Fröhliche Ferien am Meer
sie
und verbeugte sich mit seiner sonderbaren altmodischen Höflichkeit. Er sah wild
und grau aus, genau wie der Tag selbst.
»Guten Tag. Ein unfreundliches
Wetter. Das richtige für traurige und einsame Gedanken. Aber Sie haben bestimmt
glückliche Gedanken; Sie sind doch noch so jung.«
Die Vertraulichkeit der
Bemerkung überraschte sie, aber sie antwortete ruhig: »Glauben Sie nicht, daß
jeder einige unglückliche Erinnerungen hat? Wenn das nicht so wäre, würden wir
immer zurückschauen und wünschen, die Vergangenheit würde wiederkehren.«
Er dachte ernsthaft darüber
nach, dann sagte er: »Das mag sein. Viele führen ein trauriges Leben. Meines
war jahrelang unglücklich — und dann kam sie. Und Sie sind ihre Tochter. Kommen
Sie nur in meine Wohnung und sehen Sie sich den Schatz an, den sie mir
hinterlassen hat.«
Angela ging mit, obwohl sie
fühlte, wie die Ungeduld in ihr hochstieg. Er mochte bemitleidenswert sein,
aber er war wirklich verrückt, Alicia Standish in einem so rosigen Licht zu
sehen. Dann fiel ihr ein, daß das auch andere getan hatten. Ihr Vater war ein
völlig normaler Mensch gewesen, aber auch er hatte sie für eine Göttin
gehalten, als er sie heiratete, und auch noch einige Jahre später. Es mußte
etwas Außergewöhnliches sein, eine solche Schönheit zu besitzen.
Sie folgte ihm in das kleine
Haus und fühlte sich überhaupt nicht unbehaglich. Sie war sicher, daß er zu ihr
freundlich sein würde und auch für alle anderen harmlos war.
Das kleine, saubere Zimmer
wurde von einer vergrößerten Fotografie ihrer Mutter beherrscht. Es war
dieselbe, die in Freddies Schlafzimmer an der Wand hing. Alicia lächelte in
ihrem Samtkleid mit trügerischer Lieblichkeit von einem Regal, auf dem eine
Vase mit frischen Blumen stand. Die Blumen waren ungeschickt arrangiert, aber
leuchtend und schön.
»Ich züchte sie für sie. Sie
muß jeden Tag ein Geschenk an ihre Schönheit bekommen.«
Angela schämte sich, weil sie
das Bedürfnis hatte, zu lachen. Schnell sprach sie von dem Reiz des Bildes und
sagte, daß sie Mutter genauso in Erinnerung habe.
»Ich sehe sie immer, auch wenn
sie nicht körperlich anwesend ist. Sie kommt durch die Türe und sagt: »Geoffrey,
mein alter Freund, du bist meine Zuflucht. Du allein verstehst mich. Laß mich
bei dir sitzen und vergessen.«
Das war zuviel des Guten, und
Angela konnte ein leichtes Lächeln nicht zurückhalten. Das sah Mutter ähnlich. Voller
Dramatik und wahrscheinlich unmittelbar einem ihrer alten Romane entnommen.
Aber trotz ihrer Ungeduld hatte sie tiefes Mitleid mit dem alten Mann, und sie
ermutigte ihn, von seiner Göttin zu sprechen. Er war rührend dankbar, und ihre
Freundschaft wuchs, als sie die Aufgabe übernahm, seine Einkäufe für ihn zu
übernehmen und sie ihm zu bringen.
Freddie sagte natürlich von
oben herab: »Mich würde er bestimmt am liebsten mögen, weil ich die einzige
bin, die wie Mutter ist. Nimm mich demnächst einmal mit zu ihm.«
Aber inzwischen hatte Angela
erkannt, wie unausgeglichen seine geistige Verfassung war, und sie stimmte mit
Dr. Wyatt überein, daß der Anblick von Freddie für seine noch vorhandene
geistige Gesundheit gefährlich sein konnte.
Heute konnte sie es nicht
abwarten, Matthews zu verlassen, denn sie freute sich auf den Ritt mit Stephen.
Es war ein herrlicher Abend, und sie hatte wirklich recht gehabt mit ihrer
Vermutung, daß die Ozeanküste ein idealer Ort für einen Galopp sei. Von einer
Felsenkette zur anderen erstreckte sich ohne Unterbrechung der stahlgraue Sand
über eine halbe Meile hinweg. Es war Flut, und die Wellen waren gerade hoch
genug, um den Pferden einen Vorwand dafür zu bieten, zu tänzeln und sich zu
produzieren.
Als sie nach einem Galopp bis zum
anderen Ende der Felsen stehenblieben, glühten Angelas Backen, und ihre großen
Augen blitzten. Ihr Haar war mit einem großen Baumwollkopftuch bedeckt, das sie
bei Mrs. Youngson gekauft hatte, und als sie Stephen anlachte, lächelte er
zurück. Sein braunes Gesicht war so lebendig wie damals, als er von der Farm,
von seinem Vieh und von seinen Zukunftsplänen erzählt hatte. Aber als sie jetzt
langsam nebeneinander ritten, schwiegen sie beide.
Sie brach das Schweigen, indem
sie sagte: »Hier möchte ich am liebsten Gedichte rezitieren. Das Reiten hat bei
mir immer diese Wirkung. Aber von den modernen Gedichten fallen mir keine
passenden ein, und die anderen kenne ich nicht sehr gut.«
Er antwortete nicht, und sie
hatte das
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