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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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wollen? Und wenn ja, warum? Warum zu einer solchen Zeit? So spät in der Nacht, wenn sich niemand sonst dort aufhielt?
    »Hey«, fragte ich Daphne, »weißt du, was Jasmine an diesem Abend in der Bibliothek wollte? Warum sie da war? Ich erinnere mich daran, dass ich euch vier früher am Abend dort gesehen habe – dich, Jasmine, Morgan und Samson. Warum ist sie zurückgekommen?«
    Daphne zuckte mit den Schultern. »Wir sind zurück zu unserem Wohnheim gegangen und haben da eine Weile herumgehangen, haben ferngesehen und SMS geschrieben. Jasmine hat gesagt, sie hätte ihren Pulli in der Bibliothek vergessen, und wollte ihn holen, bevor die Bibliothek zumacht. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe.«
    Ein Schatten fiel über Daphnes Gesicht, und ihre Finger trommelten auf dem Laptop herum. Pinkfarbene Funken sausten wie winzige Glühwürmchen durch den Raum. Ich ließ mich wieder aufs Bett fallen und versuchte mich von der Berührung des Fotos zu erholen, von Jasmines aufgestauter Wut, ihrer Eifersucht und ihrem Hass.
    Ich versuchte mir vorzustellen, was meine Mom, die Ermittlerin, in einer solchen Situation getan hätte, wie sie mit dieser Sackgasse umgegangen wäre, in der ich steckte. Aber mir fiel nichts ein.
    »Also, dann danke für deine Hilfe«, sagte ich. »Ich, ähm, weiß es zu schätzen.«
    Daphne nahm das als Stichwort für ihren Aufbruch. Sie stand auf, hob ihre Designertasche vom Fußboden auf und hängte sich das riesige Ding über die Schulter. Dann sah die Walküre mich an.
    »Was wirst du jetzt tun?«, fragte sie. »Alles, was du hast, ist ein Geschichtsaufsatz, ein zerrissenes Foto und ein paar Gefühle. Mach dir nichts vor, Gwen. Irgendein Schnitter ist in die Bibliothek eingebrochen, um die Schale der Tränen zu stehlen, und Jasmine hatte das Pech, ihm in die Quere zu kommen. Deswegen wurde sie umgebracht. Es gibt kein großes Geheimnis, keine Verschwörung oder was auch immer du vermutest. Solche Dinge passieren in Mythos.«
    Ich wollte sie fragen, warum hier schlimme Dinge geschahen, warum von allen Schülern erwartet wurde, dass sie erwachsen wurden, um sich an einem dämlichen, uralten Krieg zwischen den Göttern zu beteiligen. Warum trugen die Götter und Göttinnen die Sache nicht einfach untereinander aus und ließen den Rest von uns in Frieden? Aber Daphne würde mir wahrscheinlich nur dasselbe antworten wie Carson. Die beiden waren mit all diesem Gerede über Magie aufgewachsen. Für sie war es vollkommen normal, anders als für mich.
    Also zuckte ich nur mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    Sie nickte. »Na ja, dann viel Glück, nehme ich an.«
    Ich nickte zurück, und sie ging Richtung Tür.
    »Daphne.«
    Sie drehte sich zu mir um.
    »Du solltest Carson wirklich eine Chance geben. Er ist zufälligerweise ziemlich vernarrt in dich.« Ich wusste nicht, warum ich ihr das erzählte. Vielleicht weil Daphne die Sache ziemlich cool gemeistert hatte, auch wenn ich sie hatte erpressen müssen, damit sie mir half.
    Sie runzelte die Stirn. »Woher willst du das wissen?«
    »Als ich diesen Rosenanhänger berührt habe, den Anhänger, der hinter den Schreibtisch gefallen ist, als du das Armband genommen hast?«
    Sie nickte.
    »Na ja, ich habe nicht nur deine Gefühle gespürt. Ich habe auch Carsons empfangen. Er hat das Armband eigentlich für dich gekauft, Daphne. Er hat dir diese Geschichte über Leta Gaston nur erzählt, um zu sehen, was du sagen würdest. Um abzuschätzen, ob dir das Armband gefällt oder nicht. An diesem Tag wollte er es dir eigentlich geben und dich fragen, ob du mit ihm zum Ball gehen willst. Aber dann hat er Muffensausen gekriegt.«
    Daphne fiel vor Überraschung die Kinnlade nach unten, und in ihren schwarzen Augen blitzten Hoffnung und Erstaunen auf. »Carson … Carson mag mich? Wirklich? Er mag mich wirklich? Du denkst dir das alles nicht bloß aus?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er mag dich wirklich, ich schwör’s. Ich sehe Dinge, erinnerst du dich? Vertrau mir, ich weiß es.«
    Ein trotteliges, verträumtes Lächeln erschien auf Daphnes Gesicht. Dann erinnerte sie sich daran, dass ich sie immer noch beobachtete, und presste wieder die Lippen aufeinander.
    »Weißt du was, Gwen? Für einen totalen Freak ohne jedes Modebewusstsein bist du womöglich ganz in Ordnung.«
    Mit diesen Worten und einem kleinen, verschlagenen Lächeln auf den Lippen drehte sich die Walküre um und verließ mein Zimmer. Aber das Seltsamste war, dass ich sie ebenfalls

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