Frostkuss
waren wie Logan oder ob nur er den ganzen Schurkencharme mitbekommen hatte …
Ein Pfeil, der mit einem satten Geräusch neben mir in eine Zielscheibe einschlug, riss mich aus meinem Tagtraum. Ich schüttelte den Kopf und ging weiter. Ich war nicht hier, um Logan anzugaffen. Ich musste einer Walküre nachspionieren.
Ich eilte weiter und schlüpfte durch dieselbe Seitentür, die auch Morgan benutzt hatte. Sie führte in einen kleinen Innenhof, der die Turnhalle mit der Schwimmhalle verband, die ebenfalls zum ausladenden Sportbereich der Akademie gehörte.
Zusätzlich zu mehreren Hyazinthen und Lotusbäumen stand auf dem Hof auch ein runder Springbrunnen mit steinernen Nymphen, die Wasser in die Luft bliesen. Wie alle anderen Statuen in der Akademie erschienen mir die Nymphen ein wenig zu lebensecht, als ständen sie kurz davor, aus dem Wasser zu springen und die nächstbeste Person mit ihren Dreizacken zu erstechen. Durch die langen Vorhänge ihrer algenartigen Haare schienen sich ihre Augen auf mich zu richten und mich zu beobachten. Unheimlich. Besonders da sie alle nackt waren. Igitt.
Ich sah mich um, aber ich konnte Morgan nirgendwo entdecken. War sie aus irgendeinem Grund in die Schwimmhalle gegangen?
Dann erregte ein Kichern meine Aufmerksamkeit, und ich trat ein paar Schritte vor. Eine tiefe Stimme murmelte etwas, und wieder erklang das Kichern, diesmal ein wenig lauter und koketter. Ich schob mich hinter die Baumreihe, die sich an einer Wand des Innenhofes entlangzog, und folgte dem Geräusch bis ans andere Ende, das ein großer, verwachsener Lotus mit seinen Ästen komplett überspannte. Ich atmete tief durch und spähte um den Stamm.
Morgan McDougall und Samson Sorensen standen ungefähr sechs Meter von mir entfernt an der hinteren Mauer des Hofes, halb versteckt hinter einem Busch.
Und knutschten heftig.
Mir fiel die Kinnlade runter. Klar, Jasmine hatte vermutet, dass zwischen ihrer besten Freundin und ihrem Freund irgendwas lief, aber es war etwas anderes, das selbst zu sehen. Besonders da sie sich so offensichtlich, ähm, amüsierten . Hätte Morgan ihre Zunge noch tiefer in Samsons Hals gesteckt, wäre sie auf der anderen Seite wieder herausgekommen. Und Samsons Hände wanderten über Morgans Körper und drückten und streichelten alles, was sie erreichen konnten – und sie ließ ihn wirklich überall hin. Gepaart mit der Tatsache, dass Samson nur eine Badehose und Flipflops trug, war es schon fast ein Porno. Verkommene Mythos-Schüler.
Schließlich, nach einer Minute oder so, lösten sich die zwei voneinander. Beide atmeten schwer.
»Komm schon, Baby«, flötete Morgan. »Lass uns zu unserem üblichen Versteck in den Umkleiden gehen. Ich kann es kaum erwarten, meine Hände über deinen harten Körper gleiten zu lassen.«
Ich schnaubte. Für mich sah es so aus, als hätte sie das sowieso schon getan, wenn man bedachte, dass sie sich enger an ihn drückte als seine eigene Badehose.
Samson grinste sie an, schüttelte aber gleichzeitig den Kopf. »Tut mir leid. Trainer Lir nimmt da drin gerade Kenzie Tanaka auseinander, weil er zwei Sekunden nachgelassen hat. Du wirst einfach bis heute Abend beim Feuer warten müssen. Außerdem ist es nicht gut, wenn man uns im Moment zusammen sieht, erinnerst du dich? Ich meine, Jasmine ist erst seit ein paar Tagen tot. Wie sähe das aus?«
Morgan zog die Fingernägel über seine nackte Haut, und grüne Funken glitzerten in dem bisschen Luft, das noch zwischen ihnen Platz hatte. »Mir ist egal, wie es aussieht. Ich bin es leid, herumzuschleichen. Du hättest einfach mit ihr Schluss machen sollen, als sie noch am Leben war.«
Ich riss die Augen auf und konnte nicht glauben, was ich da hörte. Hatten die beiden es tatsächlich getan? Hatten sie Jasmine umgebracht, um zusammenkommen zu können? Das erschien mir ein wenig extrem, selbst für die Mythos Academy, wo wenig einen Sinn ergab.
»Na ja, wer auch immer sie umgebracht hat, hat uns einen Gefallen getan«, sagte Samson. »Du weißt, dass sie mich nie hätte gehen lassen. Das hat sie mir selbst gesagt. Sie dachte, wir würden heiraten und glücklich bis an unser Lebensende zusammenleben, obwohl sie nicht mal mit mir geschlafen hat.«
Morgan zog wieder die Finger über Samsons Brust. Weitere grüne Funken stiegen in die Luft, und ihre Nägel hinterließen rote Striemen, aber das schien Samson nichts auszumachen.
»Jasmine hat mir auch erzählt, dass sie denkt, dass du sie mit irgendjemandem betrügst.«
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