Frühstück um sechs
hatte ja keine Schalter zum Anknipsen, sondern nur ein riesiges
Maul, das immerfort mit Holz gefüttert sein wollte.
Kochen
konnte ich natürlich. Schließlich war ich zweiundzwanzig und die älteste von
drei Schwestern. Mutter war stets zu sehr mit Golf und Bridge beschäftigt
gewesen, und meine zweite Schwester, Felicity, ist sehr, sehr hübsch — viel zu
hübsch, um sich an den Herd zu stellen. Die dritte, Dawn, findet es, da sie
sich an Schönheit nicht mit Felicity vergleichen kann, richtiger, die Zarte zu
spielen — und diese Rolle spielt sie sehr gut. Deshalb also hatte ich gelernt,
Mittagessen zu kochen und Kuchen zu backen, freilich auf einem Elektroherd.
Jetzt waren diese Zeiten vorbei, ich mußte mit dem prähistorischen Untier unter
dem Schornstein fertig werden.
Paul
bekam den Herd rasch in Gang und empfahl sich, um einen Weidezaun zu
reparieren. Ich stocherte immerzu in dem Ungetüm, das seine feurige Glut nur
nach innen zu entladen schien. Da der Herd kein Thermometer hatte, merkte ich
außen von der Glut nichts. Prompt verbrannte mir die erste Partie Kuchen, und
die letzte wurde nicht gar. Die anderen waren eßbar, aber ich konnte schon
sehen, daß wir unserem Hochzeitskuchen hart zusetzen würden. So mußten wohl von
den kleinen Kartons, die mir Mutter gegeben hatte — mit einer langen Liste von
Leuten, die ich nicht vergessen durfte viele leer bleiben.
Paul
war nicht anspruchsvoll, er meinte, es sei >einfach schneidig< von mir,
so rasch was >zusammenzuhauen<. Da ich merkte, daß das ein Kompliment
sein sollte, nahm ich es in geziemender Form auf, ohne zu erwähnen, daß dieses
>Zusammenhauen< mich zwei Stunden anstrengendster Arbeit gekostet hatte.
Statt viel zu reden, genehmigte ich meinem zerschrammten Korpus und den steifen
Knochen ein heißes Bad.
Es
war fast 8 Uhr, als ein gräßlicher Spektakel die Ankunft der Gäste verkündete.
Da in der Stadt ein Petroleumkanister nur schwer zu haben war, fand ich sie mit
ihren musikalischen Geräten recht verschwenderisch. Paul setzte das Bierfaß auf
das Bord über dem Ausguß, daneben eine für sein bisheriges Junggesellenheim
erstaunliche Reihe von Gläsern, und ging, um die Gäste hereinzubitten. Ich
blieb in dem kahlen Wohnzimmer, hoffte, daß ich mein Lippenrot nicht zu kraß
aufgetragen hatte, und versuchte, ein einfältiges Lächeln zu vermeiden. Herein
kamen zehn Männer und drei Frauen.
Welche
mochte Larry sein? Mir wurde das Herz schwer, denn keine der drei entsprach
meinem Phantasiebild von ihr.
Und
sie war auch nicht dabei. Erschienen war erstens Mrs. Archer, dick, gemütlich
und freundlich, die ich gleich leiden konnte. Sie sagte: »Ist mir wirklich eine
Freude, Sie kennenzulernen«, und stellte einen Korb mit einwandfrei gebackenen
Kuchen auf den Tisch. Zweitens Mrs. Jolson, ihr ganzes Gegenteil: klein, dünn
und blaß —und sehr, sehr schüchtern. Sie murmelte etwas Unhörbares und
schrumpfte hinter Mrs. Archers gemütlicher Masse zusammen. Drittens Mrs. Grant,
eine Dame mit säuerliche Miene und einer messerscharfen Sprache. Als ich zu
fragen wagte, ob Mrs. Lee, also Larry, nicht mitgekommen sei, sagte sie laut
schnüffelnd: »Mrs. Lee? Die gibt uns nicht oft die Ehre. Ist für uns zu
vornehm.«
So
durfte ich vermuten, daß sie nicht zu Larrys Anhängerinnen zählte. Mrs. Archer
schaltete sich ein: »Nun, ich bin überzeugt, daß sie noch kommt. Sie ist doch
Ihre nächste Nachbarin, Mrs. Russell, und die Männer sind so gute Freunde. Spät
erscheint sie allerdings häufig, bei ihr kommt immer was dazwischen.« Mrs.
Archer lachte gemütlich.
Von
nun an entwickelte sich die Unterhaltung nur stockend. Mrs. Archer antwortete
auf fast alles, was ich sagte, ziemlich einsilbig. Mrs. Jolson kicherte sanft,
aber nervös, und Mrs. Grant suchte jedem, von dem gesprochen wurde, etwas am
Zeuge zu flicken. Gerade überlegte ich, ob ich nicht Pauls altes geräuschvolles
Radio einschalten sollte, da kam er plötzlich ins Zimmer geflitzt — mit einem
Blechtablett, auf dem eine Flasche Sherry und eine Flasche Apfelwein
balancierten, daneben sechs entzückende Kristallgläser, noch von seinem Urgroßvater,
die er bisher versteckt hatte, um mich zu überraschen. Nie hätte ich geglaubt,
daß Paul ein so kluger Gastgeber war, der gleichzeitig für Sherry und für
Apfelwein sorgte. Eins dieser Getränke — notfalls beide — mußte doch die
Stimmung beleben.
Während
ich Sherry einschenkte, nahm Mrs. Archer die Gelegenheit wahr,
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