Fromme Wünsche
Pakistan, wo er eine Schule der
Dominikaner leitete, aber der Kollegvorstand und der Finanzbevollmächtigte
waren im Haus und würden beim Mittagessen anwesend sein.
„Sie sind uns als Gast herzlich willkommen.“ Als ich
ihn irritiert ansah, erklärte er mir, daß im allgemeinen nur Ordensbrüder
Zutritt zum Refektorium hätten; hier habe man allerdings die Bestimmungen
etwas gelockert. „Das Essen ist nicht berühmt, aber Pelly und Jablonski sind
dort leichter zu erreichen.“ Er schob den Ärmel zurück, um auf seine Uhr mit
dem breiten Lederband zu sehen. „Fast zwölf. Die Leute dürften jetzt schon vor
dem Refektorium versammelt sein.“
Auf meiner Uhr war es zwanzig vor zwölf. Mein Beruf
hatte mir schon Schlimmeres beschert als ein mittelprächtiges Essen. Ich nahm
die Einladung an. Sorgfältig verschloß der Prior die Tür des Lagerraums. „Eigentlich
ist das grotesk“, meinte er. „Bevor die Fälschungen entdeckt wurden, sind wir
ohne Schloß ausgekommen.“
Wir folgten den Männern im weißen Habit, die an
Carrolls Büro vorbeistrebten. Die meisten grüßten ihn; mir warfen sie
verstohlene Blicke zu. Am Ende des Ganges befanden sich zwei Schwingtüren.
Durch die Glasscheiben im oberen Teil konnte ich ins Refektorium blicken. Es
sah aus wie ein Gymnastiksaal, den man in eine Mensa verwandelt hatte: lange
Eßtische, Klappstühle aus Metall, keine Tischdecken, grüngestrichene Wände.
Carroll nahm meinen Arm und führte mich durch das Gedränge zu einem
untersetzten Mann mittleren Alters mit einer grauen Ponyfrisur. „Stephen, darf
ich Sie mit Miss Warshawski bekannt machen? Sie ist Privatdetektivin und eine
Nichte von Rosa Vignelli.“ Und zu mir gewandt: „Das ist Pater Jablonski. Seit
sieben Jahren ist er bei uns Kollegvorstand ... Stephen, schauen Sie doch mal,
ob Sie Augustin irgendwo entdecken. Miss Warshawski möchte auch mit ihm
sprechen.“
Ich konnte nicht einmal mehr irgendeine
Höflichkeitsfloskel von mir geben, denn Carroll wandte sich bereits in
lateinischer Sprache an die Versammelten. Nachdem sie im Chor geantwortet
hatten, rasselte er etwas herunter, was sich nach einem Tischgebet anhörte.
Alle schlugen das Kreuz.
Das Essen war miserabel - Tomatensuppe aus der Dose
und Käse auf Toast. Jablonski stellte mich dem Finanzbevollmächtigten Augustin
Pelly und etlichen anderen am Tisch vor. Sie wurden „Brüder“, nicht „Pater“ genannt;
ihre Namen vergaß ich sofort wieder, weil sie in ihren weißen Gewändern alle
gleich aussahen.
„Miss Warshawski will's dem FBI zeigen“, meinte
Jablonski leutselig. Er übertönte mühelos das allgemeine Stimmengewirr.
Pelly musterte mich von Kopf bis Fuß. Er war beinahe
so hager wie Pater Carroll und auffallend braungebrannt. Wie kam ein Mönch
mitten im Winter zu dieser Bräune? Seine Augen wirkten kühn und wachsam. „So
wie ich Stephen kenne, sollte das wohl ein Witz sein, Miss Warshawski - aber
offensichtlich ist mir die Pointe entgangen.“
„Ich bin Privatdetektivin.“
Pellys Augenbrauen gingen in die Höhe. „Sie wollen
herausfinden, was mit unseren verschwundenen Papieren passiert ist?“
„Nein. Da könnte ich mit dem FBI nicht konkurrieren.
Ich bin Rosa Vignellis Nichte und soll ihr ein bißchen Schützenhilfe leisten.
Falls ihr Derek Hatfield zu sehr auf den Pelz rückt, will ich ihn daran
erinnern, daß im Lauf der Jahre eine Unzahl von Leuten Zugang zum Safe hatte.“
Lächelnd bemerkte Pelly, daß Rosa in seinen Augen
nicht gerade zu den hilflosen Frauen zählte. Ich mußte grinsen. „Bestimmt
nicht, Pater. Aber sie ist auch nicht mehr die Jüngste. Wie dem auch sei - sie
befürchtet, daß sie möglicherweise nicht mehr hier arbeiten kann.“ Ich biß in
meinen Käsetoast.
Jablonski erwiderte: „Hoffentlich weiß sie, daß
Augustin und ich bis zur endgültigen Klärung der Angelegenheit ebenfalls
keinen Zugang zu den Büchern haben. Sie steht also nicht allein da.“
„Vielleicht könnten Sie mal bei ihr anrufen. Das
gibt ihr sicher Auftrieb... Sie wissen bestimmt, daß sie keinen großen
Freundeskreis hat. Unser Kloster war sozusagen der Mittelpunkt ihres Lebens.“
Pelly fand den Vorschlag vernünftig. „Ich wußte gar
nicht, daß sie außer ihrem Sohn noch Familie hat. Von Ihnen oder irgendwelchen
polnischen Verwandten hat sie nie gesprochen, Miss Warshawski.“
„Mit Verwandtschaftsverhältnissen werde ich mich nie
auskennen. Hat sie tatsächlich polnische Verwandte, nur weil mein Vater Pole
war? Oder
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