Frühstück mit Kängurus
Wohlstand in Perth, der Hauptstadt des Bundesstaates - deshalb auch die vielen Wolkenkratzer.
Bevor Lang Hancock, der Mann, der das alles losgetreten hatte, 1992 zu dem großen Eisenberg im Himmel heimgerufen wurde, tat er, alt und senil, offenbar das, was reiche Kinder überall das Fürchten lehrt. Er heiratete seine Haushälterin Rose, eine Dame von den Philippinen. Und nun, las ich im West Australian, hatte seine Tochter Klage angestrengt, weil die Witwe Rose und der teure Verblichene »verschwenderisch und unrechtmäßig Geld ausgegeben hätten, das ihnen nicht gehörte«. Freundlicherweise druckte die Zeitung eine Spalte an der Seite ab, in der Mrs. Hancocks wichtigste Besitztümer aufgelistet waren. Unter anderem (mit vollständiger Adresse) ein Fünfunddreißig-Millionen-Dollar-Domizil in Mosman Park, einem Vorort von Perth. Offenbar war es die prächtigste Residenz der Stadt; allein die Deckenlampen hatten drei Millionen Dollar gekostet. Als ich einen Blick auf meinen Stadtplan warf, sah ich, dass Mosman Park am Ende eines Knäuels berühmt gut betuchter Vororte lag und bis Fremantle ging, und da schönes Wetter war und ich mich topfit fühlte, beschloss ich, dorthin zu laufen.
Ja, und nun sage ich nicht mehr, als dass der Weg von der Stadtmitte Perths nach Mosman Park lang ist. Ich lief durch die ausgedehnten, grünen Anlagen des Campus der University of Western Australia und am hellen Strand der Swan-River-Mündung entlang, an weit geschwungenen sonnigen Buchten und idyllischen kleinen Jachthäfen, und erreichte schließlich Nedlands, Dalkeith, Peppermint Grove, protzig reiche Wohnviertel, wo sich der ewige Sonnenschein über wahre Paläste ergoss. Es ging meilenweit - Straße um Straße von Prestigeobjekten mit breiten Einfahrten und großen Toren, Terrassen, die mit griechischen Vasen auf reich verzierten Sockeln dekoriert waren, und Garagen für ganze Wagenflotten. Es war eine überwältigende Demonstration der These, dass Geld und Geschmack nicht immer, ja nicht einmal oft, Hand in Hand gehen. Das waren Häuser von Lottogewinnern, von Kaufleuten, die in ihren eigenen Fernsehwerbespots auftraten, von Leuten, denen die Worte »Peppermint Grove« in der Adresse nicht peinlich waren. Ich will mitnichten behaupten, dass die Neureichen Australiens größere Kulturbanausen sind als die anderer Länder, aber da sich nie eine besondere, für die Umgebung typische Architektur herausgebildet hat, können diese Leute aus einem breiten Spektrum an stilistischen Vorbildern wählen - hauptsächlich Bankhäusern mit Autoschalter, Casinos, teuren Pflegeheimen und Skihüttcn. Das alles massenhaft konzentriert in den westlichen Vororten von Perth zu sehen war eine packende Erfahrung.
Ich war fast drei Stunden gelaufen und entsprechend fu ß lahm, da kam ich zu einer Stelle, die Chidley Point hie ß . Ich war in Mosman Park. Als ich die Adresse nachschauen wollte und in meine Tasche griff, um die Zeitung herauszuholen, war sie nicht da: Ich hatte sie offenbar auf dem Tisch in dem Cafe im Kings Park liegen gelassen. Auch egal. Ich war acht oder neun Meilen gelatscht und hatte f ü r den Rest meines Lebens genug Luxusvillen gesehen. Da ich mich vage erinnerte, dass das Haus von Mrs. Hancock in der Wellington Street war, begab ich mich zu dieser ruhigen Stra ß e. Dort betrachtete ich vielleicht acht H ä user, die aussahen, als best ü nden sie aus Ziegelsteinen, M ö rtel, Gartenschmuck und glitzernden Kronleuchtern im Werte von vielen Millionen Dollar, doch nichts, was sich zweifelsfrei als tollster Klotz der Metropole outete. Als eine junge Frau in Shorts und passendem Top - Hundeausf ü hrerin von Beruf, vermutete ich - mit einem energischen K ö ter daherkam, der nicht viel kleiner als ein Pony war und sie hinter sich herzog, dass es aussah, als gleite sie auf den Schuhsohlen, fragte ich sie - bevor ich auf die Fahrbahn trat, um nicht gefressen zu werden -, ob sie das Hancocksche Anwesen kenne. Sie zeigte auf ein Geb ä ude drei H ä user weiter. In Anbetracht des angegebenen Wertes hatte ich, ehrlich gesagt, mehr erwartet; ich hatte, glaube ich, an eine Kreuzung von San Simeon, der Luxusvilla W. R. Hearsts, und Liberaces Traummausoleum gedacht. Nun aber stand ich vor einem eher kleinen Anwesen, das weder besonders kitschig noch besonders aufwendig war. Ich betrachtete es ein paar Minuten, und da kam mir - wenn auch reichlich sp ä t - der Gedanke, dass ich zwar freiwillig keine M ü he gescheut hatte, um zu Rose
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