Fruehlingsherzen
vorwärts, und Ally bemühte sich darum, während sie gegen den Wind kämpfte, andere Passagiere sie anstießen und sie die vielen neuen Eindrücke verarbeitete. „Ich habe dir gesagt, wann ich abfliegen würde. Wenn du mich brauchen solltest, rufst du mich einfach an, so wie du es jetzt getan hast.“
„Aber wenn ich Geld benötige?“
Zum ersten Mal in ihrem Leben brachte Ally keine Geduld für ihre kleine Schwester auf. „Du könntest ja zur Abwechslung versuchen, ein wenig zu arbeiten.“ Sie hatte das kleine Flughafengebäude fast erreicht und war in Gedanken weit entfernt von zu Hause. Ihr Herz klopfte aufgeregt, während sie unaufhaltsam auf ihr neues Abenteuer zuging. „Ich muss jetzt aufhören, okay? Ich rufe dich später an.“
„Aber …“
Ally drückte auf den Aus-Knopf und zwang sich, ihre Schuldgefühle abzuschütteln. Sie wollte nicht mehr die Welt retten, sie wollte endlich einmal egoistisch sein. Es war so aufregend. Und beängstigend. Der Wind zerzauste ihr das Haar. Ihre Bluse, passend für San Francisco im Mai, wurde gegen ihren Körper gepresst und bot nicht den geringsten Schutz gegen die Kälte. Aber Ally ging weiter.
Und dann begegnete sie dem Blick eines Fremden.
Mit seinen breiten Schultern lehnte er sich träge an die Wand des Terminals; eines seiner langen Beine hatte er hochgezogen und den Stiefel gegen die Wand hinter sich gestellt. Er trug eine verspiegelte Brille und lächelte.
Er nahm die Brille ab, und plötzlich schien seine Haltung nicht mehr träge zu sein, sondern angespannt. Er sah sie direkt an mit seinen dunklen, durchdringenden Augen.
Ally kam sich albern vor und viel zu nervös für eine Frau, die angeblich selbstbewusst war, und so zwang sie sich, Gelassenheit an den Tag zu legen. Ihr war kalt, und sie wusste, dass das nur allzu deutlich wurde durch ihre Bluse, die sich in diesem Momentwie eine zweite Haut an sie schmiegte, wodurch sich jede Rundung darunter deutlich abzeichnete.
Und der Fremde nutzte die günstige Gelegenheit ungeniert aus, um sie einer gründlichen Musterung zu unterziehen. Ally errötete heftig. Inzwischen war sie dichter an ihn herangekommen und konnte sehen, dass seine Augen dunkelblau waren wie das Meer. Sein braunes Haar hatte von der Sonne gebleichte Strähnen und war ein wenig zu lang. Seinem Bartschatten nach zu urteilen, hatte er sich seit mindestens zwei Tagen nicht rasiert. Seine ausgeblichene Jeans, die Lederjacke und seine lässige Haltung unterstrichen seine aufregende männliche Ausstrahlung.
„Verzeihen Sie“, sagte er. Er war sehr groß und besaß den durchtrainierten Körper eines Menschen, der hart arbeitete. An einem Ohr bemerkte Ally einen Goldohrring. Sein sonnengebräuntes Gesicht hatte den freundlichen Ausdruck eines Engels, und sein Lächeln war das eines unwiderstehlich attraktiven Teufels. Aber am eindrucksvollsten war seine tiefe, heisere Stimme – eine Stimme, die so sexy klang, dass Ally ein prickelnder Schauer durchrieselte, als er sprach.
„Miss Wheeler, stimmt’s?“ Er hob eine Augenbraue und bewegte sich leicht. Ally fiel auf, wie perfekt seine Jeans seine Hüften umspannte. Aber im Augenblick konnte sie sich nicht darauf konzentrieren.
Er kannte ihren Namen. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Sie wollte souverän wirken, aber die scheue kleine Maus kam wieder zum Vorschein. Und dieser Mann sah so aus, als ob er kleine Mäuschen zum Frühstück verspeiste. „Wer sind Sie?“
Er lächelte eigentlich recht freundlich, während er fortfuhr, sie eingehend zu betrachten. „Ich bin T. J. Chance. Lucy hat mich geschickt.“
„Das wäre nicht nötig gewesen. Ich kann ein Taxi zum Krankenhaus nehmen.“
Er lachte leise, und der tiefe Ton seiner Stimme ließ Ally schon wieder erschauern, obwohl sein Lachen offensichtlich auf ihre Kosten ging.
„Gibt es in Wyoming keine Taxis?“, fragte sie ein wenig gereizt.
„Doch.“ Er hob leicht die Schultern. „Aber selbst wenn Sie eins fänden, würde es Sie etwa hundert Dollar kosten, um zum Krankenhaus zu kommen.“
Einhundert Dollar. Das war mehr, als sie insgesamt besaß. Sie ließ den Kopf hängen. „Gibt es vielleicht einen Bus?“
„Leider nein. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin nicht so gefährlich, wie man sagt.“ Seine Augen glitzerten schadenfroh. „Nicht ganz so sehr.“
Wem machte er hier etwas vor? Er war sogar sehr gefährlich, und das war seltsamerweise gleichzeitig beunruhigend und aufregend. Wie sehr wünschte Ally sich, ihr
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