Frühstück um sechs
man in der Tinte, Außerdem habe ich Paul versprochen...«
»Ach so! Na, wenn du wegen
einem dummen kleinen Versprechen Schwierigkeiten machen willst... Ich muß mich
über dich wundern, Susan. Scheinst für mich wenig übrig zu haben. Was ich
möchte, ist doch von einer Freundin bestimmt nicht zuviel verlangt. Ich glaube,
durch die Geschichte mit deinem Baby bist du so anders geworden, so spießig, so
ein >Rührmichnichtan<. Wenn du mir nicht helfen willst, muß ich mir eben
was anderes ausdenken.«
»Das wird dir auch sicher nicht
schwerfallen.«
Zunächst bekam ich Mr. O’Neill,
Larrys Onkel, noch nicht zu sehen; erst nach mehreren Tagen rief sie mich an
und erklärte, sie werde mit ihm zum Tee kommen, da er am anderen Morgen bereits
wieder abreisen wolle. Der Mann war für mich eine Überraschung. Nur schwer
konnte ich mir jemand vorstellen, der Larry weniger ähnlich sah. Er muß ganz
nach der anderen Seite der Familie geraten sein. Etwas Irisches hatte er
überhaupt nicht an sich. Groß und hübsch, mit frischer Gesichtsfarbe, entsprach
er eher meinem Bild von einem amerikanischen Geschäftsmann. Er war aber Larry
sehr zugetan und lächelte nachsichtig zu allem, was sie sagte.
Wir fühlten uns recht wohl
zusammen — da fing er plötzlich an: »Mit Larrys Anhänger, das ist doch eine
böse Geschichte, Mrs. Russell. Toll, daß er einfach gestohlen wurde. Das kleine
Ding hat mich eine hübsche Stange Geld gekostet, und Brillanten stehen jetzt
gerade hoch im Preis.«
Ich verschluckte mich beinah
mit dem Tee. Also gestohlen war der Anhänger! Hätte Larry mir das nicht vorher
sagen können? Meinem erschreckten Blick begegnete sie mit klaren Augen, während
ich irgend etwas stammelte. Brillanten... Die zwei kleinen Dingerchen, die wir
für Brillantsplitter gehalten hatten, waren teure Brillanten? Kein Wunder, daß
das Ding leicht zu verkaufen war!
Ich riß mich zusammen und
stimmte dem Onkel zu, daß die Geschichte höchst bedauerlich sei. Innerlich
betete ich um Erleuchtung. Larrys Gesicht zeigte mir, daß von ihr keine
Aufklärung zu erwarten war.
»Selbstverständlich ist unsere
kleine Larry zu unvorsichtig gewesen, als sie es so herumliegen ließ«, sagte
Onkel Richard, »aber andererseits sagte sie ja, hier in der Gegend seien die
Leute besonders ehrlich. Ein ganz mysteriöser Fall. Ich möchte eigentlich eine
gerichtliche Aufklärung, aber Larry ist zu gleichgültig — sie meint, es hätte
keinen Zweck, einen Wirbel zu machen, denn sie hätte schon alles Erdenkliche getan,
indem sie es der Polizei meldete.«
Hatte sie das wirklich? Ich
blickte sie scharf an, doch sie wandte sich ab und schaute durchs Fenster.
Paul kam herein. Jetzt
versuchte ich, Larry aus dem Zimmer zu locken, um ihr einmal tüchtig die
Meinung zu sagen, aber sie entzog sich mir konsequent, und erst als die Männer
zum Wollschuppen gingen, gelang es mir, sie zu stellen.
»Das ist ja wirklich die Höhe
mit dir«, fuhr ich sie an. »So eine Lügnerin ist mir noch nicht vorgekommen!«
»Offen gesagt, Spaß hat mir die
Lügerei nicht gemacht, aber du kannst dir doch denken, wie eins zum andern
führt... Jedenfalls bist du die letzte, die mir Vorwürfe machen darf, denn wenn
du gesagt hättest, ich hätte es dir geliehen, wäre alles klar wie Kloßbrühe
gewesen. Aber der gute alte Onkel hat mich richtig in die Klemme
hineinbugsiert. Ein regelrechtes Kreuzverhör hat er mit mir angestellt. Von nun
an werde ich für alle Leute, die einen Meineid schwören, das größte Verständnis
haben.«
»Er scheint sich ja mächtig
darüber aufgeregt zu haben. Wenn er nun auf seiner Fahrt durch Te Rimu bei der
Polizei nachfragt?«
»Gerade das befürchte ich ja.
Ich wünschte, wenigstens einen der Polizeibeamten gut zu kennen, dann könnte
ich es ihm erklären und dafür sorgen, daß er mir beisteht.«
»Das dürfte sogar dir einige
Schwierigkeiten machen. Lügen noch zu unterstützen, das würde wohl der Polizei
zu bunt.«
»Ich muß dich wirklich bitten,
Susan, nicht fortwährend von >Lügen< zu reden. Schließlich denken alle
Leute, daß mir das Schwindeln besonderen Spaß macht. Dabei war es einfach
gräßlich, denn ich habe Onkel Richard wirklich lieb, trotz seiner sonderbaren
Geschenke. Na, ich habe mir jedenfalls vorgenommen, ihn morgen zu begleiten,
damit er glatt durch die Stadt kommt. Das ist die einzige Möglichkeit.«
»Wenn er nun eine andere Frau
sieht, die das Schmuckstück trägt und es ihr wegnehmen will und sie der
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