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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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auf Frauenbeine wäre wie Mr. Millar.«
    »So sieht er auch aus.«
    »Ich glaube aber, es steckt bei ihm nichts Schlimmes dahinter«, wollte Miss Adams weiter erklären, als Larry sie unterbrach: »Liebes Tantchen, Sie glauben nie was Böses von jemand. Wenn Sie mit Stalin zusammengekommen wären, würden Sie auch sagen, er sei im Grunde ein netter Mensch, nur seine Manieren — und natürlich sein Schnurrbart — gefielen Ihnen nicht.«
    Miss Adams lachte, erklärte jedoch entschieden, Mrs. Millar sei im Spenden stets großzügig, wenn sie an Veranstaltungen nicht teilnehmen könne.
    Das also war alles, was ich bisher mit der »einzigen Intellektuellen in unserem Distrikt« erlebt hatte. Trotzdem war es mir lästig, daß sie gerade morgen kommen wollte. Je eher Larrys schöpferischer Drang sich verflüchtigte, um so besser. Außerdem fand ich, nach dem Tag in der Stadt und mehreren Tagen intensiver Arbeit zwischen den Schafen, wobei ich tüchtig mit zupacken und außerdem den Männern große Töpfe mit Essen hinausbringen mußte, die Wohnung nicht gerade empfangswürdig. Und das sagte ich Larry.
    »Ach, darüber mach dir nur keine Sorge«, erwiderte sie. »Sie kommt ja gar nicht. Ich denke ja nicht daran, unsere Näherei aufzuschieben, nachdem ich mich schon tagelang darauf eingestellt habe.«
    »Larry, was hast du wieder getan?« Ich hatte schon gelernt, ihrem leichten Ton zu mißtrauen.
    »Getan? Überhaupt nichts. Habe nur gesagt, du erholtest dich noch von einer Influenza, und außerdem müßte ich morgen zur Stadt, den ganzen Tag.«
    Ich kenne keinen Menschen, der sich so wenig Skrupel über seine konventionellen Lügen macht wie Larry, und freute mich doch, daß sie die Sache so gedreht hatte. Es konnte nichts schaden, die Millars noch ein bißchen warten zu lassen, schließlich war ich ja schon acht Monate im Distrikt ansässig.
    »Eines Tages wirst du dich mit deiner Lügerei mal festfahren.«
    »Warum gebrauchst du so häßliche Ausdrücke? Noch dazu, wo ich dir aus der Verlegenheit geholfen habe.«
    »Das wäre also das erste Mal, denn gewöhnlich bringst du mich ja hinein.«
    Ob hier nicht prophetische Begabung aus mir gesprochen hatte?
     
     

16
     
    Am nächsten Morgen in aller Frühe kroch ich auf Händen und Füßen in Larrys Wohnzimmer umher, umgeben von einer Wolke blauen Tafts, den ich zuzuschneiden versuchte.
    Ins Fenster lugten, erschreckt durch meine merkwürdige Positur, zwei nervöse Gesichter. Die Hunde waren ausnahmsweise auf die Veranda verbannt. Sam hatte sich ostentativ ein paar dicke belegte Brote zurechtgemacht, um bis zum Abend draußen zu bleiben. Paul hatte, mit der gleichen gekränkten Miene, genau dasselbe getan. Larry hatte mir verständnisvoll Nadeln überreicht und sich dann verzogen, um zum Morgentee delikate saure Häppchen zuzubereiten.
    »Ich werde einfach die ganze Hausarbeit liegenlassen«, sagte sie unnötigerweise. »Will mich nur aufs Nähen konzentrieren.«
    Ihre Mitarbeit war nicht sehr erheblich, doch war sie wenigstens fähig zu helfen, als ich die Form absteckte. Beim Nähen mit der Maschine brachte sie durch ihren eigenartigen Hang zum Rückwärtstreten den Stoff und die Maschine in Gefahr. Sie war auf diese Schwäche geradezu stolz und schien zu denken, daß sich darin eine seltsame geistige Hemmung manifestierte, die ihr vorher nicht bewußt gewesen sei.
    »Es kommen nämlich beim Menschen manche Eigenarten zum Vorschein, von deren Vorhandensein er keine Ahnung gehabt hat. Ich habe darüber in einer amerikanischen Zeitschrift gelesen und habe mir nach einem Inserat das erste Lehrbuch bestellt, das den Titel >Psychologie für den Laien< trägt.«
    »Ach, dein verflixtes amerikanisches Magazin«, murmelte ich, mit Stecknadeln im Mund, während ich mich mit einem schwierigen Schlitz abmühte.
    Larry ließ sich durch meinen Ärger überhaupt nicht beirren, sondern sagte ganz ernsthaft: »Ich weiß gar nicht, warum ich das tue. Vielleicht kommt es durch Onkel Richard und weil ich eine Waise bin.«
    Von ihren Eltern sprach Larry selten. Ich wußte, daß beide, als sie noch ganz klein war, verunglückt waren und sie beim Bruder ihres Vaters aufgewachsen war, als verwöhnter Liebling im Haushalt eines reichen Junggesellen. Da der sie ständig angehimmelt hatte, konnte ich eigentlich nicht finden, daß er an Komplexen bei ihr direkt schuldig sein mußte, auch nicht am Rückwärtstreten der Pedale. Sie redete eifrig drauflos und merkte zu ihrem Glück nicht, daß sie

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