Frisch getraut: Roman (German Edition)
war Scheiße, und schuld an allem war eine gewisse LiebesromanAutorin, die an Liebe und Helden und ein Happyend glaubte.
In der nächsten Woche ging Sebastian kaum vor die Tür. Nur zum Lebensmittelladen, um sich Brot, Sandwich-Fleisch und Bier zu kaufen. Wenn sein Vater anrief, sprachen sie über alles Mögliche außer über Clare. In stillschweigender Übereinkunft mieden sie das Thema, doch das hieß nicht, dass er nicht von früh bis spät an sie dachte.
Neun Tage, nachdem er in seinen Geländewagen gesprungen und außer sich vor Wut von Boise bis nach Seattle gerast war, stand er in seinem Wohnzimmer und schaute hinaus zu den Schiffen und Fähren in der Elliott-Bucht. Er mochte keine Veränderungen. Schon gar nicht, wenn er sie nicht hatte kommen sehen und anscheinend nichts dagegen tun konnte. Veränderungen machten ihn hilflos. Sie bedeuteten, dass man von vorn anfangen musste.
Er dachte an Clare und an den Abend, an dem er sie in dem pinkfarbenen bauschigen Kleid auf dem Barhocker entdeckt hatte. In jener Nacht hatte er sie ins Bett gebracht, und am Morgen hatte sich sein Leben verändert. Damals hatte er es nicht gewusst, doch sie war in sein Leben getreten und hatte
es für immer umgekrempelt, ungeachtet dessen, ob ihm das nun gefiel oder nicht, ob er das nun wollte oder nicht. Er hatte sich verändert. Er spürte es an der Leere in seiner Brust und an dem Hunger in seinem Bauch, der nichts mit der Aufnahme von Nahrung zu tun hatte. Er spürte es daran, dass er auf die Stadt hinausblickte, die er liebte, und trotzdem woanders sein wollte.
Er liebte Seattle wirklich. Abgesehen von den ersten paar Jahren seines Lebens hatte er immer in Washington gelebt. Seine Mutter lag hier begraben. Er liebte das Wasser und die Lebendigkeit und das Pulsieren der Stadt. Er liebte es, sich ein Mariners- oder Seahawks-Spiel anzusehen, wenn er Lust dazu hatte, und er liebte den Blick auf den Mount Rainier von den Fenstern seiner Eigentumswohnung. Er hatte sich den Hintern abgearbeitet für diesen Blick.
Er hatte Freunde in Washington. Gute Freunde, die er im Lauf seines Lebens gefunden hatte. Er lebte hier, doch es fühlte sich nicht mehr wie sein Zuhause an. Er gehörte an einen Ort vierhundert Meilen von hier, zu der Frau, die ihn liebte. Zu der Frau, mit der er gern seine ganze Freizeit verbrachte und die seine Lieblingsgesprächspartnerin war.
Sebastian senkte den Blick auf die Straße unter ihm. Er mochte Clare nicht nur. Es hatte keinen Zweck, dagegen anzukämpfen. Es war sinnlos, und er erkannte die Fakten, wenn sie ihm sozusagen ins Gesicht sprangen. Er liebte die Art, wie sie lachte, und die Farbe, mit der sie ihre Fußnägel lackierte. Zwar liebte er nicht das ganze mädchenhafte Spitzenzeugs in ihrem Haus, aber er liebte es, dass sie so mädchenhaft war. Er liebte sie, und sie liebte ihn. Und ausnahmsweise einmal in seinem Leben fühlte sich das nicht wie etwas an, wovor man weglaufen musste.
Er drehte sich um und presste den Rücken gegen das Fenster. Er liebte sie. Er liebte sie, und er hatte sie verletzt. Er erinnerte sich an den Ausdruck in ihrem Gesicht, als sie sich abwandte, und er glaubte nicht, dass er einfach den Hörer in die Hand nehmen und sagen konnte: »Hey, Clare. Ich hab darüber nachgedacht, und ich liebe dich.«
Stattdessen nahm er den Hörer in die Hand und rief seinen Dad an. Nicht, dass Leo ein Experte war, wenn es um Frauen und Liebe ging, aber er wüsste vielleicht, was zu tun war.
Clare stöberte auf dem Dachboden ihrer Mutter nach einem Bettbaldachin. Sie hatte schon die ganze Stadt abgeklappert, aber keinen gefunden, der ihr gefiel. In den Stapeln Bettwäsche auf dem Dachboden der Wingates würde sie sicher fündig werden.
Am Tag, nachdem sie Sebastian gesagt hatte, dass sie sich nicht mehr mit ihm treffen konnte, hatte sie ihre Battenberg-Spitze abgenommen. Er hatte das Zeugs gehasst, und jetzt erinnerte es sie zu sehr an ihn. Sie ertrug es einfach nicht, jeden Abend, wenn sie ins Bett ging, da hochzuschauen.
Es war jetzt drei Wochen her seit dem Tag im Einkaufszentrum, als sie Lonny über den Weg gelaufen war und feststellte, dass sie sich schon wieder in einen Mann verliebt hatte, der unfähig war, ihre Liebe zu erwidern. Und diesmal konnte sie nicht einmal sagen, dass Sebastian sie belogen hatte. Er hatte sie nie geliebt, und sie hatte es von Anfang an gewusst. Sie hatte nur nicht gewusst, dass sie sich in ihn verlieben würde.
Nach dem Streit im Garten ihrer Mutter
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