Frostkuss
Schüler mussten jedes Semester bis zu ihrem Abschluss Sport und Waffentraining belegen. Jippie-ja-jei.
Da Talia mich mit mordlüsternem Gesichtsausdruck musterte, seufzte ich und hob mein Schwert wieder auf. Außerdem nutzte ich die kurze Ruhepause, um einen Blick nach rechts zu werfen, wo Morgan McDougall mit ihrer eigenen Sparringpartnerin kämpfte, einer anderen Walküre.
Sport war der einzige Kurs, den ich zusammen mit Morgan belegte, und ich beobachtete sie schon die ganze Stunde über. Vielleicht irrte ich mich, und vielleicht war ich auch verrückt und klammerte mich an Strohhalme, aber ich hatte das Gefühl, dass es irgendeine Verbindung zwischen Jasmines Ermordung und dem zerrissenen Foto von Morgan und Samson gab. Etwas Offensichtliches, das mir aber einfach entging.
Ich war nicht die Einzige, die sich für Morgan interessierte. Viele der Jungs warfen ihr ständig Blicke zu, da Morgan ihr enges, weißes T-Shirt um einiges besser ausfüllte als die meisten Mädchen im Raum. Und Morgan war sich der Tatsache bewusst, dass die Jungs sie beobachteten. Vor ungefähr zehn Minuten hatte sie sich absichtlich-zufällig Wasser übers Hemd geschüttet, sodass der Stoff an ihrem schwarzen Sport-BH klebte, den sie darunter anhatte.
Morgan und ihre Partnerin beendeten gerade die letzte Kampfrunde. Dann warf Morgan einen Blick auf ihre mit Diamanten überzogene Uhr, sagte etwas zu dem anderen Mädchen und verschwand durch eine der Seitentüren der Sporthalle.
Ich kniff die Augen zusammen. Die Stunde war noch nicht mal halb vorbei. Wohin wollte die Walküre?
»Halt das mal«, sagte ich, drückte Talia mein Schwert in die Hand und eilte hinter Morgan her.
»Hey! Was glaubst du, wo du hinwillst?«, zischte Talia, aber ich beachtete sie nicht.
Ich brauchte diesen Sportunterricht ohnehin nicht wirklich. Ich stammte nicht von einer langen Reihe mythologischer Krieger ab, und ich hatte auf keinen Fall etwas mit dem Pantheon, Schnittern oder dem Chaoskrieg zu schaffen. Aber ich wollte herausfinden, was mit Jasmine passiert war, und Morgan auszuspähen würde mir dabei helfen.
Ich hielt mich am Rand der Halle, um keine Aufmerksamkeit auf mich und die Tatsache zu ziehen, dass ich mitten im Unterricht den Raum verlassen wollte. Da alle anderen intensiv damit beschäftigt waren, sich gegenseitig zu vermöbeln, beachtete mich niemand.
Nicht einmal Logan Quinn, der auf der anderen Seite der Halle kämpfte. Logan und Oliver Hector, ein anderer Spartaner, bekamen gerade ein paar Tipps von Ajax. Der große, vierschrötige Trainer schrie ihnen Anweisungen zu, dann verbeugten sich die zwei Kämpfer voreinander, bevor sie in Angriffsstellung gingen. Ajax hob die Hand, ließ sie fallen, und dann stürzten sich die beiden Spartaner aufeinander.
Klack – klack – klack!
Die zwei Kampfstäbe verschwammen in der Luft, während Logan und Oliver kämpften. Beide drehten und wanden sich und taten ihr Bestes, um dem anderen mit ihrer stumpfen Waffe den Schädel zu spalten. Der Kampf dauerte vielleicht dreißig Sekunden. Dann startete Logan einen ziemlich coolen Angriff, benutzte seinen Kampfstab, um Oliver die Beine unter dem Körper wegzuschlagen, sprang vorwärts und drückte das Ende seines Stabes gegen die Kehle seines Gegners. Gewinner: Logan Quinn.
Ajax bellte wieder etwas und klatschte, anscheinend zufrieden mit seinem besten Schüler. Logan lächelte und trat beiläufig zurück, wobei er den Stab in den Händen herumwirbelte, als wäre er der Jonglierstab eines Cheerleaders und keine tödliche Waffe. Er liebte den Sportunterricht natürlich. Andere Leute zu verprügeln schien das zu sein, was er am besten konnte. Besonders wenn man all den Gerüchten darüber glaubte, wie wild, gewalttätig und verrückt er und seine Spartanerfreunde waren.
Er sah außerdem gut dabei aus. Logan trug ein T-Shirt mit abgeschnittenen Ärmeln, das die Muskeln seiner Arme frei ließ. Die dunkelblaue Farbe des Shirts betonte noch seine eisigen Augen, sodass sie zu leuchten schienen, bis ich es sogar am anderen Ende der Sporthalle sehen konnte. Dann hob Logan auch noch den Saum seines T-Shirts an, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, und enthüllte seinen flachen, muskulösen Bauch.
Für einen Moment blieb ich vollkommen fasziniert stehen. Einfach … Wow. All das, und dann auch noch ein Waschbrettbauch, neben dem der von Samson Sorensen lächerlich aussah. Ich fragte mich, ob alle anderen Spartaner auf Mythos genauso gefährlich und sexy
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