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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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angrinste, während sie die Tür hinter sich schloss.

In dieser Nacht fand ich kaum Schlaf, hauptsächlich, weil ich immer noch unter den Nachwirkungen der Vision vom zerrissenen Foto litt. Ich hatte mörderische Kopfschmerzen und fühlte die Echos von Jasmines Wut.
    Vielleicht hätte ich es inzwischen besser wissen müssen. Schließlich hatte mich meine Gypsygabe über die Jahre schon viele Dinge sehen und fühlen lassen – das Gute, das Schlechte und das wirklich Schreckliche. Aber trotzdem konnte ich immer noch nicht glauben, dass Jasmine Ashton, das hübsche, perfekte reiche Mädchen, das scheinbar alles besessen hatte, zu solchem Hass auf ihre beste Freundin fähig gewesen war. Selbst wenn sie vermutet hatte, dass zwischen Morgan und Samson etwas lief. Kerle. Die waren solchen Ärger so dermaßen nicht wert.
    Mein Schlafmangel sorgte dafür, dass ich am nächsten Tag ziemlich mürrisch war, besonders als es in der fünften Stunde Zeit wurde für den Sportunterricht.
    Ich hasste Sportunterricht.
    Auf eine Schule voller Nachkommen mythologischer Krieger zu gehen war schon schlimm genug. Aber die Mächtigen von Mythos erwarteten doch tatsächlich, dass ich sportlich war. Sport lief auf Mythos vollkommen anders ab als in meiner alten Schule. Hier gab es keine Basketbälle, Softbälle oder Volleybälle.
    Dafür hatte man den Raum einfach mit zu vielen Waffen vollgestopft.
    Wie alles andere in Mythos war auch die Sporthalle riesig, mit einer Decke, die fast hundert Meter über dem Boden schwebte. Von den Dachsparren hingen farbenfrohe Banner, auf denen verschiedenste Akademie-Wettbewerbe der letzten Jahre angekündigt wurden, während sich an zwei Seiten der Halle polierte Holztribünen erhoben. Die Böden waren mit dicken Matten ausgelegt, unter denen sich ein gummierter Basketballplatz verbarg. Und an einer der Wände hing ein ganzes Waffenarsenal. Schwerter, Dolche, Bögen, Kampfstäbe und andere Dinge, deren Namen ich nicht einmal kannte, die aber aussahen, als würden sie bis auf den Knochen schneiden, wenn man sie nur anfasste.
    Auf Mythos ging es in Sport nicht darum, die meisten Punkte zu machen oder die meisten Runden zu laufen wie auf meiner alten Schule. O nein. Hier sollte man tatsächlich lernen, all diese Waffen zu benutzen. Wir lernten, wie man seinen Gegner tötete, verstümmelte oder folterte, je nachdem, was gerade gebraucht wurde.
    Im Moment war ich diejenige, die gefoltert wurde.
    »Heeyjah!«, schrie das Mädchen vor mir, bevor es nach vorne sprang, das Schwert über den Kopf riss und es mit dem festen Vorsatz wieder nach unten schwang, mich zu töten, töten, töten.
    Ich verzog das Gesicht, wich zurück und hob mein eigenes Schwert. Ihre Waffe traf meine Klinge, und das scharfe Kliiirrrr hallte in meinem Arm und meiner Schulter nach. Das Schwert entglitt meinen plötzlich tauben Fingern und fiel auf die Matte, wie es in den letzten fünf Minuten bereits fünfmal passiert war.
    »Du sollst eigentlich meinen Schlag abwehren und mich dann angreifen. Nicht jedes Mal, wenn ich aushole, dein Schwert fallen lassen.« Talia Pizarro verdrehte die Augen. »Himmel, Gwen! Du bist wirklich schlecht.«
    »Erzähl mir was Neues«, murmelte ich.
    Am Anfang der Sportstunde wurden immer Zettel gezogen, um zu bestimmen, wer mit wem kämpfen sollte. Talia hatte das Pech gehabt, heute die Rolle meines Sparringpartners zu übernehmen. Sie war eine fast einen Meter achtzig große Amazone mit ebenholzfarbener Haut und kurzgeschnittenem schwarzem Haar. Außerdem war Talia der Kapitän der Frauen-Fechtmannschaft und hätte mit ihrem Schwert ein Nadelkissen aus mir machen können, wenn sie das wirklich gewollt hätte. Wie alle anderen Amazonen war sie mit übernatürlicher Schnelligkeit gesegnet. Wenn Talia sich bewegte, sah man nur verschwommene Flecken. In einer Sekunde stand sie vor mir. Im nächsten Moment hatte sie mich schon sechsmal mit ihrem Schwert getroffen.
    »Lass es uns noch mal versuchen«, blaffte Talia. »Du magst ja nichts davon haben, aber ich will nächste Woche die Prüfung für Fortgeschrittene bestehen.«
    O ja. Es gab auch Prüfungen. Ich bekam tatsächlich Noten dafür, wie gut ich jemandem den Kopf abschlug oder ob ich es schaffte, einen Pfeil in seinem Auge zu versenken. In meiner alten Schule war ich ziemlich stolz auf meinen Einser-Schnitt gewesen, aber Sport war der eine Kurs, bei dem ich in Mythos dieses Semester definitiv durchfallen würde. Dasselbe galt für jedes Semester danach.

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