Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
Kleidungsstück gewöhnt«, knurrte Senta ungehalten. Ihr Bedarf an Peinlichkeiten war für heute gedeckt. Sollte dieser Schnösel doch denken, was er wollte. Sie sah den armen Doktor herausfordernd an.
»Nun, da wir die Morgenvisite etwas nach hinten verlegt haben, wegen bestimmter Umstände, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte, sollten wir das tunlichst nachholen.«
Er räusperte sich.
Irgendwie beschlich Senta das ungute Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Schon war es wieder da, dieses Unbehagen, wenn man spürt, dass man eine rote Birne bekommt.
»Hat das etwas mit der Nachttopf-Affäre zu tun?« Senta schluckte hart, bevor sie den Mut aufbrachte, fortzufahren. »Ich konnte wirklich nichts dafür. Es war ein Missgeschick!«
»Welches Missgeschick?« Doktor Rheinbacher sah sie mit gerunzelter Stirn an.
»Nun ja«, kam es kleinlaut vom Bett her. »Die Sache mit dem Nachttopf eben.«
»Nachttopf? Ich weiß nichts von einem Nachttopf. Aber lassen wir das.« Es sah so aus, als sei das Thema damit für ihn beendet. Senta atmete auf.
»So, dann kommen wir mal zu dem Grund, weshalb sie hier liegen, Frau Weißenfels.«
Er blätterte geräuschvoll in einem Blätterwust, den er in den Händen hielt.
»Tja. Sie wurden gestern Morgen vom Rettungsdienst ins Sankt-Anna-Hospital eingeliefert. Bei der nachfolgenden Untersuchung stellten wir eine leichte Gehirnerschütterung und ein paar geprellte Rippen fest, also nichts, was sie beunruhigen müsste. Ein paar Kratzer hier und da, sowie eine Platzwunde auf der Stirn sind wohl die sichtbaren Zeichen ihres Unfalls. Ihnen wurde ein Beruhigungsmittel verabreicht, damit sie sich etwas regenerieren konnten, ansonsten gehen wir davon aus, dass die Natur das ohne besonderes Zutun von uns in Lot bringt.«
Er sah Senta aufmunternd an und umrundete das Bett.
»Um ihrer Frage zuvorzukommen: Wir können sie wegen der Feiertage nicht entlassen. Sie müssen leider bis nach den Weihnachtsfeiertagen hier bleiben. Das sind nun mal die Vorschriften. Ansonsten spräche nichts gegen eine Entlassung.«
Er sah seine Patientin an, die ihm stumm und mit großen Augen zuhörte. Wenn man ihr die alte Schminke endlich mal entfernen würde, sähe sie sicher ganz manierlich aus. Allerdings konnte man das jetzt nicht mit Bestimmtheit sagen, wie sie so mit schwarz verschmierten Augen und leichenblass vor ihm lag. Apropos Leichenblässe ...
»Allerdings müssten sie mal etwas für ihren labilen Kreislauf tun. Ich schreibe ihnen was auf. Ein wenig Sport wäre auch eine Option, die sie sich überlegen sollten.«
»Okay! Ich danke ihnen, Herr Doktor.« Man merkte Senta an, dass sie mit den Ausführungen des Arztes leicht überfordert war.
»Über die Gründe, die zu meinem Unfall geführt haben, können sie mir wahrscheinlich nichts sagen, oder?«
»Nein leider nicht. Aber fragen sie doch einmal die Schwestern, die gestern bei ihrer Aufnahme Dienst hatten, die wissen erfahrungsgemäß immer etwas.«
Er wandte sich ab und steuerte die Tür an.« Wir sehen uns sicher noch.«
»Herr Doktor, eine Frage habe ich noch! Darf ich aufstehen?«
»Ja klar, sie sind ja nicht krank, oder!?« Er grinste von einem Ohr zum anderen. »Aber lassen sie es langsam angehen. Ich sage den Schwestern noch, dass sie ihnen diesen absurden Kopfverband entfernen sollen. Da tut‘s auch ein kleines Pflaster. Besagte Platzwunde wurde schließlich mit gerade mal zwei Stichen genäht.«
Er hatte bereits die Tür in der Hand und war im nächsten Augenblick mit wehendem Kittel verschwunden.
Senta holte tief Luft. »Na also. Das hätten wir«, murmelte sie zufrieden und hatte schon im nächsten Moment die Beine aus dem Bett geschwungen. Wohl etwas zu rasch, wie sie unverzüglich feststellen musste. Ihr Blickfeld schrumpfte zusammen und ihr wurde schwarz vor Augen. Nun das war nichts Neues für sie. Sie wusste bereits seit Langem, dass sie einen schwachen Kreislauf hatte. Mal eben schnell aus dem Bett springen, war da nicht drin. Also blieb sie erst einmal sitzen, atmete tief durch, sah zum Fenster hinaus und ließ ihren Gedanken freien Lauf.
Draußen begannen die Glocken der benachbarten Kirche zu läuten. Senta erinnerte sich an Weihnachtsfeste, bei denen auch sie mit Kindern und Mann den Weihnachtsgottesdienst besucht hatte. Ach lang, lang ist‘s her. Wehmütig ging ihr Blick in die Ferne.
Verträumt saß sie da, wippte mit den Füßen und vergaß ganz, dass sie eigentlich das Badezimmer
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