Frühstück um sechs
zum
Tanzen gehen, wenn Paul ebenso erpicht auf Frauenbeine wäre wie Mr. Millar.«
»So sieht er auch aus.«
»Ich glaube aber, es steckt bei
ihm nichts Schlimmes dahinter«, wollte Miss Adams weiter erklären, als Larry
sie unterbrach: »Liebes Tantchen, Sie glauben nie was Böses von jemand. Wenn
Sie mit Stalin zusammengekommen wären, würden Sie auch sagen, er sei im Grunde
ein netter Mensch, nur seine Manieren — und natürlich sein Schnurrbart —
gefielen Ihnen nicht.«
Miss Adams lachte, erklärte
jedoch entschieden, Mrs. Millar sei im Spenden stets großzügig, wenn sie an
Veranstaltungen nicht teilnehmen könne.
Das also war alles, was ich
bisher mit der »einzigen Intellektuellen in unserem Distrikt« erlebt hatte.
Trotzdem war es mir lästig, daß sie gerade morgen kommen wollte. Je eher Larrys
schöpferischer Drang sich verflüchtigte, um so besser. Außerdem fand ich, nach
dem Tag in der Stadt und mehreren Tagen intensiver Arbeit zwischen den Schafen,
wobei ich tüchtig mit zupacken und außerdem den Männern große Töpfe mit Essen
hinausbringen mußte, die Wohnung nicht gerade empfangswürdig. Und das sagte ich
Larry.
»Ach, darüber mach dir nur
keine Sorge«, erwiderte sie. »Sie kommt ja gar nicht. Ich denke ja nicht daran,
unsere Näherei aufzuschieben, nachdem ich mich schon tagelang darauf
eingestellt habe.«
»Larry, was hast du wieder
getan?« Ich hatte schon gelernt, ihrem leichten Ton zu mißtrauen.
»Getan? Überhaupt nichts. Habe
nur gesagt, du erholtest dich noch von einer Influenza, und außerdem müßte ich
morgen zur Stadt, den ganzen Tag.«
Ich kenne keinen Menschen, der
sich so wenig Skrupel über seine konventionellen Lügen macht wie Larry, und
freute mich doch, daß sie die Sache so gedreht hatte. Es konnte nichts schaden,
die Millars noch ein bißchen warten zu lassen, schließlich war ich ja schon
acht Monate im Distrikt ansässig.
»Eines Tages wirst du dich mit
deiner Lügerei mal festfahren.«
»Warum gebrauchst du so häßliche
Ausdrücke? Noch dazu, wo ich dir aus der Verlegenheit geholfen habe.«
»Das wäre also das erste Mal,
denn gewöhnlich bringst du mich ja hinein.«
Ob hier nicht prophetische
Begabung aus mir gesprochen hatte?
16
Am nächsten Morgen in aller
Frühe kroch ich auf Händen und Füßen in Larrys Wohnzimmer umher, umgeben von
einer Wolke blauen Tafts, den ich zuzuschneiden versuchte.
Ins Fenster lugten, erschreckt
durch meine merkwürdige Positur, zwei nervöse Gesichter. Die Hunde waren
ausnahmsweise auf die Veranda verbannt. Sam hatte sich ostentativ ein paar
dicke belegte Brote zurechtgemacht, um bis zum Abend draußen zu bleiben. Paul
hatte, mit der gleichen gekränkten Miene, genau dasselbe getan. Larry hatte mir
verständnisvoll Nadeln überreicht und sich dann verzogen, um zum Morgentee
delikate saure Häppchen zuzubereiten.
»Ich werde einfach die ganze
Hausarbeit liegenlassen«, sagte sie unnötigerweise. »Will mich nur aufs Nähen
konzentrieren.«
Ihre Mitarbeit war nicht sehr
erheblich, doch war sie wenigstens fähig zu helfen, als ich die Form absteckte.
Beim Nähen mit der Maschine brachte sie durch ihren eigenartigen Hang zum
Rückwärtstreten den Stoff und die Maschine in Gefahr. Sie war auf diese
Schwäche geradezu stolz und schien zu denken, daß sich darin eine seltsame
geistige Hemmung manifestierte, die ihr vorher nicht bewußt gewesen sei.
»Es kommen nämlich beim
Menschen manche Eigenarten zum Vorschein, von deren Vorhandensein er keine
Ahnung gehabt hat. Ich habe darüber in einer amerikanischen Zeitschrift gelesen
und habe mir nach einem Inserat das erste Lehrbuch bestellt, das den Titel
>Psychologie für den Laien< trägt.«
»Ach, dein verflixtes
amerikanisches Magazin«, murmelte ich, mit Stecknadeln im Mund, während ich
mich mit einem schwierigen Schlitz abmühte.
Larry ließ sich durch meinen
Ärger überhaupt nicht beirren, sondern sagte ganz ernsthaft: »Ich weiß gar
nicht, warum ich das tue. Vielleicht kommt es durch Onkel Richard und weil ich
eine Waise bin.«
Von ihren Eltern sprach Larry
selten. Ich wußte, daß beide, als sie noch ganz klein war, verunglückt waren
und sie beim Bruder ihres Vaters aufgewachsen war, als verwöhnter Liebling im
Haushalt eines reichen Junggesellen. Da der sie ständig angehimmelt hatte,
konnte ich eigentlich nicht finden, daß er an Komplexen bei ihr direkt schuldig
sein mußte, auch nicht am Rückwärtstreten der Pedale. Sie redete eifrig
drauflos
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