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Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)

Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)

Titel: Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Professorin standen Schuldgefühle, und ihr gesamter Körper strahlte Schuld aus wie die Sonne Hitze. Das traf mich bis ins Herz.
    »Sie wussten, dass meine Mom ermordet wurde«, flüsterte ich. »Die ganze Zeit wussten Sie es.«
    »Gwen …«, setzte Metis an und trat einen Schritt auf mich zu.
    Ich drehte mich um und rannte aus dem Gefängnis, aber ich hatte noch nicht einmal die Tür erreicht, als in meinen Ohren schon Prestons spöttisches Gelächter widerhallte.

    

    Ich rannte aus dem Gefängnis und all die Stufen nach oben. Irgendwie öffneten sich alle Türen, sobald ich sie berührte, obwohl ich weder die Codes kannte noch eine Ahnung von dem nötigen, magischen Hokuspokus hatte. Aber vielleicht hatte Metis sie einfach nicht hinter sich abgeschlossen. Auf jeden Fall stolperte ich aus dem Gebäude und in die Kälte. Dann rannte ich weiter, verzweifelt darauf bedacht, mich so weit wie möglich von Preston zu entfernen und damit auch von den schrecklichen Dingen, die das Schnittermädchen mit seiner Hilfe meiner Mom angetan hatte.
    Sie waren ihr an diesem Abend von der Arbeit nach Hause gefolgt. Sie hatten den Unfall verursacht. Sie hatten sie ermordet. Sie hatten sie mir genommen. Nicht ein betrunkener Autofahrer. Der Sarg auf ihrer Beerdigung war geschlossen gewesen, weil das Schnittermädchen sie umgebracht hatte und Grandma Frost nicht gewollt hatte, dass ich meine Mom so sah.
    Grandma. Sie musste von dem Mord an meiner Mom gewusst haben, genau wie Professor Metis. Am Anfang meiner Zeit auf der Akademie hatte ich Grandma wieder und wieder gefragt, warum ich nach Mythos gehen musste. Ich hatte gedacht, es hätte etwas mit dem Ausraster zu tun, den meine Magie verursacht hatte. Doch jetzt kannte ich den wahren Grund: Schnitter hatten meine Mom ermordet, und Metis und Grandma hatten gefürchtet, sie könnten mir dasselbe antun. Also hatten sie mich nach Mythos verfrachtet, damit Metis ein Auge auf mich haben konnte. Sie hatten gedacht, ich sei auf dem Campus sicher. Sie hatten geglaubt, dass die Magie, die das Anwesen schützte, auch mich beschützen würde. Ihnen war einfach nicht klar gewesen, welche Gefahren in der Akademie auf mich lauerten.
    Aber sosehr ich es auch versuchte, so heftig meine Beine sich auch bewegten, ich konnte nicht vor den Erinnerungen davonlaufen – weil sie jetzt auch meine Erinnerungen waren. Ich konnte sie nicht verschwinden lassen, und ich konnte sie auch nicht vergessen – niemals. Meine Psychometrie ließ das nicht zu.
    Zum ersten Mal empfand ich meine Gypsygabe als Fluch.
    Ich erinnere mich nicht genau, wie, aber letztendlich landete ich in der Bibliothek der Altertümer. Im Erdgeschoss tummelten sich Schüler und Angestellte und bildeten Gruppen um die Studiertische und den Ausleihtresen. Ich hielt mich an der Rückwand und rannte an ihnen genauso vorbei wie an Bücherregalen und Vitrinen voller Artefakte. Ausnahmsweise war ich froh, dass die anderen mich nicht beachteten. Ich wollte nicht, dass mich irgendwer so sah, und noch weniger wollte ich, dass sie anfingen zu tratschen und auf ihren dämlichen Handys SMS über mich zu schreiben.
    Ich hörte erst auf zu rennen, nachdem ich die Treppe in den ersten Stock hinaufgelaufen war, wo auf der offenen Galerie all die Statuen von Göttern und Göttinnen im Rund standen. Hier oben war sonst niemand, und die Stille legte sich über mein Gesicht wie eine Decke und erstickte mich. Oder vielleicht bekam ich auch keine Luft mehr, weil ich so verzweifelt gerannt war.
    Schließlich wurden meine Schritte langsamer, um dann vor Nikes Statue zu verklingen. Die griechische Göttin des Sieges ragte wie die anderen Statuen zehn Meter hoch auf. Ihre fedrigen Flügel erhoben sich über ihren Schultern, und ihr stolzer Blick war auf etwas gerichtet, das nur sie sehen konnte.
    »Warum?«, flüsterte ich. »Warum mussten sie meine Mom töten?«
    Nikes Gesicht blieb kalt und unbeweglich. Ich wusste nicht, warum ich hergekommen war, was ich erwartet hatte, aber in diesem Moment überwältigte mich die Trauer und zog mich nach unten, bis ich keinen einzigen Schritt mehr tun konnte.
    Ich rollte mich zu Füßen der Statue zu einem Ball zusammen und weinte.
    Ich weiß nicht, wie lange ich weinte – die unheimliche, undurchdringliche Stille des ersten Stocks schluckte mein Schluchzen –, aber irgendwann war ich mehr erschöpft als alles andere und schlief direkt dort in der Bibliothek ein. Als ich erwachte, war ich vom Liegen auf dem Boden steif

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