Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
noch der Dolch übrig.«
»Und niemand außer meiner Mom wusste, wo der Helheim-Dolch ist, und sie kann es niemandem mehr erzählen, weil sie tot ist.« Mein schmerzendes Herz füllte sich mit Bitterkeit.
»Es tut mir wirklich leid, Gwendolyn«, sagte Nike mit trauriger Stimme. »Aber Champions müssen oft Opfer bringen. Deine Mutter hat ihr Leben gegeben, um Loki gefangen zu halten, und damit hat sie unzählige andere Leben gerettet. Jeder Tag, an dem Loki in seinem Gefängnis bleibt, ist ein weiterer Tag, an dem die Welt nicht am Rande eines Krieges steht. Deine Mutter starb, um andere zu schützen, und das ist das Tapferste, Edelste, was ein Champion tun kann.«
Ich verstand, was meine Mom getan hatte, und auch, warum, aber das machte es nicht einfacher zu ertragen. Das sorgte nicht dafür, dass mein Herz weniger schmerzte.
»Und was soll ich jetzt tun?«, flüsterte ich. Ich fühlte mich, als würde ich mich langsam von innen heraus auflösen.
»Solche Dinge bleiben nie für immer verborgen«, sagte Nike und beantwortete meine Frage damit erneut eigentlich nicht. »Der Dolch besitzt zu viel Macht, und zu viele Schnitter suchen nach ihm. Irgendwann wird einer von ihnen den Dolch finden und Loki befreien.«
Ich sah die Göttin an. »Du willst, dass ich den Dolch zuerst finde, oder? Und was dann? Ihn irgendwo anders verstecken? Was soll das schon bringen? Werden die Schnitter nicht einfach weiter danach suchen?«
Nike nickte wieder. »Das werden sie. Selbst in diesem Moment versuchen sie mit ihren Blutopfern den Tarnzauber zu durchbrechen, den deine Mutter über den Dolch gelegt hat, um ihn zu verstecken. Sobald der Zauber fort ist, werden sie versuchen, seine ungefähre Position mithilfe von Wahrsagerei zu bestimmen, und anfangen, nach ihm zu suchen. Du musst den Dolch finden, ihn an einer anderen Stelle verstecken und einen neuen, stärkeren Tarnzauber darüber legen. Dabei sollte dir deine Professorin Metis helfen können, ebenso der spartanische Bibliothekar Nickamedes.«
Na ja, das klang sinnvoll. Wenn irgendwer in Mythos dafür sorgen konnte, dass der Dolch nicht den Schnittern in die Hände fiel, dann war es Metis. Aber Nickamedes? Ehrlich? Und er war ein Spartaner? Mein Hirn brauchte eine Weile, um diese kleine Enthüllung zu verarbeiten. Aber dann dachte ich an Logan und Nickamedes zusammen im Skiresort. Wenn sie verwandt waren, wie ich vermutete, dann ergab es Sinn, dass Nickamedes genauso ein Spartaner war wie Logan.
»Deine Mutter hat den Dolch gut versteckt, und jeder Tag, an dem die Schnitter ihn nicht finden, ist ein kleiner Sieg für die Mitglieder des Pantheons – und die Welt«, fuhr Nike fort. »Aber uns läuft die Zeit davon, und der Tarnzauber wird nicht mehr lange halten. Das Pantheon braucht mehr Zeit, um sich auf das vorzubereiten, was kommen wird.«
»Und das wäre?«
Die Göttin sah mich aus ihren dämmerungsfarbenen Augen an. Sie sagte nichts, aber irgendwie wusste ich die Antwort auf meine Frage trotzdem. Chaos. Krieg. Zerstörung. Loki, der aus seinem Gefängnis ausbrach und wieder versuchte, die Welt zu beherrschen. Üble, üble Dinge an allen Ecken und Enden.
»Aber wie soll ich den Dolch finden?«, fragte ich. »Meine Mom war klug – die klügste Person, die ich je kennengelernt habe. Wenn die Schnitter den Dolch nicht finden konnten, wieso sollte ich es dann können?«
Nike lächelte. »Weil du mein Champion bist, Gwendolyn, und weil ich dir vertraue, genau wie zuvor deiner Mutter.«
Sosehr ich die Zuversicht der Göttin auch zu schätzen wusste, im Moment war sie nicht übermäßig hilfreich. »Aber kannst du mir denn gar nicht helfen? Mir einen Hinweis geben oder so? Zumindest einen Ort sagen, an dem ich anfangen kann? Was soll ich jetzt tun ?«
Es war dieselbe Frage, die ich ihr schon vor einer Minute gestellt hatte, und zum dritten Mal antwortete sie eigentlich nicht darauf.
»Das kann ich dir nicht sagen. Ich kann dir nur ab und zu erscheinen und Ratschläge geben, Gwendolyn. Nicht mehr. So lautet die Vereinbarung, welche die Götter mit ihren Champions getroffen haben. Der Kampf findet zwischen euch und den Schnittern statt. Der Rest liegt an dir. Die Entscheidungen musst du treffen. Weder ich noch einer der anderen Götter kann dich je zu etwas zwingen, das du nicht tun willst«, sagte Nike. »Jede Kreatur, ob sterblich oder Gott, hat einen freien Willen. Die Entscheidungen, die wir mit diesem Willen treffen, definieren uns, machen uns zu dem, was wir sind,
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