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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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nicht zu dieser Art von Hausfrauen gehören.«
    »Könntest du aber. Weißt du,
ich habe gerade einen Artikel in einem amerikanischen Magazin gelesen, daß
jeder Mensch etwas Schöpferisches vollbringen kann. Du müßtest wirklich
schreiben.«
    Ich hätte ihr am liebsten
geantwortet, sie solle lieber ein Baby erschaffen als ein Kleid, antwortete
jedoch nur, ich hätte für amerikanische Magazine nichts übrig, weil sie
gefährliche Gedanken verträten.
    »Ich sage dir, der Artikel ist
gut. Er heißt >Der Drang zum Schöpferischen — willst du ihn ersticken?<
Deshalb sagte ich mir, wenn du schreiben kannst, könnte ich doch nähen. Ich
werde mir jetzt alle Kleider selbst machen, und darum rufe ich dich an. Wann
kannst du in die Stadt mitkommen und mir beim Aussuchen der Stoffe und
Schnittmuster helfen?«
    Daß das kam, hatte ich gewußt,
und ich wußte auch, wer beim Nähen die meiste Arbeit haben würde. Ausgerechnet
Larry sich Kleider nähen! Sie war denkbar unbegabt für das Schneidern, hatte
keine Ahnung, maßlosen Ehrgeiz, riesige Begeisterung — aber die war nur
Strohfeuer, weil ihr die Geduld fehlte und, soweit ich beurteilen konnte, auch
jedes Geschick. Denn seltsamerweise waren Larrys lange, schlanke Hände, die
einem Lämmchen so gewandt in die Welt helfen und so ausgezeichnet kochen
konnten, äußerst ungeschickt, sobald sie eine Näharbeit anfaßten. Sie hatte mir
ja selbst erzählt, wie schrecklich sie sich in der Schule mit den Handarbeiten
quälen mußte. Ich wußte auch, daß sie einfach unfähig war, stricken zu lernen,
und ihre entsetzliche Stopferei an Sams Socken hatte ich selbst beobachtet.
Einmal hatte ich ihr die Nadel aus der Hand nehmen müssen, als sie den
zerrissenen Saum eines Kleides umnähen wollte. Und ausgerechnet sie wollte
jetzt ihre Kleider selbst schneidern!
    »Ich glaube, ich fange am
besten mit einem Abendkleid an«, sagte sie, »denn ich besitze bloß zwei,
dieselben, die ich mit in die Ehe gebracht habe. Abendkleider müssen doch sehr
leicht zu machen sein — keine Ärmel und oben fast nichts.«
    »Ich fände, richtiger wäre eine
Schürze.«
    »Ach, die kann man sich ja
jederzeit kaufen, und wer hat überhaupt Lust, Schürzen zu kreieren?«
    Ich fühlte mich besiegt und
fragte kläglich, wann sie denn gern zur Stadt fahren wolle.
    »In dem großen Stoffgeschäft
ist nächste Woche Ausverkauf. Laß uns dann fahren, ja?«
    »Ach, diese Ausverkäufe sind ja
fürchterlich, die Menschen reißen einen in Stücke.«
    »Ich weiß. Anständige Leute
verabscheuen das, aber ich finde, es macht kolossalen Spaß. Vielleicht weil ich
so ordinär bin.«
    Wir erlebten einen munteren
Tag. Bei dem Ausverkauf ging es zu wie in einem Tollhaus, doch Larry wollte
sich mit mir unbedingt in den Kampf gegen die wogende Masse der Weiber stürzen,
die sich gegenseitig Kleidungsstücke aus den Händen rissen und die
bedauernswerten Verkäuferinnen pausenlos mit Fragen bombardierten. Ich hatte
etwas unüberlegt meine Tasche nebst den Handschuhen auf einer, Tisch gelegt,
über dem ein Schild hing: »Hier alles 19½ Shillinge«, und mußte mir die Sachen
regelrecht von einer Frau zurückerkämpfen, die wohl dachte, ich wollte ihr
einen Gelegenheitskauf wegschnappen. Larry platzte beinah vor Wut, als ihr
plötzlich der Hut vom Kopf gerissen wurde, von einer kleinen, nervösen Frau,
die ihn sich mit kühnem Schwung selbst aufsetzte. »Ich sehe ja, daß Sie den
nicht kaufen wollen, er paßt für mich sowieso viel besser!«, rief die Fremde.
Und Larry sagte zornig, als sie den Hut wieder hatte, er sei für sie jetzt ein
für allemal erledigt.
    Immerhin brachten wir es
fertig, uns bis an einen Ladentisch durchzuschlagen, wo Seidenstoffe verkauft
wurden. Alle hübschen Muster waren schon vergriffen, doch Larry stieg auf einen
Stuhl und holte aus einem hohen Regal einen Ballen wunderschönen, türkisblauen
Samt. Und sofort fielen sämtliche Frauen über den her.
    »Laß ihn doch den Damen,
Larry«, sagte ich, »den kaufst du doch nicht. Sieh dir mal den Preis an. Wäre
lächerlich, gleich mit so teurem Stoff anzufangen.«
    »Aber ich weiß doch, daß das Kleid
gut wird, wenn du mir hilfst.«
    »Ich helfe dir aber nicht,
solchen Samt zuzuschneiden. Er näht sich schon mörderisch schwer, und beim
Zuschneiden kann man die tollsten Enttäuschungen erleben. Komm sofort hier
weg!«
    Inzwischen hatten sich alle
Frauen wie die Geier um den Ballen gedrängt. Eine hielt ihn gegen ihr recht
unschönes Gesicht und grinste

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