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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Ein verstohlener Blick durchs Fenster zeigte mir, daß die Millars gerade durch die Gartenpforte traten, wo sie von den Zärtlichkeiten der Hunde fast überwältigt wurden, die den Gedanken an gewaltsamen Raub aufgegeben und sich statt dessen entschlossen hatten, diese Gäste ins Herz zu schließen.
    Als ich an das unbeschreibliche Chaos von Taft, Nadeln und Schnittmustern im Wohnzimmer dachte, war ich froh, daß Larry die Tür zugemacht hatte. Weshalb waren die Leute bloß gekommen? Etwa in der Hoffnung, Larry bei einer ihrer wohlbekannten Schwindeleien zu ertappen? Wenn das der Grund ihres Besuches war, dann wurde dieser wahrscheinlich ein ganz großer Erfolg. Immerhin, dieses unvermutete Erscheinen sah Mrs. Millar gar nicht ähnlich. Und wo steckte Larry jetzt?
    Sie klopften laut an die Haustür. So lächerlich verstört, wie man sein kann, wenn man sich unanständigerweise vor Besuchern verbirgt, suchte ich mit den Augen wild nach Gegenständen, um die Tür zu verbarrikadieren. Nichts da, außer einem Stuhl, der zu klein und zu leicht für den Zweck war. Deprimiert ließ ich mich auf den kalten Rand der Badewanne nieder und erwartete mit schlechtem Gewissen die weitere Entwicklung.
    Ich hörte Mrs. Millar mit ihrer flötenden Stimme sagen: »Keiner zu Hause. So ein Pech aber auch! Ich hoffte, Mrs. Lee anzutreffen. Meinst du, wir können riskieren, so weiterzufahren?«
    »Auf keinen Fall! Der Kühler ist knochentrocken. Eigentlich unerhört von dir, mir zu sagen, er wäre voll gewesen!« Aha! Also gehörte Mr. Millar zu den Männern, die ihre Frauen unter vier Augen anschnauzen.
    »Ich weiß, es war falsch von mir, aber du weißt auch, daß ich nicht praktisch veranlagt bin. Nun, wir werden sehen müssen, ob wir hier außerhalb des Hauses einen Wasserhahn finden. Aber hier haben sie sogar die Waschküche mit im Haus, und es ist mir zuwider, herumzuspionieren.«
    »Spionieren ist gar nicht nötig. Brauchen nur einen Eimer oder einen Topf zu finden.« Und damit verschwanden sie aus meiner Nähe. Sie gingen über die Veranda, also mußten sie unter dem Badezimmerfenster vorbei. Ich hatte vergessen, die Gardine zuzuziehen, und das Fenster war ziemlich niedrig. Wo sollte ich mich verstecken? Es kam nur die Badewanne in Betracht. Geräuschlos kletterte ich in den kaltfeuchten Behälter, legte mich flach hin und deckte mich mit einem großen, weißen Badetuch zu, in der Hoffnung, dadurch weniger aufzufallen. Sie würden doch gewiß nicht durchs Fenster spähen. Ich schloß die Augen, in dem unklaren Gefühl, dadurch geborgener zu sein, und betete, daß ich nicht niesen müßte.
    Es ging gnädig ab, die Schritte entfernten sich, doch ich blieb still liegen und horchte, ob sie wiederkamen. Ich konnte Mr. Millars verdrießliche, zänkische Stimme hören und die Antwort seiner Frau, sie dürfe doch schließlich nicht ins Haus einbrechen. Und dann passierte das Schlimmste! Die Schritte kamen zurück, und Mr. Millar sagte: »Na, wenn ich’s schon tun muß, gut. Da, im Badezimmer werde ich wohl was finden, und es hat ja eine Tür zur Veranda.«
    Ich erhob mich, betete um schnellen Tod — aber lieber Mrs. Millars als meinen — und rutschte so leise und rasch, wenn auch nicht so graziös, aus der Wanne, wie einst Aphrodite dem Schaum der Meereswogen entstieg. So stand ich, überflüssigerweise vom Badetuch umhüllt, als der Türgriff sich drehte.
    Ein Segen, daß Mrs. Millar viel fassungsloser war als ich. Und zwar so fassungslsos, daß sie ihren stieläugigen Herrn Gemahl aus dem Zimmer hinausschob, obwohl ich doch einwandfrei bekleidet war. Ich begann zu reden und wurde gleich viel zu geschwätzig, wie immer, wenn ich verlegen bin.
    »Oh, guten Tag!« rief ich. »Sie wollen gewiß Larry besuchen, ja! Ich habe Sie gar nicht kommen hören — nach der Influenza bin ich fast taub —- es tut mir so leid, Larry ist nicht da, aber...«
    »Wie geht’s Ihnen denn, Mrs. Russell? Entschuldigen Sie nur die Störung. Ja, ich wußte, daß Mrs. Lee nicht zu Hause ist, aber wir suchten nach Wasser für unseren Autokühler. Der ist anscheinend auf der langen Steigung ganz leergekocht.«
    Aus dem Hintergrund klang Mr. Millars unangenehme Stimme durch: »Er war sicher schon leer, als wir abfuhren, aber meine Frau sagte...«
    »Oh, Wasser haben wir massenhaft«, stammelte ich. »Ich habe ja eben erst ein Bad genommen.«
    »Ein Bad?« Es klang höflich, aber sehr verwundert. Hatten wir etwa kein Badezimmer? Wohnten wir vollkommen im

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