Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostblüte (German Edition)

Frostblüte (German Edition)

Titel: Frostblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Marriott
Vom Netzwerk:
dem Mann, doch ich rannte an ihm vorbei die nächste Treppe hoch. Zwei Stufen auf einmal nehmend, schlug ich an ihrem Ende fast mit dem Kopf gegen eine Holztür.
    Ein eisiger Windzug ließ meine Augen tränen, als ich die Tür aufstemmte. Ich wartete auf Arian, dann ließ ich sie wieder zuschnappen.
    »Gib mir deine Keule!« Ich riss sie ihm aus der Hand, rammte sie durch den Eisenring des Türgriffs und verbarrikadierte so den Durchgang. Nun konnte uns keiner hinterherkommen.
    Ich wischte mir den kalten Schweiß von der Stirn und sah mich um. Wir standen auf einer Brustwehr – einer ungemein dicken runden Mauer, die die Vorderseite des gesamten Bauwerks zu bilden schien. Hinter uns war ein abgeschrägtes Schieferdach, links von uns der Turm, nach dem wir gesucht hatten. An seinem Fuß, auf einer Höhe mit der Brustwehr, befand sich eine kleine Holztür.
    Von hier oben hatten wir eine ausgezeichnete Sicht auf die zerstörten Mauern der ehemaligen Tempelfestung und die Feuerbrunst, die die Überreste der Palisade vernichtete und alles in eine Rauchwolke hüllte. Ungefähr sieben Meter unter uns war der große Innenhof, wo wir unsere Freunde im Kampf zurückgelassen hatten. Ich hörte Waffen klirren und Menschen schreien. Ich trat einen Schritt vor, um den Kampf zu beobachten, doch Arian hielt mich zurück.
    »Nicht jetzt. Lass uns erledigen, weshalb wir hergekommen sind, und den Turm absuchen.«
    Ich nickte und zog wieder meine Axt heraus. Ich gab Arian das geborgte Messer zurück, der es in die Scheide an seinem Bein schob und sein Schwert zog. Wir gingen auf die Tür des Turms zu.
    »Ich gehe besser als Erste«, sagte ich. »Ich will nicht mit meiner Axt hinter dir sein.«
    »Vergiss es«, sagte er grimmig. »Ich kenne dich. Wenn Ion dort oben ist, ist das glatter Selbstmord.«
    Ich biss die Zähne zusammen. Er schien eine kleinere, brummigere Version des früheren Luca geworden zu sein. »Du brauchst mich nicht zu beschützen.«
    »Tja, werde ich aber. Da kannst du meckern, wie du willst.«
    »Du –«
    Ich schloss abrupt den Mund, als wir beide die vertraute Stimme über unseren Köpfen hörten. Es ließ sich nicht deuten, ob es ein Triumph- oder Schmerzensschrei war, aber es war eindeutig Luca.
    Arians Kopf schnellte zurück. »Er ist im Turm.«
    Ein weiterer Schrei ertönte und dieses Mal waren Wörter auszumachen. Luca rief den Namen seines Bruders. Ich riss die Tür zum Turm auf.
    Die kleine Kammer dahinter war dunkel, eine steinerne Wendeltreppe nahm den meisten Raum ein. Lucas Stimme hallte von irgendwo oben wider. Ich gab Arian keine Gelegenheit für Diskussionen und stürmte als Erste die Treppe hinauf. Er war direkt hinter mir. Unsere Schritte hallten durch den Turm, bis das ganze Bauwerk zu beben schien. Durch die schmalen Fensterschlitze, an denen ich vorbeirannte, hatte ich schwindelerregende Ausblicke auf den Hof unten, den Himmel, Dächer.
    »… hören uns … kommen«, keuchte Arian.
    »Zu spät«, sagte ich schnaufend und versuchte, nicht mit der Axtklinge gegen die Wand zu stoßen. Wenn sie unglücklich zurückprallte, würde sie mir sonst die Kehle aufschlitzen. Arian hatte das gleiche Problem. Das Geräusch seines Schwertes, das gegen Stein kratzte, ging mir durch Mark und Bein. Als ich nach oben blickte, entdeckte ich Holzplanken über uns.
    Noch eine Windung und ich hatte das Ende der Wendeltreppe erreicht. Ich stolperte in einen überraschend großen Raum – eigentlich kein Raum, sondern eine hölzerne Plattform, deren Steineinfassung nur bis zur Taille reichte. Oberhalb der Mauer waren die Seiten offen. Holzstangen hielten ein Kegeldach, von dem eine Bronzeglocke herunterhing. Ihr dickes Seil lag zusammengerollt in der Mitte der Plattform. Der Rest war ein heilloses Durcheinander. Ein Stuhl und ein Tisch waren umgeworfen, Papiere, Bücher und Stifte lagen auf dem Boden verstreut, Tinte bildete glänzende Pfützen auf sich wellenden Pergamentkarten.
    Luca stand mit dem Rücken zu uns auf der anderen Seite des Turms. Er hielt ein Messer mit der Spitze gegen die Kehle seines Bruders, der an der niedrigen Steinwand lehnte und mit ausgestreckten Armen das Gleichgewicht zu halten versuchte. Wenn Ion sich auch nur ein klitzekleines Stück vorbeugte, würde sich das Messer in seine Kehle bohren. Lehnte er sich nur wenig zurück, würde er über die Mauer stürzen.
    Als wir geräuschvoll auf die Plattform traten, huschte Ions Blick zu uns, Luca jedoch wandte den Kopf nicht.
    »Deine Verstärkung

Weitere Kostenlose Bücher