Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
Mein Gott, was für eine Bescherung.
Noch während ihr das Wort Bescherung durch den Kopf ging, wurde ihr schlagartig bewusst, dass es Weihnachten war. Selbst als dieser Waldschrat von einem Arzt vorhin »Frohe Weihnachten« gewünscht hatte, war ihr das nicht in den Sinn gekommen. Wie mochte es ihrer armen Lilly ergangen sein? Der erste Heiligabend ohne Mutter und dann noch der Umstand, dass sie im Krankenhaus lag. Vor Kummer zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen und ihre Kehle wurde eng.
Sie blinzelte krampfhaft, um der Tränen Herr zu werden. Ob sie Sam auch gefehlt hatte? Sam, der sich stets von allem und jedem distanzierte. Aber eins war sonnenklar: Tico vermisste sie garantiert schmerzlich. » Tja, Tiere sind eben die besseren Menschen !«
Senta seufzte theatralisch bei diesem nicht gerade erhebenden Gedanken und Schwester Jana sah sie fragend an. Sie hatte das Bett frisch bezogen und stand da, mit einem Stapel Schmutzwäsche unterm Arm.
»So, das hätten wir. Ich werde gleich jemand schicken, der ihnen das Frühstück bringt.« Sie zwinkerte Senta zu und schickte sich an, zu gehen.
»Halt Schwester.« Erstaunt dreht sich die Angesprochene um. Was wollte die denn jetzt schon wieder? Manche Patienten konnten einem ganz schön auf den Senkel gehen.
»Ja?«, kam es nicht eben freundlich hinter dem Wäscheberg hervor.
»Wie komme ich hier zu einem Telefon? Ich müsste dringend etwas mit meiner Familie klären.
Auch das noch. Jetzt hatte sie dafür zu sorgen, dass die ihren gewohnten Komfort bekam. Immer schön lächeln, Jana, sagte sie sich. Vielleicht konnte ihr die Weißenfels noch nützlich sein. Doktor Rheinbacher kam ihr in den Sinn. So wie es aussah, konnte sie jegliche Unterstützung brauchen.
Mit einem strahlenden Lächeln, das allerdings ihre Augen nicht erreichte, wandte sie sich Senta zu. »Ich werde mich sofort darum kümmern. Jetzt ruhen sie sich erst einmal ordentlich aus.«
So, wie es schien, hatte sie es plötzlich ausgesprochen eilig, aus dem Zimmer zu kommen. Mit verschleiertem Blick betrachtete Senta nachdenklich die verschlossene Tür. Mein lieber Herr Gesangverein, wenn das so weiterging, dann gute Nacht.
Der geheimnisvolle Lebensretter
D
as Krankenhausfrühstück hatte zwar nicht gerade Sterne-Niveau, aber Senta war trotzdem zufrieden. Es gab wenig, was ihr mehr zusetzte, als ein leerer Magen.
Gebracht hatte es ihr eine neue Schwester, wofür sie aus nachvollziehbaren Gründen sehr dankbar war.
Ob es lange dauerte, bis man hier ein Telefon bereitgestellt bekam? Mittlerweile fühlte sie sich ganz gut. Die Kopfschmerzen waren auf ein erträgliches Maß zurückgegangen. Was sie erheblich störte, war die Bandagierung ihres Brustkorbs. Sie konnte sich ja kaum bewegen. Da musste was passieren.
Allerdings sollte es noch geraume Zeit dauern, bis sie jemanden auf diesen Missstand aufmerksam machen konnte.
Schon wieder ein neues Gesicht. Das ging hier zu, wie auf dem Bahnhof. Mit einem kurzen »Hallo«, sprintete ein junges Mädchen, das kaum älter sein konnte als Lilly, ins Zimmer, schnappte sich wortlos das Tablett vom Nachtschrank und war draußen, ehe Senta auch nur den Mund aufmachen konnte. Senta schluckte. Demnächst musste sie einfach schneller reagieren.
Wie war das hier mit der Morgentoilette? Kam da jemand, der einem half, oder durfte man das alleine erledigen? Sie hatte ganz sicher ein paar Tropfen Wasser dringend nötig. Bestimmt stank sie wie der Hamburger Fischmarkt. Sie hatte erst ihre Tage gehabt, da war es nicht verwunderlich, wenn man unten herum etwas muffig roch.
Vorsichtig lupfte sie die Bettdecke, um den Geruchspegel zu prüfen.
»Ui, mein lieber Schieber«, entfuhr es ihr. Na kein Wunder, sie hatte diese Buchse nun den zweiten Tag an ihrem ungewaschenen Hintern. Bei dieser Gelegenheit stellte Senta amüsiert fest, dass ihr die Slipeinlage an der Pobacke klebte. Das hatte diese Jana noch nicht einmal bemerkt, obwohl die doch wirklich nah genug am Ort des Geschehens gewesen war. Na ja, vielleicht waren ihr solche Kleinigkeiten schlichtweg egal.
»Frau Weißenfels«, erklang eine Stimme, leicht gedämpft durch die Bettdecke, die halb über Sentas Kopf hing.
Mit hochrotem Kopf lugte sie über deren Rand und sah sich besagtem Waldschrat gegenüber.
»Haben sie gefunden, was sie gesucht haben?«, fragte er in amüsiertem Ton.
»Ich habe lediglich versucht diesen verdammten Kittel zu richten, Herr Doktor. Ich bin nicht wirklich an ein solch komfortables
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