Frühstück mit Kängurus
faszinierend. Es grenzt an ein Wunder, dass es noch Jarrahs gibt, denn sie sind die gr öß ten Pechv ö gel unter den B ä umen. Die Spezialisierung, die es ihnen zun ä chst gestattete zu gedeihen, wurde ihr tragisches Verderben, denn sie wachsen auf bauxitreichen B ö den, und Bauxit ist ein sehr wertvoller Bodenschatz. Als die Bergwerksgesellschaften in den f ü nfziger Jahren die Verbindung zwischen Pflanze und Mineral entdeckten, begriffen sie zu ihrer gro ß en Freude, dass sie den Jarrah abschlagen und f ü r ziemlich viel Geld verscherbeln und dann das ganze wunderbar verk ä ufliche Bauxit darunter ausgraben, das hei ß t, aus einem St ü ck Land zweimal Profit schlagen konnten. Was Besseres gibt's ja wohl nicht - jedenfalls so lange nicht, wie man es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, alte Ur-W ä lder abzuholzen, die es so nirgendwo sonst gibt, und sie durch h ä ssliche gro ß e, klaffende Wunden zu ersetzen. Bergwerksingenieure - diese Leute sind ja so erfinderisch - umgehen dieses Problem, indem sie sich gar kein Gewissen leisten. Genial!
Ihre Kollegen aus der Holz verarbeitenden Industrie unterst ü tzten sie nach Kr ä ften. Australische Forstleute - man muss es sagen - hacken gern mal einen Baum um. Man kann es ihnen eigentlich nicht ver ü beln - schlie ß lich verdienen sie ihren Lebensunterhalt damit -, und sie sind auch nicht mehr so r ü cksichtslos wie fr ü her, doch sie konnten so lange schalten und walten, wie sie wollten, dass man sie immer noch genauestens unter Beobachtung halten muss. Diese Leute, m ü ssen Sie wissen, verkaufen Ihnen Kahlschlag als » Regenerationsmethode mittels direkter Sonnenlichteinstrahlung « und werden nicht mal rot dabei. Nur um Ihnen ein Gef ü hl f ü r die Ausma ß e zu geben: Australien ist (abgesehen von der Antarktis) der am wenigsten bewaldete Kontinent und trotzdem der Welt gr öß ter Exporteur von Holzsp ä nen. Ich bin nat ü rlich kein Fachmann, und soweit ich wei ß , wird das ja auch alles mit penibelster Sorgfalt gemanagt (diesen Eindruck zu erwecken bem ü ht sich jedenfalls das australische Umweltministerium sehr), doch mathematisch gesehen scheint mir eine gewisse Diskrepanz darin zu bestehen, dass man auf der einen Seite sehr wenige B ä ume hat und auf der anderen die regste, Holzsp ä ne exportierende Industrie. Wie dem auch sei, es gibt viel weniger Jarrah-W ä lder als fr ü her, und sogar sehr viel weniger von den seltenen, eindeutig nicht ersetzbaren Karri-W ä ldern. Laut William J. Lines hat Australien zwischen 1976 und 1993 ein Viertel seiner Karri-W ä lder an die S ä gewerke verloren. Wegen Holzsp ä nen! Ich wiederhole: Diese Leute muss man beobachten.
Selbst ohne die einzigartigen W ä lder w ä re die S ü dwestecke Australiens interessant. Auf den einhundertundachtzig Meilen von Cape Naturaliste bis Cape Knob erstreckt sich eine dieser unerwarteten Zonen relativ verschwenderischen Wachstums, die man immer wieder in Australien antrifft. Ein bisschen wie das Barossa Valley in South Australia, doch so verborgen und unscheinbar, dass das Gebiet nicht einmal einen Namen hat. Fast ü berall sonst bekommt man ein praktisches Etikett, um sich zu orientieren - Sunshine Coast, Northern Tropics, Morning- ton Peninsula, Atherton Tablelands -, doch der flotteste Name, den ich f ü r diese Region sah, war » S ü decke Western Australias « . Ich glaube, da m ü ssen sie nachbessern. Das Land selbst und die angrenzenden Meere bed ü rfen jedoch keiner Verbesserungen.
Vielleicht lag es daran, dass mein australisches Abenteuer seinem Ende zuging und ich sentimental wurde oder daran, dass ich mich die letzten Wochen in ariden Landschaften herumgetrieben hatte und vielleicht auch daran, dass ich fast nichts ü ber dieses Gebiet wusste (womit es mir so ging wie allen Menschen au ß erhalb Westaustraliens) und deshalb keine Erwartungen hatte, die entt ä uscht werden konnten - jedenfalls war ich sofort bezaubert. Es sah aus, als sei es aus den reizvollsten, am wenigsten protzigen Teilen Europas und Nordamerikas zusammengesetzt: den schottischen Lowlands, dem Tal der Maas in Belgien, der Oberen Halbinsel in Michigan, dem Wiesen- und Weideland in Wisconsin, Shropshire oder Herefordshire in England - attraktiven Ecken, aber nichts, f ü r das man riesige Distanzen reisen w ü rde. Es war keine Weltklasselandschaft, doch eine h ü bsch beschauliche und gesunde. Ich taufte sie - und biete es hiermit gratis an, bis man etwas Besseres erfunden hat
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