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Friesenkinder

Friesenkinder

Titel: Friesenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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und sie war im siebten Himmel gewesen. Hatte sich an alle Vorgaben gehalten. Gesunde Ernährung, kein Alkohol, keine körperliche Anstrengung. Und jeden Tag hatte sie das Kind in sich wachsen gespürt. Bis zu diesem einen Morgen, an dem sie gar nichts mehr gespürt hatte. Kein Leben in sich.
     
    Thamsen schloss leise die Wohnungstür auf. Es war spät geworden bei den Freunden. Viel später, als er eigentlich geplant hatte. Aber die letzten Ereignisse hatten alle derart aufgewühlt und sie hatten einfach nicht aufhören können, darüber zu diskutieren. Es war schließlich Niklas gewesen, der sie durch sein Gebrüll aufgescheucht hatte. Der Kleine verlangte sein Nachtmahl und Haie und Dirk waren aufgebrochen, als Marlene sich zum Stillen zurückgezogen hatte.
    Thamsen hatte Haie, wie versprochen, nach Hause gebracht. Er hatte im Auto gewartet, bis Haie den Weg zum Haus hinaufgegangen war, die Tür aufgeschlossen und im Licht des Flurs ihm ein Zeichen gegeben hatte, dass alles in Ordnung war. Er hatte dem Freund empfohlen, die Haustür abzuschließen. Für gewöhnlich stand Haies Haus immer offen, wenn er daheim war. »Hier klaut doch keiner was«, war sein Argument. Aber nach dem Übergriff glaubte Thamsen, es sei vernünftiger, die Tür zu verriegeln. Es wäre unwahrscheinlich, wenn die Kerle gleich heute wieder zuschlagen würden, aber sicher war sicher.
    Bei Timo im Zimmer brannte noch Licht. Durch den Spalt unterhalb der Tür konnte er den Strahl im dunklen Flur ausmachen. Anne schien bereits zu schlafen, bei ihr war alles dunkel.
    »Na, mein Großer?«, begrüßte er seinen Sohn, nachdem er seine Sachen im Flur aufgehängt hatte. »Bei euch war alles klar?«
    Timo nickte und Thamsen war wieder einmal mehr als stolz auf seine Kinder, die mittlerweile so selbstständig waren, dass er sich an und für sich keine Sorgen um die beiden zu machen brauchte. Trotzdem hatte er hin und wieder ein schlechtes Gewissen, weil er die zwei so oft sich selbst überließ.
    »Am Wochenende unternehmen wir drei was Schönes, okay?«
    »Ich dachte, am Wochenende kommt Oma wieder?«
    Das hatte Dirk ganz vergessen. Zumal er seiner Mutter versprochen hatte, sie wieder vom Zug abzuholen. »Na und, wir können doch trotzdem etwas zusammen machen.«
    »Mit Oma?« Für den Teenager gab es mittlerweile nichts Langweiligeres als Unternehmungen mit seiner Großmutter. Dirk konnte das verstehen. Er hatte in dem Alter auch selten Lust gehabt, seine Freizeit mit den Erwachsenen zu vergeuden.
    »Na ja, um eine Tasse Kaffee werden wir nicht rumkommen, aber danach könnten wir ins Kino gehen oder vielleicht zum Bowling?«
    »Oh ja, zum Kegeln!« Anne stand plötzlich in der Tür. Barfuß und im Nachthemd. Ihre zerzausten Haare standen wirr vom Kopf ab, aber ihre Augen strahlten.
    Thamsen stand von Timos Bettkante auf und nahm Anne auf den Arm, was ihn zugegebenermaßen mittlerweile mehr Mühe kostete als noch vor ein paar Jahren. Die Kleine war inzwischen ganz schön schwer. Aber im Gegensatz zu ihrem Bruder, der durch die Trennung von Iris sehr schnell erwachsen geworden war, hatte sie sich viele kindliche Züge bewahrt.
    »Also gut«, bestimmte Thamsen und kitzelte dabei seine Tochter am Hals, »Samstag ist Kegeln angesagt!«
     
    Am nächsten Morgen kümmerte er sich als Erstes um seinen kaputten Wagen. Er wartete, bis der Abschleppdienst den Kombi aufgeladen hatte und um die Ecke gebogen war. Er hoffte nur, es würde nicht allzu teuer werden. Dann stieg er in den Dienstwagen. Im Büro angekommen, rief er zunächst bei Haie an, um sich zu erkundigen, ob bei dem Freund alles in Ordnung war. »Willst du das jetzt jeden Morgen machen?«, witzelte der Hausmeister, der nach einer ruhigen Nacht etwas entspannter war.
    Anschließend rief er die Beamten in Husum an und schilderte die Vorfälle des gestrigen Tages sowie den Überfall auf die Taverne.
    »Wir sollten den Verfassungsschutz einschalten«, forderte er die Kollegen auf.
    »Hm«, war die Antwort. Ob das wirklich nötig sei oder ob er nicht glaube, die kleinen Braunen, wie Lorenz Meister die Gruppe von Neonazis nannte, selbst in den Griff zu bekommen.
    »Kleine Braune!«, schnaubte Thamsen. »Wir haben es hier immerhin mit Mord zu tun!«
    »Na, na, na, das steht doch noch gar nicht fest. Oder habt ihr neue Hinweise?«
    Das musste Thamsen leider verneinen. Bisher waren sie im Prinzip keinen Schritt weiter als bis zu dem Moment, als die Leiche an der KZ-Gedenkstätte von dem Jogger aufgefunden

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