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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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eines großen abgestorbenen Baums ihre unheimlich klagenden Schreie ertönen ließ. Ich schloß den Vorhang am Fenster und blieb schweigend stehen. Da sagte Tim:
    »So einsam wie es dir vorkommt, haben wir es hier gar nicht. Da ist das Telefon, und in wenigen Stunden könnte der Arzt hier sein. Sam und Larry wären in einer halben Stunde auf den Beinen, wenn wir sie anriefen. Ich finde es eigentlich im Busch, wenn der Mensch wirklich in Nöten ist, längst nicht so einsam wie in der Stadt. Hier nehmen die Menschen mehr Anteil aneinander.«
    Als ich zum Kamin zurückkam, war ich wieder beruhigt. »Ich wüßte nicht, wie ich hier ohne dich fertig geworden wäre, Tim. Meinst du, daß es richtig ist, Paul ohne Arzt weiterzupflegen?«
    »Vorläufig, ja. Paul ist sehr kräftig, und sein Fieber fällt. Die Medizin wirkt bei ihm gut. Wenn du also nicht so sehr in Sorge bist, würde ich erst mal bis morgen warten.«
    »Solange du hier bist, sorge ich mich nicht so sehr, weil du immer die Ruhe behältst.«
    Er lachte bitter. »Du weißt, daß ich sie verliere, und gerade, wenn ich sie am dringendsten nötig hätte.«
    »Ach so, neulich den Abend meinst du? Na, in dem Augenblick hätte jeder aus dem Gleichgewicht kommen können. Das war reines Pech.«
    »Verdammtes Pech. Besonders für Anne.«
    »Für dich aber nicht minder. Du meinst — wegen dem Panjandrum? Nun, wenn wir ihn auch nicht ganz getäuscht haben, haben wir ihm wenigstens Einwände unmöglich gemacht.«
    »Ach, zum Kuckuck mit dem Panjandrum! Ich meinte, daß ich... Na, man nennt das doch ein junges Mädchen >kompromittieren<.«
    »Die Zuschauer haben das überhaupt nicht bemerkt, und wir zählen nicht mit.«
    »Julian aber.«
    »Oh, Julian. Seinetwegen brauchst du dir bestimmt keine Gedanken zu machen. Ich glaube, der zählt auch nicht mit. Es ist nämlich...«
    Ich unterbrach mich, weil mir bewußt ward, daß Paul über meine unverblümten Äußerungen entsetzt sein würde. Vertrauensvoll wartete ich, daß Tim mich anstandshalber auffordern würde, weiterzusprechen, doch er tat es nicht. Das kann uns bei den Männern so in Rage bringen. Erzählen wir einer Frau etwas nur halb, dann wird sie uns förmlich zwingen, zu Ende zu sprechen. Erzählst du aber einem Mann eine pikante Sache und machst eine Pause, als wolltest du ihm zu verstehen geben >Eigentlich darf ich weiter nichts sagen< —, bittet er dich dann etwa, fortzufahren? Pustekuchen! Dann ist er immer der Gentleman, wie er im Buche steht. Er wird doch eine kleine Frau nicht zu Indiskretionen veranlassen! — Aber jetzt hatte ich mir sowieso vorgenommen, alles zu sagen, also fuhr ich gleich fort: »Ich glaube, Julian ist in Anne auch nicht mehr verliebt als sie in ihn. Die Leute glauben das nur.«
    Wieder eine Pause. Diesmal mußte Tim mich doch unbedingt auffordern! Also wartete ich grimmig. Doch es dauerte lange.
    »Das scheint doch beschlossene Sache zu sein«, sagte er. »Ich meine, der Colonel erwartet...«
    »Na, aber eben hast du doch gerade gesagt: »Zum Kuckuck mit dem Panjandrum!«
    »Es dreht sich ja nicht um ihn allein. Julian paßt zu ihr, er kann ihr viel geben.«
    »Nicht das, was sie braucht, Tim. Ich glaube, du verstehst die ganze Geschichte falsch. Bitte sei mir nicht böse, wenn ich sage, du betrügst dich hier absichtlich selbst. Ich glaube, gerade du paßt zu ihr. Der einzige Mann, auf den es ankommt, ist der, den sie heiraten will.«
    Am liebsten hätte ich noch gesagt: »So, das verdaue gefälligst, du mit deinem albernen Stolz!« Aber das wagte ich nicht. Ich bin ja nicht wie Larry, die einfach den Leuten alles auf den Kopf zusagt, ob es ihnen paßt oder nicht. Ich konnte jetzt Tims Gesicht nicht sehen, weil er im Schatten saß und ich im grellen Licht. Mir fiel gerade etwas ein, ich mußte lachen. Tim blickte erstaunt auf.
    »Ach, mir kam plötzlich der Gedanke, daß wir jetzt aussehen wie das köstliche Bild, das bei meiner Großtante im Fremdenzimmer hing. Es hieß >Die Beichte<. Die Frau saß ebenso da wie ich jetzt, und der Mann zurückgelehnt wie du. Als Kinder haben wir uns über das Bild sehr den Kopf zerbrochen, denn wir konnten nie unterscheiden, wer da beichtete, und was.«
    Jetzt lachte Tim auch, der intime Augenblick war dahin. Paul beendete ihn sowieso, da er laut, fast wie im Delirium, nach einem Glas Wasser rief.
     
    Es zeigte sich, daß Tim mit Paul recht gehabt hatte: Es war seine schlimmste Nacht gewesen, am nächsten Morgen war das Fieber gefallen. Nach acht

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