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Friss oder stirb

Friss oder stirb

Titel: Friss oder stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G. Arvay
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Ein weiterer Grund für den Ausbruch von Federnkannibalismus ist die fehlende Hackordnung. In großen Herden kann sich keine natürliche Sozialstruktur entwickeln, was zu einem erhöhten Stressniveau und gestörtem Verhalten führt.

    Die Tiere waren also sichtlich verhaltensgestört und nervös. Für das Fernsehpublikum, das üblicherweise nur die von Werbefachleuten romantisch in Szene gebrachten Bilder von glücklichen Bio-Hühnern im grünen Gras in den Kopf gehämmert bekommt, mussten die Aufnahmen einer so verstörenden Bio-Realität schwer zu verdauen gewesen sein.
    Fürstenhof-Geschäftsführer Behrens betonte abermals, dass die gezeigten Bilder die aktuellen Bedingungen in der betroffenen Anlage des Fürstenhofs nicht wiedergeben würden.
    Es reizte mich daher immer mehr, doch noch einen Blick in das Innere der Bio-Produktionshallen zu erhaschen, die sich hinter mir aus dem Erdboden erhoben und aus denen mir ein unangenehmer Geruch in die Nase stach. Der dichte, durch die Mauern gedämpfte Klangteppich des nervösen Gackerns aus dem Inneren der Ställe ließ auf die hohe Anzahl an Tieren schließen, die sich dahinter verbargen.
    „Wenn Sie also nichts zu verstecken haben“, fuhr ich fort, „weshalb gehen Sie dann nicht mit mir gemeinsam durch eine der Hallen hinter uns?“ Ich sprach damit beide Männer an und ließ meinen Blick zwischen ihnen hin- und hergleiten. Dann legte ich noch nach: „Ich lasse meine Kamera draußen. Sie können mich sogar durchsuchen, bevor wir das Gebäude betreten.“ Ich ging davon aus, dass mir mein Wunsch – wenn auch widerwillig – gewährt werden würde.
    Doch ich hatte mich getäuscht: „Unsere Tore bleiben verschlossen, und das gilt nicht nur für Sie“, wiederholte der Geschäftsführer seine Absage.
    Von der Straße aus bog ein weiterer geländetauglicher Wagen ein, hielt kurz an und wurde daraufhin querfeldein über die Wiese bis zu uns gesteuert, denn die schicke Fürstenhof-Limousine blockierte nach wie vor die Einfahrt. Ein Mann stieg aus, ich streckte ihm höflich und formal meine Hand zur Begrüßung entgegen und er drückte zu – so fest, dass es schmerzhaft war. Dabei zog er mich ruckartig in seine Richtung. Ich setzte meinen rechten Fuß blitzschnell nach vorne, um nicht zu stürzen. Der Mann stellte sich auf meine Nachfrage als Gottfried Marth vor. Er war der Vorstandsvorsitzende des Biopark -Verbandes für ökologischen Landbau, in dem auch die Erzeugergemeinschaft Fürstenhof Mitglied ist. Im Klartext: Fürstenhofware ist biologische Verbandsware, die also nach höheren Standards zertifiziert ist, als das bloße EU-Biozeichen verlangt. Der Biopark-Verband soll laut unternehmenseigener Homepage unter anderem „den Bedürfnissen der Tiere gerecht werden“, sich „sozial engagieren“ und „die Herkunft der Bioprodukte transparent machen“ [5] . Die drei Herren, die mich umringt hatten, kannten sich untereinander offenbar gut. Über meine Anwesenheit in der Nähe des Fürstenhofes hatten sie einander in kürzester Zeit informiert. Sollte eine Verbindung vorliegen, wäre dies nichts Ungewöhnliches in der Lebensmittelindustrie. Zertifizierer, Verbandsleiter und Großproduzenten stehen einander oft näher, als so manche Konsumentin oder so mancher Konsument annehmen dürfte. Auch Doppel- und Mehrfachfunktionen sind keine Seltenheit.
    Auch in Österreich findet man ähnliche Konstellationen. So ist beispielsweise Werner Lampert, der Gründer der Biomarke Zurück Zum Ursprung von HOFER (ALDI SÜD in Österreich), gleichzeitig verantwortlich für das Gütesiegel Prüf Nach! , das exklusiv an die Produkte dieser Marke vergeben wird. Das brandneue Qualitätszeichen Fairify , das künftig für nachhaltige und faire Produktionsbedingungen stehen soll, wurde ebenfalls von Lampert eingeführt. Damit noch nicht genug: Der im Marketing des Discounters HOFER sowie in den Medien als „Österreichs Biopionier“ bekannt gewordene Multifunktionär ist außerdem Geschäftsführer eines der größten Produktionsbetriebe für Biogemüse in Österreich, nämlich des Csardahofes. Dort – und so schließt sich der Kreis – wird exklusiv für die Biomarke Zurück Zum Ursprung von HOFER produziert, für die die sogenannte Werner Lampert Beratungsges.m.b.H. mit dem Qualitätsmanagement beauftragt ist. Auf biologisches Feingemüse für Zurück Zum Ursprung , vor allem auf Blatt- und Fruchtgemüse, hat der Csardahof sogar die Hoheit. Ein Detail in diesem Geflecht: Der

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