Friss oder stirb
Hof geboten wird, reicht von Gemüse, Beeren und Getreide über Brot, Milch und Käse bis hin zu Fleisch und Fleischprodukten. Die Ziegen- und Kuhmilch wird in der hofeigenen Molkerei zu 40 verschiedenen Milchprodukten verarbeitet, darunter zahlreiche Käsesorten wie Rohmilchkäse, Gouda und Tilsiter in mehreren Variationen, Camembert, Brie, Romadur, vollreifer Bergkäse etc. Das Sortiment an Fleisch- und Wurstwaren umfasst stolze 70 Artikel. „Die Mitglieder unserer solidarischen Landwirtschaft können aus einem sehr reichhaltigen Sortiment wählen. Weite Transportwege fallen völlig weg“, sagte Mathias von Mirbach.
Die Waren werden in Hamburg an neun Depots verteilt, wo die Mitglieder sie selbst entnehmen können. Die Produkte des Kattendorfer Hofes sind außerdem für jedermann und jederfrau in den beiden Hofläden des Betriebes in Hamburg und in Kattendorf erhältlich, also auch für Nicht-Mitglieder des solidarischen Landwirtschaftsprojektes.
Clemens G. Arvay : Weshalb haben Sie sich als Produzent für die solidarische Landwirtschaft entschieden?
Mathias von Mirbach : Aus meiner Sicht ist es die Aufgabe der Bauern, die natürlichen Grundlagen der Landwirtschaft zu erhalten und zu pflegen, sprich: Boden, Saatgut, Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt. Die Gewinnmaximierung darf in der Lebensmittelproduktion nicht das höchste Ziel sein. Heute sind wir auch im Bio-Bereich voll in der Marktwirtschaft drinnen. In der Landwirtschaft geht es meiner Meinung nach aber nicht in erster Linie darum, möglichst viel Geld zu verdienen, sondern darum, Lebensmittel für die Menschen herzustellen. Außerdem ist Landwirtschaft ein hochpolitisches Thema, denn mit unserer mitteleuropäischen Wohlstandsgesellschaft, unserem Überverbrauch und dem Wegschmeißen von Lebensmitteln erzeugen wir Armut in den Ländern des Südens. Und dagegen sträube ich mich als Landwirt. Das ist nicht meine Aufgabe, und das ist nicht, was ich will. Dass diese Entwicklung auch im Bio-Bereich um sich greift, macht mich ehrlich gesagt traurig.
In diesem Zusammenhang ist die Bedeutung der solidarischen Landwirtschaft nicht hoch genug einzuschätzen, weil sie die Verantwortung für Ernährung und Lebensmittel wieder dorthin bringt, wo sie hingehört: zu jedem Einzelnen! Denn jeder Mensch hat selbst die Möglichkeit, mitzuentscheiden, wie Landwirtschaft gestaltet wird. Jeden Tag, wenn ich die Entscheidung treffe, ein Produkt zu kaufen oder aus einem Regal zu nehmen, sorge ich dafür, dass genau das gleiche Produkt wieder dorthin gestellt wird. Das heißt, ich unterstütze genau diese Art der Produktion. In der solidarischen Landwirtschaft kauft man aber kein Kommerzprodukt mehr, für das alle Entscheidungen bereits im Vorfeld von einem Konzern getroffen wurden, sondern man spricht selbst ein Wort mit, wenn es um die Gestaltung der Produktion geht. In diesem Konzept besteht eine enge Beziehung zwischen den Produzenten und den Konsumenten und es findet Austausch statt. Die Entscheidungen werden gemeinsam getroffen und nicht vom Handel diktiert. Die solidarische Landwirtschaft ist die Landwirtschaft der Zukunft!
Das weltweite Netzwerk „Urgenci“ für solidarische Landwirtschaft ist online unter www.urgenci.net vertreten.
Das Konzept der solidarischen Landwirtschaft wird zwar schon vielerorts praktiziert, es besteht aber kein Zweifel daran, dass das Netzwerk solcher und ähnlicher Alternativen noch des flächendeckenden Ausbaus bedarf, um eine ernst zu nehmende Alternative für die Zukunft darzustellen. Je mehr Konsumentinnen und Konsumenten sowie Bäuerinnen und Bauern sich für solidarische Landwirtschaft interessieren und bereit sind, sich auch aktiv an der Gründung neuer Projekte und Wirtschaftsgemeinschaften zu beteiligen, desto größer ist die Chance, in Zukunft ein flächendeckendes Netzwerk für solidarische Landwirtschaft vorzufinden. Wenn Sie Interesse haben, sich an der Ausgestaltung eines solchen Netzwerks zu beteiligen oder die solidarische Landwirtschaft gerne in Ihrer Region etablieren oder unterstützen möchten, können Sie sich an folgendem Leitfaden orientieren:
Leitfaden zur Gründung eines neuen Projektes der solidarischen Landwirtschaft in Ihrer Region
1. Informationsbeschaffung
Informieren Sie sich über die solidarische Landwirtschaft und ihre Modelle und Konzepte. Information finden Sie beispielsweise online unter www.frissoderstirb.info und www.solidarische-landwirtschaft.org
2. Vergleich mit Alternativen
Sehen
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