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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vernahm. Vor dem Eingang zu den Örtlichkeiten verwies ein lieblos gestaltetes Werbeschild auf das treppab liegende Tanzcafé Mondragon, das vollmundig Unterhaltung für alle Generationen anpries. Sollte das der Weg zu Patrick Immel sein?
    Unschlüssig folgte Olli dem Pfeil, doch je weiter er die Treppe herabschritt, desto schwülstiger gestaltete sich die Discomusik, die von fistelnden männlichen Gesangsstimmen dominiert wurde. Schließlich verharrte er vor einem offenen Portal, hinter dem in einschlägigen Farben Discolichter auf eine leere Tanzfläche zuckten.
     
    Vorsichtig lugte Olli in den Tanzsaal. Es handelte sich um einen umfunktionierten alten Lagerraum, in dem das den Bau tragende Gewölbe nur von wenigen störenden Säulen gestützt wurde. Rechts an der Bar hockten zwar einige männliche Gestalten, doch insgesamt ähnelte das riesige weiß geflieste Etablissement einem unbestückten Fleischereigroßhandel.
    Aber das sollte ihm egal sein, er hatte schließlich einen Auftrag zu erfüllen. So nickte Olli dem nächsten herumlungernden männlichen Gast zu und setzte sich neben ihn auf einen Barhocker, um einen Drink zu ordern. Während er versuchte, den Barkeeper ausfindig zu machen, taxierte Olli vorsichtig aus den Augenwinkeln seinen Sitznachbarn, der sich über die unerwartete Abwechslung zu freuen schien. Eigentlich wirkte er mit seinem gegelten Bürstenhaarschnitt und dem gleichmäßig gebräunten Teint ein bisschen zu elegant für diesen Tanzschuppen. Vermutlich sollte die lässige Kleidung darüber hinwegtäuschen.
    Ungefragt brachte sein Nachbar die Stimmung im Tanzcafé auf den Punkt. »Schwanzparade heute.«
    Olli schaute sich um und musste zustimmen, denn in der Tat langweilten sich nur Männer am Tresen. »Ist es denn sonst anders hier?«, fragte er vorsichtig nach.
    Sein Sitznachbar winkte ab. »Nein. Das Hauptgeschäft ist heute schon gelaufen. Die vom Altersheim schlagen meistens mittags so gegen zwei auf. Die kommen teilweise mit dem Rollator angewackelt und schleppen im Gepäckkorb ihre alten Tanzschuhe mit.« Jetzt zeigte sein Sitznachbar auf den Wirt. »Nöffi muss ihnen oft helfen, die viel zu engen Lackschuhe über die Wasserfüße zu stülpen. Aber du glaubst nicht, wie die halbtoten Dinosaurier nach zwei Kurzen förmlich über das Parkett schweben.«
    Ollis Blick folgte dem Finger seines Sitznachbarn, der die Bewegungen und Pirouetten auf dem Tanzparkett nachahmte. Dabei bemerkte er eine kleine Tätowierung auf dem Handrücken, die das Gesamtbild ein wenig trübte. Als sein Nachbar den Finger ausstreckte, um die Aufmerksamkeit des schweißgebadeten silbergelockten Wirts auf sich zu ziehen, konnte Olli feststellen, dass es sich bei der Tätowierung um einen mathematischen Bruch handeln musste. Oben war vermutlich ein großes I oder J zu erkennen, unter dem Bruchstrich zweifelsfrei eine zwei. Ollis Blick folgte anschließend dem Fingerzeig, doch besonders knusprig anzusehen war der Wirt nicht, zumal sein aufgeschwemmtes Gesicht neben hervorstechenden riesigen, roten Segelohren eine Nase aufwies, die man entweder nur Steckdosen oder Schweinen zuordnen konnte. Das erklärte zumindest seinen Spitznamen Nöffi.
     
    Weil der Wirtsmann, der jetzt seinen Blick erwiderte, ein außerordentlich gehetzt wirkendes Gesicht aufsetzte, als wenn feindliche Schützenpanzer vor ihm aufgezogen wären, fiel es Olli zunächst ausgesprochen schwer, seinen Wunsch zu äußern. Aber sein stechender Durst setzte sich schließlich durch. »Einen Rum-Schuss, bitte.«
    Der Wirt blickte ihn verständig an und nickte mitfühlend, aber in der Folge passierte nichts. Warum bewegte er sich denn nicht? Sicherlich, er war weit über die 60 Lenze hinaus, aber auf den ersten Blick wirkte er durchaus souverän, wenngleich ausgesprochen angestrengt. Sollte er vielleicht Hörschwierigkeiten haben? Olli wiederholte deswegen ein wenig lauter die Bitte nach seinem Mischgetränk.
    Wieder sah ihn der Wirt verständig an, aber er setzte sich immer noch nicht in Bewegung, um den Drink zu mischen.
    Immerhin sah er ihn jetzt erwartungsvoll an, als wenn er auf eine Bestellung lauern würde. Sein Sitznachbar raunte ihm die Lösung zu. »Nöffi ist ein feiner Kerl, aber mit dem Hören ist es nicht allzu gut bei ihm bestellt. Zeig ihm einfach, was du willst.«
    Notgedrungen vollführte Olli mit der rechten Hand eine eindeutige Schluckbewegung, zeigte auf die Rum-Flasche und anschließend auf eine Cola-Flasche auf dem Tresen. Dann reckte er

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