Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
sich an zweien der Wände hölzerne Tribünen erhoben. Matten bedeckten den Boden und verbargen so einen Basketballplatz.
Aber da waren auch die Waffen.
An der dritten Wand zogen sich Gestelle über Gestelle voller Waffen entlang. Sie waren so hoch, dass man die oberen Regalbretter nur über eine Leiter erreichen konnte. In den Halterungen hingen Schwerter, Dolche, Kampfstäbe, Speere, Bögen und Köcher voller Pfeile mit gebogenen, gefährlich wirkenden Spitzen. Und alles war rasiermesserscharf und wartete nur darauf, von Schülern benutzt zu werden. Die meisten Schüler waren unglaublich stolz darauf, wie gut sie Gegenstände mit scharfen Klingen schwingen konnten.
Die Waffen waren einer der Gründe, warum Mythos alles andere als normal war.
Ich erreichte mein Schwert, das immer noch hin und her schwankte und mich an das Metronom meiner ehemaligen Klavierlehrerin erinnerte. Ich streckte die Hand aus, aber bevor ich das Schwert aus der Matte ziehen konnte, klappte eine silberne Beule auf dem Knauf auf – und enthüllte ein zusammengekniffenes, wütendes Auge.
»Schon wieder eine Niederlage«, murmelte Vic, und sein Unmut verstärkte seinen britischen Akzent. »Gwen Frost, du könntest keinen Schnitter töten, wenn dein Leben davon abhinge.«
Ich kniff ebenfalls die Augen zusammen und starrte Vic böse an, in der Hoffnung, dass er die Botschaft verstehen und den Mund halten würde, bevor Logan und die anderen ihn hörten. Ich wollte nicht gerade damit hausieren gehen, dass ich ein sprechendes Schwert besaß. Ich wollte überhaupt mit einer Menge Dinge nicht hausieren gehen. Nicht in Mythos.
Vic allerdings starrte nur zurück. Sein Auge hatte eine seltsame Farbe, die irgendwo zwischen Purpur und Grau lag. Er war nicht lebendig, nicht im engeren Wortsinn, aber ich hatte mir angewöhnt, von ihm als lebendes Wesen zu denken. Vic war ein ziemlich einfaches Schwert – eine lange Klinge aus einem silbernen Metall. Was ihn in meinen Augen so, na ja, menschlich machte, war das Heft, das die Form eines halben männlichen Gesichtes hatte – als wäre eine echte Person im Metall gefangen, die versuchte, sich zu befreien. Ein Strich als Mund, eine Auskerbung als Nase, die Kurve eines Ohrs. All das summierte sich zu Vic, was oder wer auch immer er war.
Na ja, das und sein blutrünstiges Gemüt. Vic wollte Dinge umbringen – besonders Schnitter. Bis wir beide in ihrem Blut baden und uns nach mehr sehnen! , hatte er mehr als einmal gegurrt, wenn ich in meinem Zimmer allein mit ihm geübt hatte.
Klar. Das Einzige, was ich relativ mühelos töten konnte, waren Käfer. Und selbst da nur die ganz winzigen. Die großen knackten zu laut und sorgten dafür, dass mir übel wurde und ich ein schlechtes Gewissen bekam. Es stand absolut außer Frage, dasselbe den absolut bösartigen Schnittern des Chaos anzutun.
»Was willst du tun, wenn dich ein echter Schnitter angreift?«, verlangte Vic zu wissen. »Weglaufen und hoffen, dass er dich nicht verfolgt?«
Tatsächlich klang das in meinen Ohren nach einem phantastischen Plan, aber ich wusste, dass Vic diese Ansicht nicht teilen würde. Genauso wenig wie Logan, Kenzie oder Oliver. Schließlich waren die Jungs Spartaner, die aus einer langen Linie magischer, mythologischer Krieger stammten. Töten war für sie so natürlich wie Atmen. Dazu wurden sie von Geburt an ausgebildet, genau wie alle anderen Schüler der Akademie.
Die Jungs auf Mythos waren überwiegend Wikinger oder Römer, während die Mädchen Walküren oder Amazonen waren. Aber es gab noch haufenweise andere Kriegertypen auf der Akademie – so gut wie alles von Samurai und Ninjas über Kelten bis hin zu den Spartanern vor mir.
Für mich dagegen war Töten nicht im Geringsten natürlich, aber ich war zu Anfang des Schuljahres einfach in diese verdrehte Welt geworfen worden. Man hatte mich auf die Mythos Academy geschickt, nachdem meine Gypsymagie auf meiner ehemaligen, öffentlichen Schule für einen ziemlichen Ausraster gesorgt hatte. Und jetzt konnte ich der Akademie mit all ihren Krieger-Wunderkindern, den angsteinflößenden Schnitter-Bösewichten, den mythologischen Monstern und einem wütenden, rachsüchtigen Gott einfach nicht mehr entkommen – egal, wie gerne ich genau das getan hätte.
Besonders da eine Göttin darauf zählte, dass ich etwas gegen die vielen bösen, bösen Dinge in der Welt unternahm – und auch gegen die, die sich hier auf dem Campus versteckten.
»Halt den Mund, Vic«, grummelte ich und
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