Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Frau auf der Parkbank rührt sich. Forschend blickt sie sich um, gleichzeitig tastet sie ihre rechte Hosentasche ab, dann steht sie auf. Volltreffer!
Als sie sich in Bewegung setzt, hefte ich mich an ihre Fersen. Die Bluse mit der großen Schleife weist mir den Weg. Ich folge ihr mit einigen Metern Abstand durch mehrere Gassen, bis wir auf die nächsthöhere Terrasse gelangen, von wo aus ich die gesamte Biosphäre überblicken kann. Die Straßen wimmeln vor Menschen und ich bin zur Untätigkeit verdammt. Schließlich biegt die alte Frau in einen leeren Hauseingang. Ich schätze, sie sucht ein einsames Plätzchen, um sich Jimmys Nachricht anzuschauen. Hastig blicke ich mich um. Jetzt oder nie. Leise pirsche ich mich an sie heran, bis ich dicht hinter ihr stehe. Gerade will ich in Aktion treten, da wirbelt sie herum und verpasst mir eine Handkante gegen den Hals. Ich spüre ein leichtes Brennen, dann wird mir schwarz vor Augen. Scheiße.
9. Die Menschen san schlimm
„Ich habe dich an deinem Gang erkannt, du perverses Schwein!“
Das darf doch nicht wahr sein. Es gibt hunderte von Securities in Sphäre 5 und ich gerate ausgerechnet an denjenigen, dem ich mich vor mehreren Wochen unsittlich genähert habe.
„Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
„Ach nein?“ Die alte Dame verpasst mir einen Schlag mit der flachen Hand. „Hübsches Kind, lass uns dort ins Café gehen“, äfft sie mich perfekt nach. „Ich werde mich erkenntlich zeigen.“ Eine wirklich talentierte Oma.
„Das war ich nicht.“
Patsch!
„Bitte“, krächze ich. „Lassen Sie mich gehen! Ich habe Ersparnisse. Die können Sie haben.“
Sie lacht mir ins Gesicht. „Ich will dein Geld nicht. Bald habe ich mehr Kohle als ich ausgeben kann.“
Denkst du.
„Ich bin nicht der, für den Sie mich halten. Ich bin Sales Manager bei !NR! und heute das erste Mal in Sphäre5 .“
„Bullshit! Ich weiß genau, wer du bist. Typen wie du gehören kastriert!“
„Bitte lassen Sie mich gehen!“ Meine Stimme ist um eine Oktave schriller geworden. Dann schluchze ich – mir kommen die Tränen von ganz allein, so herzerweichend klingt es. „Ich habe nichts Schlimmes getan.“
„Aber das wirst du vielleicht noch.“ Ihrer Stimme nach zu urteilen besitzt die Oma kein Herz. „Mich kannst du mit deinem weinerlichen Gejammer nicht täuschen. Ich wurde ausgebildet, um Lügner zu entlarven.“
„Was haben Sie mit mir vor?“ Meine Stimme ist nur noch ein Flüstern.
„Weiß ich noch nicht.“
Sie scheint nicht die Cleverste zu sein.
„Hauptsache, es wird für dich eine schmerzhafte Erfahrung.“
Vielleicht irre ich mich auch.
„Das kö … können Sie nicht tun.“ Ich ächze, halte die Luft an, bis ich rot anlaufe und meine Augen fast aus ihren Höhlen treten. „Bitte …“, stammele ich noch, bevor ich seitlich umkippe. Ein Seufzen, dann bin ich weggetreten.
Erwartungsgemäß ist die Oma verunsichert. Ich höre, wie sie leise flucht und sich nähert. Als sie sich zu mir beugt, verpasse ich ihr eine Kopfnuss seitlich gegen die Schläfe. Das reicht, um sie wanken zu lassen, dann rolle ich mich herum und bringe sie zu Fall. Ein weiterer harter Schlag mit dem Hinterkopf bricht ihr die Nase und befördert sie ins Abseits. Das ist gut so, denn ich brauche eine gefühlte Ewigkeit, bis ich mich endlich von den Fesseln befreien kann.
Die Oma ist nicht nur eine wahre Bondage-Künstlerin, sondern auch männlichen Geschlechts, wie ich kurze Zeit später feststelle, als ich ihr die Polymerhaut vom Gesicht reiße: ein glatzköpfiger Mann mittleren Alters mit Fischlippen. Ich nehme an, er hat beobachtet, wie Lionel im Blumenkübel entsorgt wurde und die Leiche gefleddert. Lange starre ich ihn an, dann werfe ich meine Skrupel über Bord. Security-Nr. 493k hat eine Strafe verdient, deshalb wird meine nächste illegale Handlung auf sein Konto gehen. Ein Kinderspiel, zumal ich nach wie vor die Dublette seiner ID besitze.
Während Fischlippe zwischen den blitzblanken Deko-Mülltonnen schlummert, suche ich seinen schlaffen Körper nach dem Virtuellen Kommunikator ab. In der rechten Hosentasche werde ich fündig. Ein wirklich schönes Stück. Ich bin neugierig, welches Geheimnis sich darin verbirgt. Zwar habe ich Jimmy etwas versprochen, doch diese Gelegenheit kann ich mir nicht entgehen lassen. Ich bin gern über meine Feinde im Klaren und noch mehr über meine Auftraggeber.
Gerade will ich
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