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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Größe. Entrüstet hob er die Hände. »Mensch, Hans-Harald. Natürlich ging bei mir nie etwas nach einem Abend hier im Loch, aber ich bin wenigstens schön angedüst an warmem und weichem Fleisch eingeschlafen. Wer hat das schon? Du? Oder dein Kollege vielleicht?«
    Nöffi wartete keine Antwort ab und füllte sein Whiskyglas wieder auf. Verschnitt war es nicht, so edel, wie die Flasche aussah. Ob edler Whisky Nöffi zu besserer Gesundheit verhalf, daran hegte Olli jedoch Zweifel.
    Seinen Sitznachbarn konnte er nur schwer einschätzen. Wenn man sich abends in einem Fummelbunker wie dem Tanzcafé Mondragon herumtrieb, dann befand man sich auf der Reise aus der Einsamkeit heraus in beliebige Bekanntschaften.
    Nöffi beugte sich jetzt vertraulich zu den beiden nach vorne. »Glaubt mir, egal, wo ich aufgewacht bin, jeden Morgen bin ich unter Ausflüchten geflohen. Manchmal war es nicht ganz einfach, ohne Gesichtsverlust das Weite zu suchen.«
    Ungläubig fragte Hans-Harald nach. »Warum bist du dann überhaupt mit den alten Schnecken ins Bett gestiegen? Whisky hält doch auch warm.«
    Jetzt krochen Dollarzeichen in Nöffis Augen. »Verstehst du nicht, Harald? Die Damen sind allesamt mit ihren Freundinnen hierher gekommen und haben sich ausgesprochen großzügig gezeigt. Mein Großgeschäft mache ich nachmittags von drei bis sechs, den Rest sitze ich meine Zeit hier ab. Das ist aber immer noch besser, als wie Pimmel …«
    Hans-Harald zog schnell den erhobenen Finger vor seinen Mund. Nöffi verstummte sofort. Dieser Patrick Immel hielt hier vermutlich eine herausragende Position inne.
    Ausgesprochen unruhig rutschte Hans-Harald auf dem Barhocker herum, und deswegen kommentierte Olli diesen Auftritt auf seine eigene Art. »Der Pimmel zieht mit seinem Gehabe die guten Frauen ab, und ihr dürft euch im Restestechen üben.«
    Hans-Harald sah ihn verständnislos mit großen Augen an. »Das hat aber auch einen Haufen Vorteile.«
    Vorteile konnte sich Olli nicht so recht vorstellen, und so sah er seinen Sitznachbarn fragend an.
    Hans-Harald schob die Erklärung nach. »Na ja, unter uns. Die jungen Dinger kosten nur Geld. Die wollen alles ausgegeben haben, am liebsten Champagner. Wenn es so weit ist, dann zieren sie sich. Bei den Älteren kommst du viel einfacher zum Stich, und die zeigen sich hinterher dankbar, selbst wenn du breit gewesen bist. Genau, was Nöffi erzählt hat. Im Übrigen sind die finanziell meistens besser bestückt, bei denen laufen die Mäuse nicht mit verweinten Augen durch den Kühlschrank.«
     
    Olli bemerkte, dass Hans-Harald jetzt Augenkontakt mit einer von den älteren Kolleginnen aufgenommen hatte. Dennoch, dieser Patrick Immel schien den Laden mit seiner Großmannssucht zu beherrschen. Laut singend gab er bei Nöffi seine Bestellung auf. »Champagner für die Damen, und für mich das Hartgetränk.«
    Hans-Harald lieferte die Erklärung. »Das ist aus einem alten Harald-Juhnke-Song. Pimmel bringt den jedes Mal, ersetzt aber ›Herrengedeck‹ durch ›Hartgetränk‹. Der Zeitgeist, du weißt? Aber schau mal, Nöffi hat schon längst eingeschenkt.«
    In der Tat stellte Nöffi jetzt unter dem Gejohle der Damenriege die Getränke zur Abholung auf den Tresen.
    »Warum muss dieser Pimmel denn nicht sofort bezahlen?«, fragte Olli nach.
    Die Antwort von Hans-Harald war verblüffend. »Weil ihm der Schuppen gehört.«
    Das erklärte natürlich einiges. Olli überlegte fieberhaft, wie er sich möglichst unverdächtig an ihn heranmachen konnte. Er nahm sich einen Schreiber und einen Zettel vom Tresen, auf den er seine Handynummer schrieb und den Namen Robert Halbedel. Dann stieß er Hans-Harald an, der mit den Augen kaum noch von der einen Dame ablassen konnte. »Hans-Harald, ich muss dringend mit dem Pimmel sprechen. Kannst du ihm nicht diesen Zettel geben? Dann hast du einen Grund, dich an deine Herzensdame neben ihm heranzumachen.«
    Hans-Harald beäugte ihn misstrauisch. »Ist da auch kein Stress drauf? Patrick kann leicht sauer werden. Oder willst du Schnee?«
    Olli verneinte. Seltsam, schon wieder fiel das Wort ›Schnee‹. Rasch nestelte er aus der Hosentasche einen Hunderter. »Ist da etwa Stress drauf?«
    Hans-Harald schüttelte den Kopf und steckte den Schein weg. Er machte sich aber nicht mit dem Zettel auf den Weg, sondern musterte Olli neugierig.
    Auf einmal erregte ein Aufschrei am hinteren Ende des Tresens die Gemüter. Nöffi war offensichtlich aus den Latschen gekippt. Sofort lösten sich

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