Frühstück um sechs
Stimme sagte ich:
»Nein, wie ist so etwas
möglich! Und was haben Sie ihm geantwortet?«
Ihre Augen sprühten jetzt
kleine Blitze. »Daß ich sehr wohl mit dieser Möglichkeit rechnete. Im Übrigen
sei dieser Bezirk schon bekannt genug für dunkle Affären, zum Beispiel
Schwarzbrennerei. Seitdem hat er nichts mehr von der ganzen Angelegenheit
erwähnt.«
»Oh, Miss Adams, das grenzte ja
schon an Erpressung!«
»Ich bin der Meinung, daß
gerade ihr — Sie, Susan, und Sie, Larry — lieber nicht darüber urteilen
solltet, was kriminell ist«, sagte Tantchen vernichtend — und ich muß zugeben,
daß sie damit die Punkte buchen konnte.
25
Nach allgemeiner Auffassung
soll sich eine Frau, wenn sie ein Kind erwartet, möglichst wenig aufregen. Mir
ging es jedenfalls nach dem nächtlichen Abenteuer alles andere als gut, und
Paul war recht sorgsam um mich. Da ich fand, daß er sich das nicht um mich
verdient hatte, beschloß ich allen Ernstes, künftig vorsichtiger zu sein.
Aber Larry als Freundin haben
und Vorsicht üben, das reimt sich nicht zusammen. Im Hinblick darauf war es
günstig, daß Julian jetzt seinen Abschiedsbesuch beim Colonel machte. Er wollte
im April nach England reisen, was wir alle sehr bedauerten. Für Annes Hochzeit
hatte er segensreich gewirkt. Da er jetzt absichtlich vor den Leuten als
abgewiesener Bewerber posierte und Tim zum Schein noch Vorwürfe machte, ihn
verdrängt zu haben, konnte der Colonel sich seiner Abreise nicht gut
widersetzen. Larry unterstützte ihn tüchtig bei seiner Schauspielerei. Ihre
Freundschaft mit Julian war wieder ganz gefestigt, und Julian besuchte sie und
ihren Mann häufig. Wenn Sam keine Zeit hatte, ritt und fuhr Julian mit Larry
spazieren. Er hatte sich schon so an seine Rolle gewöhnt, daß er immerfort
klagte, von den einzigen beiden Frauen, die er im Leben ernstlich geliebt
hätte, habe die eine ihn im Stich gelassen und die andere schon geheiratet,
bevor er sie kennenlernte. »Aber die letzten Stunden vor der Abreise werde ich
noch ordentlich ausnutzen«, sagte er scherzhaft drohend zu Sam, der das
natürlich mit heiterer Gelassenheit quittierte, weil er genau wußte, daß Larry
nur für ihn allein auf der Welt war.
Ich hatte inzwischen >ein
neues Leben angefangen<, so offenkundig, daß Paul schon in die Gewohnheit
verfiel, ganz selbstsicher seine Bemerkungen anzufangen ungefähr mit den
Worten: »Jetzt, nachdem du es aufgegeben hast, Unfug zu treiben und allmählich
mehr auf deine Gesundheit achtest...«
Nötig waren diese Hindernisse
nicht. Im Grunde war ich stark enttäuscht, daß ich mich so >normal<
fühlte. Mein Mann brauchte nicht dauernd eine wehleidige Ehefrau zu trösten und
zu bedienen.
Ich war schrecklich gesund, so
daß ich für etwa nicht ausgeführte Hausfrauenpflichten keine Entschuldigung
hatte. Nach den ersten drei Monaten fühlte ich mich fast genau wie vorher.
Äußerlich war ich allerdings nicht mehr dieselbe. Kein Wunder, daß Larry eines
Tages losplatzte: »Susan, ich glaube, du bist eine große Betrügerin! Du wirst
nämlich gar nicht dick, sondern gehörst zu den fruchtbaren Weinstöcken, von
denen Dr. Chavasse spricht, denn du wirst ein Kind bekommen.«
»Na ja, warum denn nicht? Ich
bin überzeugt, die Leute sagen schon, daß es höchste Zeit wäre.«
»Ja, Mrs. Grant hat dich
bestimmt schon als völligen Versager abgeschrieben so wie mich — oder hält dich
für ein ganz gerissenes Geschöpf, was noch schlimmer ist. Aber ein Schlag ist
es doch, meine Liebe. Wie kannst du nur so etwas selbstverständlich Erwartetes
und Langweiliges tun?«
»Mag sein, daß es zu erwarten
war«, erwiderte ich ein bißchen gereizt, »doch langweilig wird es gewiß nicht
sein.«
Mir schien es ein wenig hart,
daß weder mein Mann noch meine beste Freundin den kommenden Erdenbürger mit
Jubelrufen begrüßten.
»Aber es wird dir mächtig
hinderlich sein. Überall nur Windeln und kein bißchen Vergnügen.«
»Ach, du willst dich bloß
wichtig machen! Wozu heiraten Frauen eigentlich, wenn sie keine Kinder kriegen
wollen? Wer allerdings nur aufs Vergnügen erpicht ist, kann angeblich davon ja
unverheiratet viel mehr haben.«
»Versuche bitte nicht, vulgär
zu werden, sonst muß ich noch befürchten, daß du mich meinst! Ich wünschte, ich
hätte auch ein süßes Geheimnis, das ich dir ins Ohr flüstern könnte! Muß doch
mal bei Dr. Chavasse nachlesen, um mich richtig leiten zu lassen.«
»Larry, tu doch nicht immer so
abgebrüht!
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