den Umgang für ihn mit diesem winzigen Wesen nicht gerade leichter. An der Babypuppe war alles viel einfacher gewesen. Die hatte auch auf dem Wickeltisch nicht so jämmerlich geweint und irgendwie hatte man ja gewusst, man brach der Übungspuppe nicht alle Knochen, wenn man versuchte, das kleine Ärmchen in das Hemdchen zu stopfen.
    Gerade jetzt kämpfte er mit dem Klebeband der Pampers, da Marlene in dem Sessel, in dem sie Niklas gestillt hatte, eingeschlafen war und er ihr zumindest das Wickeln hatte abnehmen wollen. Doch bei der ersten Windel hatte er so schwungvoll an der Lasche gezogen, dass diese gleich abgerissen war, und nun hatte er zu zaghaft gezogen, und die Lasche klebte bereits, und zwar in einer Stellung, in der die Windel sofort verrutschen würde, sobald sich Niklas bewegte. Da er nicht wusste, dass die Klebestreifen wiederverschließbar waren, puhlte er ganz vorsichtig an der Windel herum und riss dabei mit dem Fingernagel ein Loch in die Pampers. »Mist!«, schimpfte er und hörte plötzlich ein glucksendes Geräusch. Marlene war wach und hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut loszuprusten. »Was gibt es da zu lachen?«, fragte er leicht verärgert, »das ist hier eine Scheißqualität.«
    Marlene stand auf und nahm eine neue Windel vom Stapel. »Komm, ich erlöse dich.«
    Doch Tom wollte sich nicht kampflos einer Papierwindel ergeben. »Gib her, ich mache das schon.«
    Er riss Marlene die Pampers aus der Hand. Vorsichtig hob er Niklas an, der von dem Rein- in- die- Windel, Raus- aus- der- Windel langsam genug hatte und nun richtig schrie.
    »Ist ja gut«, versuchte Tom, ihn zu beruhigen, »der Papa macht das schon.«
    Marlene wollte gerade wieder helfend eingreifen, als Tom den Klebestreifen löste, doch da klingelte es.
    »Oh, das muss die Hebamme sein.« Marlene zog ihre Hand zurück und lief zur Tür. Sich angeregt unterhaltend, kehrte sie kurz darauf mit der rundlichen Dame ins Kinderzimmer zurück, wo Tom ihnen einen frisch gewickelten Säugling präsentierte.
    »Na, da bin ich wohl eine Minute zu spät«, entschuldigte sich die Hebamme, »ich muss mir den Kleinen heute noch einmal ansehen. Nabel und ob er nicht wund ist und so. Die Windel muss wieder runter.«
    Tom verdrehte die Augen, als er Marlene kommentarlos das Baby reichte.
    »Wir sind echt froh, mit Niklas zu Hause zu sein«, erklärte Marlene, während die Hebamme sich an dem Säugling zu schaffen machte. »Im Krankenhaus fühlten wir uns einfach nicht sicher.«
    »Kann ich mir vorstellen. Zumal die Polizei immer noch keine Spur von dem Baby hat.«
    »Das muss schrecklich für Frau Kuipers sein«, flüsterte Marlene.
    »Ja, zumal sie lang gebraucht hat, um überhaupt schwanger zu werden, und die Schwangerschaft war so schwer.«
    »Haben Sie sie auch betreut?«
    »Ja, sie war eine der wenigen Patientinnen von Dr. Merizadi, die zu mir kam.«
    »Aber gibt es denn noch so viele andere Hebammen in der Gegend?« Marlene konnte sich nicht daran erinnern, eine große Auswahl gehabt zu haben. Jedenfalls nicht in der näheren Umgebung.
    »Das nicht«, die Hebamme wog Niklas und nickte zufrieden. Das Gewicht notierte sie in dem kleinen Buch neben dem Wickeltisch. »Aber viele Patientinnen

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