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Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
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gegenüber den Hinterbliebenen, Verwandten und Freunden bitten konnte, schaltete sich eine weitere Dame in das Gespräch ein.
      »Ich glaub ja, der hatte 'ne Freundin. Hat Sophie bestimmt betrogen, so wie der immer durchs Dorf schlawinert is'. Wenn die Sophie ihn man nicht eigenhändig … Hat doch bestimmt darunter gelitten. So wie die immer ausschaut. Als hätte das Leid sie leibhaftig geküsst.«
      Tom, der dem Klatsch und Tratsch im Laden ansonsten eher wenig Aufmerksamkeit schenkte, wurde plötzlich hellhörig.
      »Der Kalli hatte 'ne Freundin? Wen denn?«
      Die Frau in der gelben Windjacke schob ihren Einkaufswagen in Richtung Kasse, die sich schräg gegenüber der Tür befand. Sie musterte ihn eingehend. Zugezogenen stand man hier im Dorf grundsätzlich misstrauisch gegenüber.
      Er versuchte zu lächeln und ging dann zum Angriff über: »Na, wenn Sie schon solche Gerüchte in die Welt setzen, dann sollten die aber auch Hand und Fuß haben.«
      Das Gesicht der etwa Mitte 40-Jährigen lief dunkelrot an. Wie ein Fisch auf dem Trockenen schnappte sie mit ihren schwülstigen Lippen nach Luft. Marlene bekam schon Angst, dass die Frau womöglich ersticken könnte, so sehr rang diese angesichts Toms forscher Äußerung um Atem. Schließlich gelang es ihr jedoch, endlich eine Antwort hervorzupressen. »Ich vetell keine Märchen! Das is ja ungeheuerlich! Der Kalli hatte 'ne Freundin. Da schwör ich Stein und Bein drauf!«

    Haies Geduld wurde mächtig strapaziert. Von einen Fuß auf den anderen tretend, wartete er im Windschatten des an das Wohnhaus angrenzenden Stallgebäudes und knetete nervös seine Hände. Wie würde Thamsen es wohl auffassen, wenn er ihn hier abfing? Würde er nicht zu aufdringlich, zu neugierig erscheinen? Immerhin hatte er eigentlich nichts mit dem Fall zu tun, und relevante Informationen konnte er wahrscheinlich auch nicht liefern. Allerdings versprach er sich durch das Gespräch mit dem Kommissar selbst neue Erkenntnisse über den Tod des Schulfreundes. Beharrlich starrte er zum Eingang hinüber.

    Es dauerte über eine Stunde, bis der Kommissar endlich das Haus verließ. An der Tür verabschiedete sich Thamsen von der Witwe, die anschließend im Haus verschwand. Schnell trat Haie aus seinem Schlupfwinkel hervor.
      »Entschuldigung, Herr Kommissar?«
      Thamsen drehte sich überrascht um.
      »Herr Ketelsen, was machen Sie denn noch hier? Haben Sie mir etwa aufgelauert?«, erkundigte er sich schmunzelnd.
      Haie überging die Anspielung und kam sofort zur Sache.
      »Ich finde den Tod an Kalli Carstensen höchst merkwürdig. Irgendetwas kann da doch nicht stimmen. Selbst wenn es ein Verkehrsunfall gewesen ist, wer hat dann die Leiche in dem Maisfeld versteckt und warum? Also, wenn Sie mich fragen …«
      »Ja?« Der Kommissar trat interessiert näher.
      »Na ja«, Haie blickte zum Haus. Sophie Carstensen stand am Küchenfenster und beobachtete die beiden. »Vielleicht ist es besser, wir sprechen woanders miteinander?« Er deutete mit einem Kopfnicken zum Fenster hinüber. Thamsen verstand.
      »Kennen Sie vielleicht ein Café oder Lokal in der Nähe, wo wir ungestört eine Tasse Kaffee trinken können?«
      »Na klar.«

    Sie fuhren die Herrenkoogstraße entlang bis nach Waygaard. Dort gab es ein kleines Dorfcafé, in welchem man in einer gemütlichen Gaststube einen köstlichen Kaffee serviert bekam.
      Die freundliche Wirtin brachte ihnen das Bestellte und zog sich anschließend diskret zurück.
      »Also, Herr Ketelsen? Was meinten Sie denn nun vorhin damit, als Sie sagten, wenn ich Sie fragen würde?«
      »Na ja, Sie erwähnten vorhin, dass Kalli bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist.«
      Haie nahm einen Schluck aus der dampfenden Tasse und erzählte dann von den Spekulationen und Gerüchten, die er gestern in der Gastwirtschaft gehört hatte. Von der Erbschaft habe er ja gewusst, betonte er, nicht aber, dass die beiden Brüder sich über den Nachlass gestritten hatten. Seiner Ansicht nach gab es sowieso eine Menge Leute, die, wie er es ausdrückte, nicht sonderlich betrübt über den Tod Kalli Carstensens waren. Er war der Meinung, es habe bestimmte Gründe gegeben, warum der Fahrer des Unfallwagens keine Hilfe herbeigerufen hatte.
      »Hat Kalli denn nach dem Zusammenstoß noch gelebt?«
      »Vermutlich ja«, entgegnete Thamsen zögernd.
      »Sehen Sie«, triumphierte Haie geradezu. Er sah seine These bestätigt, derzufolge

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