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Friß Vogel - oder stirb

Friß Vogel - oder stirb

Titel: Friß Vogel - oder stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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klagen, aber irgend etwas an diesem Arrangement gefiel mir nicht. Bertha und Frank grinsten sich ununterbrochen an wie zwei Verschwörer. Wer uns auch beobachten mochte — es war ihnen offensichtlich völlig egal.
    Ich beteiligte mich nur spärlich an der Konversation und musterte statt dessen die Umgebung. Unser Tisch stand genau im Mittelpunkt des Speisesaales. Jeder konnte uns und unser luxuriöses Mahl sehen, mit Ausnahme der Leute in den Nischen. Darin saßen meist Pärchen, die sehr diskret zu ihren Plätzen geleitet wurden. Ein Kellner zog die Vorhänge zur Seite, und sie verschwanden in ihrer Zweisamkeit.
    Die Nischen und überhaupt der Rand des Speisesaales lagen in tiefem Schatten, verglichen mit der Festbeleuchtung in der Mitte. Und im Zentrum des Lichtkegels saßen wir.
    Im Restaurant war eine Menge los. Der Saal war voll. Hier und da entdeckte ich ein paar Berühmtheiten, darunter Colin Ellis, den Journalisten.
    Ein Kellner tauchte neben mir auf. »Könnten Sie einen Anruf entgegennehmen, Mr. Lam?« fragte er höflich. »Die Person am Apparat sagt, es handle sich um eine Angelegenheit auf Leben und Tod.«
    Ich entschuldigte mich bei meinen Tischgenossen. Bertha und der Polizist bemerkten meinen Abgang kaum.
    Ich folgte dem Kellner in die Halle zum Telefon. Eine hohe aufgeregte Stimme schrie mir ins Ohr: »Man hat Sie reingelegt! Lassen Sie sich auf nichts ein. Achtung Falle!«
    »Was für eine Falle?« fragte ich.
    »Seien Sie nicht so blöd. Es ist eine Falle!«
    Am anderen Ende wurde aufgelegt.
    Ich ließ mich mit der Telefonzentrale des Restaurants verbinden und versuchte, dem Anruf auf die Spur zu kommen — vergeblich. Schließlich ging ich in den Saal zurück.
    Eine Kellnerin mit toller Figur balancierte gerade mit ihrem vollen Tablett vor den Nischen entlang. Das Tablett ruhte fachmännisch auf ihrer rechten Handfläche und rechten Schulter. Ich stand ihr im Weg. Sie sah sich hilfesuchend um, und ich machte zuvorkommend Platz. Dabei drückte ich mich gegen den Vorhang einer Nische. Es war der einzige Ausweg. Ich betrat die Nische nur ein kleines Stück, und der Vorhang teilte sich nicht mehr als vielleicht fünf oder zehn Zentimeter. Ich stand mit dem Rücken zum Innern.
    Die Kellnerin warf mir einen dankbaren Blick zu. »Danke, Sie sind sehr entgegenkommend«, flötete sie.
    Für den Fall, daß die Nische besetzt war, sagte ich über meine Schulter: »Pardon, ich mache nur einer Kellnerin Platz.«
    Das Mädchen war vorbei, und ich ging zurück an unseren Tisch. Bertha plapperte wie ein Wasserfall. Sellers saß mit gerötetem Kopf vor seinem Champagner und beachtete mich kaum.
    Eine neue Kellnerin steuerte auf Nische 13 zu, wo ich gerade mit dem Rücken Zuflucht gesucht hatte. Sie trug ein Tablett, hochbeladen mit einem chinesischen Menü, Schüsseln über Schüsseln.
    Ich beobachtete, wie sie den Vorhang zurückschlug.
    Sie sah in die Nische. Sie starrte und starrte. Dann taumelte sie einen Schritt zurück. Und plötzlich schrie sie. Es war ein schriller markerschütternder Laut.
    Sie schwankte einen Moment, suchte nach Halt, dann kippte sie um. Die Schüsseln polterten mit gewaltigem Krach zu Boden. Der Vorhang der Nische fiel wieder zusammen.
    Im Restaurant herrschte entsetztes Schweigen. Die Leute sahen sich starr an oder blickten wie hypnotisiert auf die reglose Figur der Kellnerin. Dann sprang ein Mann auf. Er beugte sich über das Mädchen.
    Wie aus dem Nichts tauchte jetzt der Oberkellner auf. Er machte einen vorsichtigen Bogen um die Kellnerin und das verschüttete Essen, zog den Vorhang der Nische zur Seite und blickte hinein.
    Frank Sellers sah mich an. »Was, zum Teufel, haben Sie mit der Kellnerin dort angestellt?«
    »Ganz und gar nichts«, erwiderte ich konsterniert.
    »Doch. Sie haben Ihr Avancen gemacht. Hab’ ich genau gesehen.«
    »Sie verwechseln das mit einer anderen Kellnerin. Und einer anderen Nische.«
    Der Oberkellner kam hervorgestürmt. Er begann zu rennen und schrie immerzu: »Mord! Mord!« Dann bekam er sich unter Kontrolle, und aus dem Rennen wurde ein Geschwindschritt.
    Sellers stieß abrupt seinen Stuhl zurück und machte sich zum Ausgang davon.
    »Verdammt, was ist los?« fragte Bertha.
    Die Kellnerin, die das Essen fallen gelassen hatte, stand wieder auf den Beinen. Auch sie stürmte davon, Richtung Küche. Essen und Schüsseln blieben auf dem Boden liegen.
    Urplötzlich teilte sich die Menge in zwei Hälften. Die eine bestand aus Neugierigen, das waren Männer

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